"Ausbauinitiative" im Landkreis Harburg ist 2016 gestartet
Fünf Jahre warten auf schnelles Internet

Diese Kabel sind der Schlüssel zu schnellem Internet. Doch darauf warten viele Landkreisbewohner nach wie vor vergebens | Foto: bim
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  • Diese Kabel sind der Schlüssel zu schnellem Internet. Doch darauf warten viele Landkreisbewohner nach wie vor vergebens
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bim. Landkreis. Schnelles Internet - das hat sich gerade in der Corona-Pandemie gezeigt - ist für ein effektives Arbeiten von zuhause aus im Homeoffice und Homeschooling von elementarer Bedeutung. In der Wirtschaft beweisen Unternehmen wie Buchholz Digital und das Joint Venture "Glasfaser Nordwest" von EWE und Telekom, dass ein Glasfasernetz für hohe, stabile Bandbreiten in einem durchaus überschaubaren Zeitraum zu realisieren ist. Wie es nicht laufen sollte, beweisen Bund, Land und Landkreis Harburg.
Bereits seit dem Jahr 2015 wird im Landkreis über den Breitbandausbau diskutiert, die "Ausbauinitiative" ist 2016 gestartet. Im Juni und September 2016 hatte der Landkreis Harburg (vorläufige) Förderbescheide für schnelles Internet (50.000 und 14,92 Millionen Euro) medienwirksam ausgehändigt bekommen. Ebenso medienwirksam erfolgte im November 2019 der erste Spatenstich. Doch bis heute verfügt keiner der Landkreis-Bürger aus den beteiligten 25 Kommunen aufgrund dieser Initiative über schnelles Internet. Immer wieder werden Termine genannt und nicht eingehalten. In der Lokalpolitik gelten die regelmäßigen Informationen fast schon als schlechter Running Gag.
Einer, den das besonders nervt, ist der Unternehmer Holger Voß aus Handeloh-Inzmühlen. "Wir Anwohner und ansässigen Firmen sind es leid, immer wieder an der Nase herumgeführt zu werden. Keine der Aus- oder Zusagen wurden eingehalten", schimpft der selbstständige Bauingenieur. "Wir haben aktuell und das seit Jahren genau 364 kB (0,364 MB). Damit mein Büro mit neun Mitarbeitern arbeitsfähig ist, mussten wir den Arbeitsmittelpunkt nach Hamburg verlegen." Zurzeit seien im Inzmühlener Büro fünf LTE-Router im Einsatz - für monatliche Kosten von mindestens 200 Euro, zuzüglich Kosten für Handys, Telefon und Fax für rund 300 Euro - und das seit Jahren! "Unsere Kinder sind in der Ausbildung. Um an Online-Vorlesungen und Homeschooling teilnehmen zu können, fahren sie zu Freunden."
Holger Voß kann nicht verstehen, dass weder die Gemeinde Handeloh noch die Samtgemeinde Tostedt beim Landkreis Harburg Druck machen. "Aber die Gewerbesteuer wird mit vollen Händen entgegengenommen", ärgert er sich. Das WOCHENBLATT fragte beim Landkreis nach dem Sachstand. Kreissprecherin Katja Bendig hat geantwortet.
Wie viel Geld nimmt der Landkreis in die Hand?
Insgesamt investiert der Landkreis rund 45 Millionen Euro in den Bau des passiven Hochgeschwindigkeitsnetzes (Leerrohre, Glasfaserkabel und Kabelverzweiger). Die Ausbaumaßnahmen werden zu rund 50 Prozent mit Bundes- und Landesmitteln gefördert. Die übrigen 50 Prozent der Kosten tragen zur Hälfte der Landkreis und zur anderen Hälfte anteilig die beteiligten 25 Kommunen.
Das fertige Netz verpachtet die Kreisverwaltung für den Betrieb an die EWE TEL GmbH. Die einzelnen Kopplungspunkte werden nach Möglichkeit in Teilen abgenommen und an den Netzpächter EWE Tel übergeben, der dann die weiteren Schritte vornimmt, um das Netz aktiv zu schalten.
Wie viele Haushalte wurden bisher angeschlossen?
In Appel und Handeloh wurden 428 Anschlüsse erstellt. Der Tiefbau ist seit ca. November für beide Gebiete abgeschlossen. Zwischen Tiefbau und dem Aktivschalten liegen verschiedene Schritte, die für den Bürger nicht sichtbar sind: das Einblasen der Leitungen, die Erstellung der Dokumentation, die Vorbereitung der Abnahme, die Abnahme und Übergabe des Netzes an EWE sowie das Aktivschalten von EWE.
Wie ist der weitere Zeitplan?
Los 1 des Bundesfördergebiets ist aktuell ausgeschrieben, eine Zuschlagserteilung voraussichtlich Anfang Mai möglich. Der Bau soll im Sommer beginnen, die Arbeiten werden dann voraussichtlich bis Ende 2022 fertiggestellt. In diesem Gebiet im Landkreis Harburg, in dem der Ausbau vom Bund gefördert wird, werden rund 7.400 private und gewerbliche Wohn- und Gewerbeeinheiten sowie sämtliche kreiseigene Schulen und optional auch alle anderen Schulen im Landkreis ans Breitband-Internet (mindestens 50 MBit/s) angeschlossen.
Los 1 umfasst Neu Wulmstorf, Appel, Drestedt, Halvesbostel, Hollenstedt, Regesbostel, Wenzendorf, Gödenstorf und Salzhausen mit 2.374 privaten Wohn- und Gewerbeeinheiten sowie 33 gemeindliche und kreiseigene Schulen.
Der netztechnische Abschluss für die Schulen soll zum 31. Dezember 2021 erfolgen. Sobald der Zuschlag erteilt ist und der Bauzeitenplan steht, werden Schulen direkt informiert, wann sie genau angeschlossen werden.
Los 2 wird kurzfristig - im März oder Anfang April - ausgeschrieben. Dann geht es um Teile von Seevetal sowie um Brackel, Egestorf, Hanstedt, Marxen, Undeloh und Jesteburg sowie zwei weitere Schulen.
Außerdem hat die Kreisverwaltung das schnelle Internet für weitere 22 Schulen ausgeschrieben. Die Umsetzung für Grundschule, Oberschule und Gymnasium in Salzhausen beginnt. Baustart ist am kommenden Montag, 29. März. Ein bau- und netztechnischer Abschluss für weitere 19 Schulen ist für den 30. Juni bzw. 30. September vorgesehen. Sobald der Zuschlag erteilt ist und der Bauzeitenplan steht, werden Schulen direkt informiert, wann sie genau angeschlossen werden.
Los 3 wird weitere Teile von Seevetal, Stelle, Winsen, Handeloh, Kakenstorf, Tostedt, Welle, und Wistedt sowie die Rudolf-Steiner-Schule umfassen.
• Die Ausbaugebiete können hier eingesehen werden.

Zwischen Frühjahr bis Sommer werden Anschlüsse geschaltet

Das sagt die EWE-Pressestelle: Für den Netzbetrieb wird das neue Netz mit vorhandenen Netzen verbunden und den Kunden Produkte angeboten. Es gibt eine zweistellige Anzahl an Koppelpunkten im Landkreis. Immer wenn ein neuer Netzbereich ausgebaut ist und am Koppelpunkt verbunden wird, übergibt der Landkreis eine ausführliche Baudokumentation an EWE. Diese beinhaltet alle technischen Angaben, die EWE benötigt, um Produkte anbieten zu können (welche Fasern sind wie belegt? Welche Faser führt in welches Gebäude? Wie sind weitere Netzverknüpfungen? etc). Sobald EWE diese Dokumentation vorliegt, werden alle Details in die EWE-Systeme übertragen, was einige Monate dauere. Das sei Grundlage für die genaue Schaltung der jeweils bestellten Kundenprodukte. "Wir beschleunigen diesen Prozess mit dem Landkreis schon so sehr wie möglich. Im Frühjahr bis Sommer ist mit den Schaltungen der Anschlüsse zu rechnen", so der EWE-Sprecher.

Diese Kabel sind der Schlüssel zu schnellem Internet. Doch darauf warten viele Landkreisbewohner nach wie vor vergebens | Foto: bim
Unternehmer Holger Voß verzweifelt an seinem lahmen Internet  | Foto: PBVoss
Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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