Forschungspark ist eröffnet
In Krummendeich wird Wind neu entdeckt
Mit prominenten Gästen aus Politik, Verwaltung, Industrie und Wissenschaft hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) am Dienstag den neuen Forschungspark Windenergie in Krummendeich (Nordkehdingen im Landkreis Stade) eingeweiht. Mit der Großforschungsanlage mit dem klangvollen Namen "WiValdi" nahe der Elbmündung will das DLR lernen, die Windenergie mit all ihren Einflussfaktoren besser zu verstehen.
"WiValdi" klingt wie der italienische Komponist Vivaldi, steht jedoch für "Wind Validation". Die Forschungsanlage ermöglicht wissenschaftliche Untersuchungen im Originalmaßstab. Wissenschaftler des DLR und weiterer Forschungseinrichtungen können hier unter realen Umweltbedingungen die Wirkung des Winds auf die Windräder erfahren. Die Ergebnisse können u.a. Grundlage für die Entwicklung intelligenter Turbinen für die Windenergie sein. Ziele sind, bei Windkraftanlagen die Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu steigern, die Schall-Emissionen der Anlagen zu verringern und damit auch die Akzeptanz von Windenergie voranzubringen.
Erste spannende Daten wurden schon gesammelt
Rund zwei Jahre hat der Bau der Forschungsanlage gedauert. Im Probebetrieb hat "WiValdi" bereits Strom ins Netz gespeist, Forschungsprojekte sind gestartet und erste spannende Daten erfolgreich gesammelt. Gefördert wird der DLR-Forschungspark Windenergie vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur. In den Aufbau fließen rund 50 Millionen Euro.
„Die Windenergie hat noch weiteres großes technologisches Potenzial. Dieses wollen wir mit dem DLR-Forschungspark ,WiValdi' weiter erschließen, in die Anwendung bringen und so die deutsche und europäische Windkraftindustrie stärken“, betont Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. „Gemeinsam mit unseren Partnern aus Industrie und Wissenschaft arbeiten wir an Lösungen, um die Windenergie noch effizienter und günstiger und damit die Energiewende für Wirtschaft und Gesellschaft weiter zu befördern“, so Kaysser-Pyzalla weiter. „Der besondere Dank“, hebt die Vorstandsvorsitzende des DLR hervor, „geht an den Anlagenhersteller Enercon, das Zentrum für Windenergieforschung der Universitäten Oldenburg, Hannover und Bremen ForWind sowie das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme.“
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) bezeichnete Niedersachen als „Windenergieland Nummer eins" und lobte "WiValdi" als Leuchtturmvorhaben für die Energieforschung.
Die Anordnung und Zusammensetzung des DLR-Forschungsparks sind einmalig: Zwei hochmoderne Windenergieanlagen mit je einer Nennleistung von 4,26 Megawatt und mehrere Messmasten stehen in Hauptwindrichtung hintereinander. Die Blattspitzen der beiden Windräder befinden sich in 150 Meter Höhe. Die insgesamt sechs Rotorblätter sind je 57 Meter lang und wiegen rund 20 Tonnen. "WiValdi" ist mit mehr als 2.000 Sensoren ausgestattet, die z.B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit, Drücke oder selbst kleinste Verformungen der Rotorblätter messen. Der Forschungspark erzeugt so einen umfangreichen Datenschatz für die Wissenschaft.
Interessante Windkonstellation durch einzigartige Anordnung
Zu den Messmasten gehört auch ein hochinstrumentiertes Messmasten-Array zwischen der ersten und zweiten Windenergieanlage. Das Array verbindet drei Messmasten miteinander, zwei 100 Meter hohe außen und einen 150 Meter hohen in der Mitte. Es trägt eine Vielzahl an Sensoren, deren einzigartige Anordnung von ForWind – Zentrum für Windenergieforschung, das an der Universität Oldenburg speziell für diese Untersuchungen entwickelt wurde. Diese Sensoren bestimmen genau, wie der Wind durch die erste Anlage beeinflusst wird, bevor er auf die zweite trifft. Die zweite Anlage steht also häufig im Nachlauf der ersten und muss mit sehr verwirbelter Luft zurechtkommen. Unter kommerziellen Bedingungen ist das ungünstig, aber genau diese Konstellation interessiert die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Denn bei einem massiven Ausbau der Windenergie werden sich solche Anordnungen bald nicht vermeiden lassen. Deshalb untersuchen sie schon jetzt und erstmals im Originalmaßstab mit bisher unerreichtem Detailgrad, was bei dieser Konstellation passiert. Sie wissen dann besser, wie eng man Anlagen zukünftig positionieren, vorhandenen Platz besser nutzen und eine möglichst hohe und für das Stromnetz bedarfsgerechte hohe Ausbeute erzielen kann.
Noch ist das "WiValdi"-Ensemble nicht komplett: Die dritte, etwas kleinere Windenergieanlage und ein weiterer Messmast werden voraussichtlich im Lauf des Jahres 2024 fertiggestellt. Die Planungsarbeiten, Ausschreibungen und Vorbereitungen dafür laufen bereits.
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