Der Streit ist nicht behoben
Gericht muss entscheiden, ob in Himmelpforten ein Einkaufszentrum gebaut wird

Wird man in Himmelpforten jemals im  geplanten Einkaufszentrum einkaufen können?  | Foto: AdobeStock / Creative Cat Studio
  • Wird man in Himmelpforten jemals im geplanten Einkaufszentrum einkaufen können?
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Beim Streit um den Bau des Einkaufszentrums in Himmelpforten scheint der See still zu ruhen. Vor rund einem Jahr hatten zunächst das Verwaltungsgericht Stade und später auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die Ausnahmegenehmigung für Baumfällarbeiten kassiert. Hintergrund: Um das Einkaufszentrum zu bauen, muss erst das umstrittene "Steinmetz-Wäldchen" weichen. Zusätzlich hat der Naturschutzverband Niedersachsen bei Gericht Anträge gestellt, weil es den Bebauungsplan für das Einkaufszentrum für unrechtmäßig hält. Wie ist der aktuelle Stand? Das WOCHENBLATT hat bei den Beteiligten nachgefragt.

Die Baumfällarbeiten

Die Bünting-Gruppe, die als Investor das Einkaufszentrum in Himmelpforten bauen möchte, hatte für die erforderlichen Baumfällarbeiten zunächst eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Daraufhin stellte der Naturschutzverband Niedersachen beim Verwaltungsgericht in Stade einen Antrag auf Rücknahme der Genehmigung, dem auch stattgegeben wurde. Gegen diesen Beschluss legte die Bünting-Gruppe beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschwerde ein, scheiterte jedoch mit ihrem Anliegen. Die Richter begründeten ihre Entscheidung vom 3. Februar 2023 u.a. damit, dass durch die Baumfällungen Tatsachen geschaffen würden, die nicht rückgängig zu machen seien. Das artenschutzrechtliche Interesse stehe dabei vor dem wirtschaftlichen Interesse. Nach Aussage der Pressestelle des Gerichts wurden seitdem keine weiteren Anträge zu dem Vorgang gestellt.

Der Bebauungsplan

Das sagt der Naturschutzverband

Gegen den von der Gemeinde Himmelpforten verabschiedeten Bebauungsplan hat der Naturschutzverband Niedersachsen beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg einen Eilantrag und einen Normenkontrollantrag gestellt. Der Verband, der von Rechtsanwalt Udo Paschedag aus Hammah vertreten wird, hält den Bebauungsplan für rechtswidrig. Das Regionale Raumordnungsprogramm (RROB) des Landkreises Stade sehe auf dem Gelände keine Entwicklung von großflächigem Einzelhandel im Gebiet des Steinmetzparks vor, so Udo Paschedag. Im Gegenteil sei dieser Bereich ausdrücklich ausgenommen.

Zudem verstößt der Bebauungsplan laut Naturschutzverband gegen das Naturschutzgesetz. "Im Steinmetzpark brüten u.a. Waldohreulen und Dohlen, beide Arten stehen unter strengem Naturschutz. Das Gleiche gilt für die Mückenfledermaus, die dort beheimatet ist", sagt Udo Paschedag. Die Ausgleichsmaßnahmen, die die Bünting-Gruppe im Kakener Wald durchgeführt hat und die inzwischen auch von der Naturschutzbehörde des Landkreises abgenommen wurden, würden den örtlichen Populationen nicht helfen. Denn die Mückenfledermaus vertrage nur eine Umsiedlung von bis zu 1,7 Kilometern, Kaken sei jedoch vom Steinmetzwäldchen rund sieben Kilometer entfernt.

Neue Warteschleife für das Einkaufszentrum Himmelpforten

Zudem sei der Bebauungsplan auf Basis einer Ausnahme vom Tötungsverbot entstanden. Dabei nehme man das Töten der beheimateten Tiere in Kauf. "Waldohreule und Dohle unterliegen jedoch der europäischen Vogelschutzrichtlinie, die keine Ausnahme aus wirtschaftlichen Gründen zulässt", betont Paschedag. Zwar habe das Oberverwaltungsgericht Münster bei einer ähnlichen Sachlage anders entschieden. Der Europäische Gerichtshof lehne diese Auslegung jedoch klar ab. "Notfalls werden wir deshalb in dieser Sache den Europäischen Gerichtshof anrufen", so der Rechtsanwalt.

Das sagt die Gemeinde und der Landkreis

Die Gemeinde Himmelpforten hält nach wie vor an ihren Plänen fest, in der Ortsmitte ein Einkaufszentrum entstehen zu lassen. "Sowohl der Gemeinderat als auch die Bünting-Gruppe als Investor stehen hinter dem Projekt", sagt Bürgermeister Bernd Reimers. "Himmelpforten wächst, da muss die Infrastruktur mitwachsen." Das Einkaufszentrum gehöre in die Ortsmitte, um allen Bürgerinnen und Bürgern von Senioren bis zu Familien mit kleinen Kindern fußläufiges Einkaufen zu ermöglichen. Deshalb liefen die Gespräche mit dem Landkreis Stade weiter, um eine Bauvoranfrage voranzubringen. Dazu teilt Landkreissprecher Daniel Beneke mit, dass es seitens des Landkreises noch einige offene Fragen gebe und bei Bünting entsprechende Unterlagen erbeten wurden. Solange das Verfahren beim Oberverwaltungsgericht liefe, könne der Landkreis allerdings keine Baugenehmigung geben.

In das Einkaufszentrum sollen neben einem Combi-Markt, den Bünting selbst betreiben will, ein Aldi, eine Drogerie sowie ein Shop von Ernsting's Family einziehen. Geplant sind außerdem der Einzug einer Bäckereifiliale und eines Fachgeschäfts für Zeitungen, Zeitschriften und Tabakwaren. "An den Plänen wurde nichts geändert", versichert Bernd Reimers. Die Bünting-Gruppe hat sich zu ihren Plänen gegenüber dem WOCHENBLATT bis Redaktionsschluss nicht geäußert.

Das sagt das Oberverwaltungsgericht

Nach Aussage des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg liegen dem Senat seit Mitte Dezember 2023 alle erforderlichen Stellungnahmen der Beteiligten (Naturschutzverband Niedersachsen, Gemeinde Himmelpforten und Bünting-Gruppe) vor. Der Senat strebt eine Entscheidung über den Eilantrag bis April 2024 an. Wann über den Normenkontrollantrag in der Hauptsache entschieden wird, ist gegenwärtig noch nicht absehbar. Demnach werden weitere Jahre ins Land gehen, bis man in der Mitte des Christkinddorfs in einem Einkaufszentrum Shoppen gehen kann – wenn überhaupt.

Redakteur:

Stephanie Bargmann aus Stade

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