Findelkind „Franca“ - nach 21 Jahren zurück am Fundort im Kleckerwald

Gerhard Schaarschmidt hat Vanessa S. („Franca“) vor rund 21 Jahren auf einem Parkplatz gefunden
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as. Klecken. „Hier lagst du hinter einem Holzstapel“, sagt Gerhard Schaarschmidt (86) und zeigt auf eine Stelle des Parkplatzes am Kleckerwald in der Gemeinde Rosengarten. Er erinnert sich noch genau: Vor rund 21 Jahren, am 24. April 1996, fand er auf dem Parkplatz an der Bendestorfer Straße einen Säugling. Ein kleines Mädchen lag dick in Kleidungsstücke eingewickelt in einer blauen Plastikschüssel. „Habe ich auch geschrien?“ fragt Vanessa S. (20) interessiert nach. Denn Gerhard Schaarschmidt erzählt ihre Geschichte. Die Geschichte des Findelkinds „Franca“.
„Ich hatte das Gefühl, dass ich von der gegenüberliegenden Straßenseite aus aus dem Gebüsch beobachtet werde“, schildert Gerhard Schaarschmidt. Er vermutet, dass die Person, die „Franca“ dort abgelegt hat, sichergehen wollte, dass sie auch gefunden wird. Er brachte das Kind zur Buchholzer Feuerwehr, von dort aus wurde „Franca“, wie Vanessa damals genannt wurde, in das Krankenhaus Mariahilf gebracht.

„Das ist für mich total unwirklich. Ich kann gar nicht glauben, dass ich hier an dem Ort stehe, an dem ich damals gefunden wurde“, sagt Vanessa S., wie „Franca“ jetzt heißt. Die blonde Zwanzigjährige besucht zum ersten Mal den Ort, an dem sie ausgesetzt wurde.
Nachdem sie damals gefunden und dann ins Krankenhaus gebracht wurde, gab es mehrere Aufrufe, um die Identität des Kindes zu klären. Doch niemand meldete sich. Vanessa wurde adoptiert, verbrachte ihre Kindheit mit ihrem älteren Bruder, der ebenfalls adoptiert worden war, und ihren Eltern in Hamburg. „Mir hat es an nichts gefehlt“, blickt Vanessa zurück. Heute studiert sie Soziale Arbeit. „Während des Studiums habe ich gemerkt, dass der Adoptionsbereich mich sehr interessiert. Vielleicht spielt da mein eigenes Schicksal unterbewusst eine Rolle“, sagt sie.
Vanessa ist eine offene, fröhliche junge Frau. Der Kontakt zu Freunden und ihrer Familie ist ihr sehr wichtig. „Dass ich adoptiert bin, haben meine Eltern nie vor mir verheimlicht. Seit ich denken kann, weiß ich darüber Bescheid“, erzählt Vanessa. Belastet hat sie das nicht. „Mama ist schließlich meine Mama, egal ob adoptiert oder nicht“, sagt Vanessa. Dennoch hat ihre Herkunft sie immer beschäftigt. „Aber nicht auf eine belastende Art und Weise“, betont Vanessa. Sie sei eher neugierig und würde gern mehr über den Hintergrund ihrer Geschichte wissen. „Mich interessiert natürlich, wer meine leibliche Mutter ist und weshalb ich ausgesetzt wurde“, sagt Vanessa. „Ich kann mir vorstellen, dass es Situationen gibt, in denen man sich nicht in der Lage sieht, ein Kind großzuziehen“, sagt Vanessa. Z.B. wenn die Mutter sehr jung sei, oder starker Druck von den Eltern ausgeübt werde.
Sie ist sich aber sicher, dass ihr Schicksal ihrer leiblichen Mutter nicht egal war. „Ich war schließlich nicht verwahrlost, man hat sich um mich gekümmert“, sagt sie. Denn Vanessa wurde zwei bis drei Tage nach ihrer Geburt noch gut versorgt und gefüttert und dick eingepackt am Fundort abgelegt. Obwohl sie etwa einen Monat zu früh geboren wurde, war sie gesund und wohlgenährt.
Vanessa möchte selbst gern einmal Kinder haben. Vielleicht erzählt sie ihnen dann von „Franca“. „Das Findelkind Franca gehört zu mir, ist ein Teil meiner Geschichte“, sagt Vanessa.

Wer weiß mehr über "Francas" Herkunft?

• Fast 21 Jahre ist es her, dass „Franca“ am Kleckerwald ausgesetzt wurde. Damals konnte die Herkunft des Mädchens nicht geklärt werden. Vielleicht traut sich jetzt jemand, der mehr zur Geschichte „Francas“ weiß, sein Wissen zu teilen. Hinweise an red-buch@kreiszeitung-wochenblatt.de, oder per Post an WOCHENBLATT Verlag, Bendestorfer Str. 3-5, 21244 Buchholz, Stichwort „Franca“.

Ungewollt schwanger - was jetzt?

Für Frauen, die schwanger sind, aber ihr Kind nicht behalten wollen oder können, gibt es verschiedene Möglichkeiten, das Kind nach der Geburt abzugeben.
In sogenannten Babyklappen legt die Mutter das Neugeborene in ein Wärmebett. Durch ein Signal wird das Baby schnell gefunden und versorgt. Die Mutter bleibt anonym. Die nächste Babyklappe befindet sich im Diakoniekrankenhaus in Rotenburg (Wümme).
Eine andere Möglichkeit ist die „Anonyme Geburt“, bei der alles so abläuft wie bei einer „normalen“ Geburt. Die Mutter kommt ins Krankenhaus und entbindet dort. Sie muss der Geburtsklinik aber nicht ihre Identität mitteilen. Sowohl das Kind als auch die Mutter werden medizinisch versorgt.
Das Jugendamt kümmert sich in beiden Fällen um die weitere Unterbringung des Kindes.
• Wer schwanger ist und HIlfe benötigt, kann sich auch an die anonyme, kostenfreie Beratungshotline 0800-4040020 wenden. Mehr Infos: www.geburt-vertraulich.de/online-beratung/.

Redakteur:

Anke Settekorn aus Jesteburg

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