WOCHENBLATT-Serie Traumberufe:
Eine Begleiterin für schwierige Stunden - Gabriele Koebe aus Eckel ist Sterbeamme
lm. Eckel. Im Sterben sind wir alle Meister und alle Lehrjungen, so sagt es ein altes Sprichwort. Und das stimmt auch. Denn so sicher wie es ist, dass uns früher oder später alle das gleiche Schicksal ereilt, so sicher ist es auch, dass es dafür nur einen Versuch gibt. Einen zweiten, bei dem aus den gewonnen Erfahrungen Kraft gezogen werden kann, gibt es nicht.
Gabriele Koebe aus Eckel ist Lebens- und Sterbeamme und sagt von sich selbst, ihren Traumberuf gefunden zu haben. Das Wort Sterbeamme leitet sich von dem Wort Hebamme ab. "Ebenso, wie wir Unterstützung beim Betreten dieser Welt brauchen, brauchen wir sie auch beim Verlassen", erklärt die 50-Jährige, die eigentlich mal Versicherungskauffrau gelernt hat.
Von der Berufsbezeichnung der Sterbeamme sind zunächst viele Menschen abgeschreckt. Das Auseinandersetzen mit den Themen Sterben, Tod und Verlust wollen die meisten so lange wie möglich von sich fernhalten, das gelingt jedoch nur bedingt. Früher oder später ist jeder gezwungen, sich mit dem Tod eines geliebten Menschen zu befassen.
Koebe selbst wurde damit vor knapp zehn Jahren konfrontiert, als ihr Bruder an Krebs starb. "Ich habe damals festgestellt, dass Verdrängen keine Option ist", erklärt sie. In der Folge wandte sie sich an unterschiedliche Stellen, um Hilfe zu erfahren, in den meisten Fällen allerdings erfolglos. Eher durch Zufall las sie kurz darauf in einem Zeitungsartikel über Claudia Cardinal, der Begründerin des Berufsbildes der Lebens- und Sterbeamme. Nachdem sie sich immer mehr mit dem Thema auseinandersetzte, wurde ihr klar: das ist es. "Es war die ideale Kombination aus Berufung und Selbsthilfe für mich", erklärt Gabriele Koebe.
Zwischen 2016 und 2019 absolvierte sie in Wochenendkursen ihre Ausbildung zur zertifizierten Lebens- und Sterbeamme, außerdem beendete sie in diesem Jahr ihre Weiterbildung zur Psychoonkologin.
"Meine Aufgabe ist es Raum zu geben für Angst, Zweifel und Sorgen. Zusammen mit den Betroffenen entwickeln wir ein ganz eigenes, individuelles Konzept, dass helfen kann festzustellen, was genau jetzt wichtig und hilfreich ist. Das kann ein Gespräch mit einem Angehörigen sein, oder eine letzte Reise oder einfach die Zubereitung eines bestimmten Essens", erläutert die 50-Jährige. "Denn", so sagt sie, "die Beschäftigung mit dem Tod, ist auch immer eine Beschäftigung mit dem Leben."
Ein Leitsatz der Lebens- und Sterbeammen lautet "Der Experte ist dein Gegenüber". Wenn das bei der Zusammenarbeit beherzigt wird, könne so gut wie nichts falsch gemacht werden, ist auch Gabriele Koebe überzeugt. Nach einer familiär bedingen Auszeit, die sie sich aufgrund der Geburt ihrer Kinder vom Job genommen hat und auch den Erfahrungen die sie durch den Tod ihrer Bruders gemacht hat, habe sie sich selbst völlig neu erfunden, sagt Gabriele Koebe, die gebürtig aus Stuhr bei Bremen stammt.
In ihren Praxisräumen in Stelle arbeitet sie nun mit Menschen zusammen, für die das Thema Tod plötzlich Realität geworden ist. Das können Menschen sein, die eine schwere Diagnose erhalten haben, die Betreuung der Angehörigen spielt dabei ebenfalls immer eine große Rolle. Koebe leistet bei ihrer Arbeit "Hilfe zur Selbsthilfe", wie sie es selbst nennt. Auch wenn viele Menschen das Thema Sterben nicht zu nah an sich ran lassen wollen, so ist es doch wichtig, das Thema nicht von sich wegzuschieben. "Immerhin wird über nichts so viel nachgedacht, wie über das Sterben", betont sie.
• Haben auch Sie über Umwege Ihren Traumberuf gefunden oder einen außergewöhnlichen Beruf gewählt? Schreiben Sie eine Mail an nicola.dultz-kluever@kreiszeitung.net.
Redakteur:Lennart Möller aus Rosengarten |
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