Schwierige Gesetzeslage
Angst vorm Wolf an der Oste bleibt
Das Thema Wolf ist noch lange nicht ausdiskutiert. Das zeigte die große Resonanz auf eine Informations- und Diskussionsveranstaltung in Kranenburg (Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten) zur aktuellen Lage in der vergangenen Woche. Im Saal des "Brinkhuus" hatten sich mehr als 200 Zuhörerinnen und Zuhörer eingefunden, darunter viele Landwirte, Pferde- und weitere Tierhalter. Um bei dem emotionalen Thema Eskalationen vorzubeugen – insbesondere in der Region entlang der Oste hatte es viele tote Weidetiere gegeben –, hatte die gastgebende Gemeinde Kranenburg vorgesorgt: Vor Ort war sowohl die Feuerwehr, um die Fahrzeuge einzuweisen, als auch Polizei und ein privates Sicherheitsunternehmen.
Eskalationen blieben aus
Bis auf einige emotionale Zwischenrufe aus dem Publikum, bei denen laut eine Abschussberechtigung gefordert wurde, verlief der Abend jedoch ruhig. Moderator Dirk Ludewig musste weder die Glocke zur Begrenzung der Redezeit läuten noch eine bereitliegende Rote Karte zücken. "Es haben sich alle weitestgehend an die Regeln gehalten", lobt er. Auf dem Podium saßen Wolfsberater Michael Ohlhoff, die SPD-Landtagsabgeordnete Corinna Lange, der SPD-Bundestagsabgeordnete Daniel Schneider, die CDU-Landtagsabgeordnete Melanie Reinecke, Dr. Uwe Andreas als Leiter der Unteren Naturschutzbehörde beim Landkreis Stade, Oberdeichgraf Dr. Albert Boehlke, Helmut Habermann vom Fachbeirat Wolf und Elke Steinbach, Koordinatorin Herdenschutz bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Vertreter der dritten Volkspartei, der Grünen, fehlten. Auch Helmut Dammann-Tamke, Präsident des Deutschen Jagdverbandes mit Wohnsitz im Landkreis Stade, war nicht anwesend.
Schießen von Wölfen ist nach wie vor illegal
Ende August hatte ein Wolf auf einer Weide in Gräpel eine Schafherde angegriffen. Von den 112 Tieren wurden 18 sofort getötet, weitere 37 mussten wegen ihrer schweren Verletzungen eingeschläfert und 30 verletzte Schafe behandelt werden. Anfang September folgten weitere Wolfsrisse in Großenwörden und Nieder Ochtenhausen (Kreis Rotenburg) mit jeweils drei bzw. vier toten Tieren. DNA-Analysen hatten ergeben, dass es sich dabei um zwei verschiedene Wölfe gehandelt hatte: in Gräpel ein männlicher, in Großenwörden und Nieder Ochtenhausen ein weiblicher. Damals kam seitens der Behörden Kritik auf, dass die Oldendorfer Jägerschaft wohl schon länger Kenntnis von dem sogenannten "Oldendorfer Rudel" gehabt, dieses aber nicht gemeldet habe. In Insiderkreisen wird gemunkelt, dass es unter den Jägern die Parole der "Drei S" gebe: Schießen, Schaufeln, Schweigen. Das Schießen von Wölfen sei aber nach wie vor verboten, betonten die Experten auf dem Kranenburger Podium.
Wolfsberater informiert über Sichtungen und Falschmeldungen
Wolfsberater Michael Ohlhoff wies zu Beginn der Veranstaltung darauf hin, dass es bei Laien häufig Verwechslungen zwischen Wölfen und freilaufenden Hunden geben würde. In Cuxhaven waren beispielsweise zwei Huskys auf einer Straße fotografiert und fälschlicherweise für Wölfe gehalten worden. Auch der inzwischen wieder heimische Goldschakal sehe für das ungeübte Auge nicht viel anders aus als ein Jungwolf. Die App für Wolfssichtungen sei zwar ein Muss für alle, die im Wolfsgebiet leben. Im Idealfalle solle die Meldung jedoch mit Fotos unterfüttert werden, um Verwechslungen auszuschließen. Sein wichtiger Hinweis an Hundehalter: Während der Paarungszeit der Wölfe in Februar und März sollten Hunde im Wald an die Leine, um gefährliche Begegnungen zu vermeiden.
Schwierige Gesetzeslage
Elke Steinbach, Koordinatorin Herdenschutz bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, erläuterte die Gesetzeslage zu Herdenschutzzäunen. Diese müssen 90 Zentimeter hoch sein, damit von einem Wolfsriss betroffene Tierhalter eine Entschädigung bekommen. Zwar sei ein Zaun in dieser Höhe für einen Wolf kein wirkliches Hindernis, das Gesetz sei nun aber so, was im Publikum für Unmut und böses Gelächter sorgte. Auch Oberdeichgraf Dr. Albert Boehlke zeigte wenig Verständnis für diese Regelung. Es sei utopisch, 160 Kilometer Deich wolfssicher zu machen. Kritisiert wurde zudem von mehreren Seiten, dass die DNA-Analyse nach einem vermeintlichen Wolfsriss mit bis zu 20 Wochen viel zu lange dauere.
Wölfe kennen keine Grenzen
Weitere Resultate des Abends: Das Schaffen von wolfsfreien Zonen ist nicht möglich, da durchziehende Wölfe sich nicht an Zonen halten. Die Politik hat das Problem, dass Gesetzesänderungen auf regionaler Ebene derzeit nicht möglich sind. Und was an der Oste und der Nordseeküste unter den Nägeln brennt, ist selbst in Südniedersachsen kein vorrangiges Thema, schon gar nicht Deutschland- und Europaweit. Und nach dem Bundesnaturschutzgesetz gilt der Wolf nach wie vor als streng geschützte Art.
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