Rosengarten: Seit 40 Jahren Hebamme
Sigrid Peeks Herz schlägt für Mütter
"Ich sag es auch nach 40 Jahren noch: Hebamme ist der schönste Beruf", strahlt Sigrid Peek an einem trüben Morgen in ihrer Nenndorfer Wohnung. Sie versprüht Energie, auch wenn es draußen kaum hell geworden ist. Dann werden eben ein paar Kerzen angezündet. Man kann sich gut vorstellen, dass sich werdende Mütter bei Sigrid Peek seit 40 Jahren gut aufgehoben fühlen: Lange Berufserfahrung, gepaart mit einer freundlichen und verbindlichen Art, auf Menschen zuzugehen - das gibt Sicherheit.
Sigrid Peek hat erst Krankenschwester im Uniklinikum Hamburg Eppendorf UKE gelernt. Hebamme wollte sie werden, nachdem sie eine Freundin bei der Geburt begleitet hatte. "Ich hatte 15 Stunden Zeit, die Hebamme zu beobachten", lacht Peek, "Danach war klar: Das will ich auch machen." Die Ausbildung 1981 bis 1983 in der renommierten, aber "sehr konservativen" Frauenklinik Finkenau war schwer. "Man dachte ständig: Höre ich jetzt oder morgen auf. Es musste vor allem viel geputzt werden, und alles war sehr autoritär. Das wäre heute undenkbar."
Die ersten Dienste als angestellte Hebamme allein auf einer Station im Elim-Diakonieklinikum in Hamburg-Eimsbüttel waren dann auch wirklich aufregend: "Ich war schon sehr nervös", erinnert Sigrid Peek sich lachend, "Aber meine Arbeit als Krankenschwester und die Erfahrungen aus Notfallchirurgie des UKE haben mir geholfen." Vor allem, wenn gleich drei Schwangere gleichzeitig vor der Tür standen. "Dann muss man schnell erkennen, was wichtig ist."
Nach eineinhalb Jahren wagte Sigrid Peek den Sprung in die Selbständigkeit: "Ich wollte die Frauen nicht nur im Krankenhaus, sondern auch danach noch länger zuhause begleiten", sagt sie. Und damals ging das nur so. Eineinhalb Jahre habe sie dann alles gemacht, auch Hausgeburten, "aber erst beim zweiten Kind", erinnert sich Peek. "Aber zum Glück habe ich dabei keine kritische Situation erlebt."
Stolz ist Sigrid Peek auf den nächsten beruflichen Schritt: Mit zwei Kolleginnen gründete sie das "Barmbeker Modell": Sie arbeiteten als Beleghebammen im Krankenhaus Barmbek, was damals noch ganz neu war: Bis dahin gab es außer im Allgemeinen Krankenhaus Harburg AKH (heute Asklepios Klinikum Harburg) nur angestellte Hebammen. "So konnten wir die Frauen von Anfang an bis zur Nachsorge begleiten."
Was für die Frauen ein "Rundum-Wohlfühlpaket" war, war für die Hebammen "die Hölle": ständige Rufbereitschaft, der Europieper piepte dauernd, die Babys kamen "fast immer zwischen drei und vier Uhr nachts". Nach vier Jahren konnte Sigrid Peek nicht mehr, "obwohl es aus jetziger Sicht tolle, ganz intensive Jahre waren". Als sie Schlafstörungen bekam, beschloss Sigrid Peek, nur noch Geburtsvorbereitung und -nachsorge zu machen.
"Ich bin so froh, so vieles Schönes und spannendes erlebt zu haben", sagt Peek, "langweilig war mir nie." Aber eine Situation war dann doch ganz besonders unvergesslich: Mit einer Schwangeren und ihrem Mann war sie auf dem Weg zur Geburt im Barmbeker Krankenhaus. Plötzlich blieb der Krankenwagen im Verkehr stecken - ein schwerer Unfall, die Sanitäter mussten Schwerverletzten helfen. Unterdessen kam im Krankenwagen mit Sigrid Peeks Hilfe das Baby zu Welt. "Die Mutter hat sich später vor allem an ganz viel Blaulicht erinnert, wenn sie an die Geburt dachte."
Nach 15 Jahren Ottensen lockte ihr damaliger Partner "Stadtpflanze" Sigrid Peek aufs Land nach Rosengarten, erst nach Sottorf, dann nach Iddensen. "Ich war überrascht, wie groß der Landkreis Harburg ist." Mit den Kolleginnen Theodore Reincke und Renee Huth gründete Sie in der Alten Wassermühle in Bötersheim eine Hebammenpraxis. "Da gab es dann alles: von Vorsorgeuntersuchungen bis Rückbildungsgymnastik. Peek spezialisierte sich auf die Betreuung von Frauen, die das zweite Kind erwarteten. 2003 zog die Praxis nach Nenndorf in die Kirchenstraße um, "einfach, weil Theodore und ich nicht mehr so weite Arbeitswege haben wollten."
Inzwischen hat sie zusammen mit ihrem Mann Edzad Siuts, einem Pastor im Ruhestand, ein neues Projekt gestartet: In Tötensen bieten sie Paartherapie und Lebensberatung an. Und natürlich etwas für Mütter: "Ich habe mich noch einmal spezialisiert", sagt Peek, "Ich möchte besonders Müttern mit schlimmen Geburtserfahrungen helfen." Aber auch in der Nenndorfer Praxis ist sie nach wie vor tätig, auch wenn sie die Leitung 2020 an Kollegin Sandra Weiß-Oldach übergeben hat. "Ich will auf jeden Fall Hebamme bleiben."
Ohnehin findet ein großer Teil ihrer Arbeit im Verborgenen statt: "Wir Hebammen dürfen alles machen, was zu einer normalen Geburt dazugehört", sagt sie. Aber man müsse eben auch sofort erkennen, wenn etwas nicht richtig läuft. "Dafür braucht man ungeheuer viel Fachwissen, muss sich laufend fortbilden." Bezahlt wird das nicht: 37,50 Euro Brutto gibt's für einen etwa einstündigen Hausbesuch dafür von der Krankenkasse. Davon müssen alle Kosten bestritten werden - auch die sehr teuren Versicherungen. Bei den Hebammen, die für Kliniken arbeiten, schießt das Krankenhaus meist einen Teil zu, wer selbständig ist, muss das alleine wuppen. "Ich kann nur allen jungen Hebammen raten, im Team zu arbeiten. Dann kann man zum Beispiel Wochenendbereitschaften viel besser organisieren."
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