Wenn das Essen nicht schmeckt, meckern sie
Himmelpforten: Zwei Seniorinnen (95 und 82 Jahre) sind aktiv im Heimbeirat
jd. Stade. "Wenn uns etwas nicht passt, dann machen wir den Mund auf." - Traute Rinow (82) und Edith Knüppel (95) leben seit rund vier Jahren in einem Pflegeheim - und seitdem setzen sie sich für die Belange ihrer Mitbewohner ein. Die beiden resoluten Seniorinnen engagieren sich im Heimbeirat - Rinow als Vorsitzende und Knüppel als deren Stellvertreterin. Erst vor Kurzem wurden die beiden für eine weitere zweijährige Amtszeit wiedergewählt.
Altenheimbewohner, die sich klaglos alles gefallen lassen: Diese Zeiten dürften im Pflegebereich fast überall der Vergangenheit angehören. In den Pflegeeinrichtungen lebt heute eine andere Generation von Senioren, die sich Gehör zu verschaffen weiß, wenn es darum geht, Missstände abzustellen oder Kritik zu üben. So ist das auch bei Traute Rinow. Die 82-Jährige war beim Landkreis Stade im Sozial- und Jugendamt tätig und setzte sich dort 20 Jahre lang als Mitglied der Personalvertretung für die Belange ihrer Kollegen ein
Für Rinow ist soziales Engagement daher kein Fremdwort. "Ich habe sofort zugesagt, als ich gefragt wurde, ob ich beim Heimbeirat mitmachen möchte." Die Horneburgerin erhielt nach einer schweren Erkrankung einen Platz im Seniorenheim Klosterfeld in Himmelpforten. Zunächst habe sie sich mit dem Gedanken vertraut machen müssen, nach einem längeren Krankenhausaufenthalt nicht mehr in ihre Wohnung zurückkehren zu können. "Das musste ich erstmal verarbeiten." Danach habe sie sich aber berappelt.
"Jammern hilft nichts", meint die Seniorin. "Man muss nach vorne blicken und das Beste aus einer Situation machen, wenn sie sich nicht ändern lässt." Dieser Satz ist von ihr nicht einfach dahingesagt. Bereits im Säuglingsalter erkrankte sie an Polio, ließ sich aber von ihrer Behinderung nie entmutigen. "Ich ging sogar tanzen."
Wenn sich Dinge aber ändern lassen, dann will sie sich auch dafür einsetzen, so Rinow. Nach dieser Devise handelt sie auch im Heimbeirat, der in Niedersachsen offiziell Bewohnervertretung heißt und gesetzlich als feste Institution in Heimen verankert ist. "Ich habe in meinem Rollstuhl ein kleines Notizbuch deponiert, in dem ich aufschreibe, wenn jemand eine Beschwerde hat oder das Essen mal nicht schmeckt", sagt die Seniorin. In ihrem Alter vergesse sie schon mal etwas. Da sei das Büchlein hilfreich.
Das Thema Essen gehört zu den wichtigsten Punkten, mit denen sich der Heimbeirat befassen muss. "Wir besprechen jeden Monat die Essenspläne", berichtet Knüppel. "Wenn uns da bestimmte Speisen nicht gefallen, dann werden sie von der Liste genommen." Beispielsweise gehe es gar nicht, wenn an einem Tag Nudeln als Beilage gereicht würden und tags darauf Nudelauflauf serviert werde. Aber die zwei sind sich einig: Meistens schmecken die Mahlzeiten. Grund zu meckern gebe es da kaum. Auch sonst geht es meist nur um Kleinigkeiten - wenn etwa kein frisches Handtuch hingelegt worden ist oder ein Bewohner erst mit etwas Verspätung gewaschen werden konnte, weil kurzfristig Personal ausgefallen ist.
Eine eigens eingerichtete Sprechstunde hat der Heimbeirat nicht. "Die Bewohner können jederzeit zu uns kommen", sagt Rinow. Die Beschwerden trage sie dann zeitnah bei der Heimleitung vor. Fast immer finde man schnell und unkompliziert Lösungen. Wichtig sei nur, die Verantwortlichen darauf anzusprechen und nicht nur vor sich hinzugrummeln.
Nach diesem Prinzip handele sie auch bei persönlichen Belangen, so die Heimbeirats-Vorsitzende. Das ging gleich bei ihrem Einzug ins Pflegeheim los: Rinow wollte in gewohnter Weise ihr Notebook nutzen, doch es gab keinen Internetzugang. "Ich bin zur Heimleitung gegangen und nach zwei oder drei Tagen hatte ich meine WLAN-Verbindung." Gerade für sie, die im Rollstuhl sitze, sei das Internet eine wichtige Verbindung zur Außenwelt, zu Freunden und Bekannten. Ihren Facebook-Account will sie aber löschen. "Das gefällt mir nicht mehr", meint die 82-Jährige. "Ich nutze lieber WhatsApp auf meinem Smartphone."
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