Altes Metier gefragter denn je
Allrounder aus der Sofa-Werkstatt: Hans Ziska (64) ist Polsterer der alten Schule
tp. Oldendorf. Dank seiner Handwerkskunst sitzen Menschen im ganzen Norden bequem: Hans Ziska (64) ist Polsterer der alten Schule. In seiner langen Laufbahn hat er Tausende Stühle von Festsälen aufgepeppt und Dutzende alter Ruhemöbel für die nächste Generation von Mittagsschläfern gerüstet, aber auch Fußböden verlegt, Zaumzeug hergestellt und Zimmer dekoriert. Das vielseitige Metier des Polsterers ist gefragter denn je.
Hans Ziska hat fast das Rentenalter erreicht, doch der Ruhestand ist nicht in Sicht. Seine Auftragsbücher sind stets für Monate im Voraus gefüllt. Derzeit steht in der kleinen Ein-Mann-Werkstatt, die Ziskas verstorbener Vater 1957 gründete, das Skelett eines rund 80 Jahre alten Liegesofas vom Typ Ottomane. Das elegante Holzgestell hat der Besitzer selbst aufgearbeitet, alles andere ist Ziskas Job.
Der versierte Handwerker arbeitet sich von unten nach oben vor: Er spannt Gurte, näht Federn ein, schichtet Flachs, Leinen, Palmfaser und Wollwatte zu einem wohlgeformten und stabilen Polster mit gerader Sitzkante auf. Zum Schluss wird das Nostalgie versprühende Möbelstück mit einem schönen Bezug bespannt.
Bei dem betagten Ottomanen fixiert Ziska den Stoff per Hammerschlag mit Blaukopf-Nägeln. Wenn es schneller gehen muss, etwa für Saalbestuhlungen von Gaststätten und Rathäusern, greift der geschickte Polsterer zum Tacker. Die handliche Drahtheftmaschine hielt bereits vor 45 Jahren Einzug in Ziskas Betrieb.
In seiner langen Laufbahn, die mit einer Lehre beim damaligen Innungsobermeister Albert Pietschmann (†) in Stade begann, hat Hans Ziska schon die unterschiedlichsten Aufträge erledigt: In der Nachkriegszeit brachten Bauern ledernes Pferdegeschirr zu ihm in Reparatur, und Fuhrunternehmen ließen Lastwagenplanen nähen.
Der Vielseitige verlegte schon Linoleum auf Treppen, polsterte abgenutzte Fitnessgeräte wieder auf, richtete Wohnmobile und Yachten mit ein. Gerate fertig geworden sind zwei historische Hochzeitsstühle aus der St. Marien-Kirche in Himmelpforten.
Unter seinen Kunden, die von der Nordheide bis Kehdingen stammen, sind auch Prominente. Vor Jahren setzte Ziska mehrere Möbelstücke eines bekannten "Tatort"-Schauspielers instand.
Trotz aller Abwechslung, die der Polsterer-Beruf bietet - für den traditionellen Zweig des Handwerks interessieren sich laut Ziska immer weniger junge Menschen. "Viele frisch gebackene Gesellen wandern wegen besserer Verdienstmöglichkeiten in die Industrie ab", sagt er. Bei Großunternehmern wie dem Flugzeugbauer Airbus sind die kreativen Allrounder aus der Sofa-Werkstatt heiß begehrt.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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