Wer vermacht dem Museum (s)ein Haus? Kiekeberg sucht intakte Gebäude für das Projekt "Königsberger Straße"
mi. Landkreis. Im Herbst soll im Freilichtmuseum am Kiekeberg das Projekt „Königsberger Straße“ starten. Dabei handelt es sich um die Konzeption einer deutschlandweit einmaligen Ausstellung zur Siedlungsgeschichte der Nachkriegszeit von 1945-1985. Geplant ist, auf rund einem Hektar Fläche einen ganzen Straßenzug nachzubauen. Dort sollen sollen regionaltypische Gebäude aus der Nachkriegszeit errichtet werden, die beispielhaft für die gesamtdeutsche Entwicklung sind. In einer Serie wird das WOCHENBLATT nach und nach einzelne Aspekte der „Königsberger Straße“ vorstellen. Für das Projekt sucht das Freilichtmuseum noch ein intaktes, zeittypisches Flüchtlingssiedlungshaus oder eine Doppelhaushälfte.
Ein wichtiger Teil der Siedlungsgeschichte des Landkreises sind die nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen großflächigen Neubausiedlungen an den Ortsrändern. Geprägt durch kleine Einzelhäuser und Doppelhaushälften. „In den 1950er Jahren setzte ein regelrechter Bauboom ein“, erklärt Alexander Eggert, Abteilungsleiter Volkskunde im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Durch Ausgebombte, Vertriebene, ehemalige Zwangsarbeiter und Holocaust-Überlebende verdoppelte sich nach 1945 die Landkreisbevölkerung. Eggert: „Für die vielen Neubürger musste Wohnraum geschaffen werden.“ Anfangs noch in Baracken - sogenannten Nissenhütten - oder bei Einheimischen untergebracht, begannen diese Flüchtlinge ab den 1950er Jahren eigene Häuser zu bauen. So entstanden rund um die Dörfer die typischen Siedlungen, wie wir sie heute noch vielerorts zum Beispiel in Fleestedt, Emmelndorf Maschen, Stelle oder Meckelfeld kennen. „Die Bautätigkeit war ein finanzieller Kraftakt, an dem Flüchtlingsvereine, Kommunen und Privatleute beteiligt waren“, erklärt der Wissenschaftler. Der verstärkte Siedlungsbau zeige dazu, dass einige der ehemaligen Flüchtlinge schnell zu einem gewissen Wohlstand kamen. Doch nur weil immer mehr Flüchtlinge ein Heim hatten, waren sie anfangs im Kreis noch lange nicht heimisch geworden. Eggert: „Es gab Ressentiments auf beiden Seiten, aber auch einen Druck zur Integration. Die ehemals Vertriebenen suchten Anschluss in Schützenvereinen und bei der Feuerwehr. Gleichzeitig organisierten sie aber auch Kulturfeste, um der einheimischen Bevölkerung die Kultur ihrer ehemaligen Heimat näher zu bringen. Langsam wuchsen so nicht nur Neubausiedlung und alter Ort zusammen, sondern auch deren Bewohner.“
• Achtung! Für das Projekt sucht das Museum:
- Ein möglichst original erhaltendes Flüchtlingssiedlungshaus (Einzel- oder Doppelhaus), gerne mit Stallungen und typischen Gemüsegarten
- Zeitzeugen: Wer hat selbst ein Flüchtlingssiedlungshaus gebaut, oder dort gelebt?
- Dokumente zum Bau: Fotos, Bauzeichnungen, Baugenehmigungen. Schriftwechsel mit Behörden im Bezug auf den Hausbau, Bauvorschriften, Rechnungen, Verträge etc.
- Dokumente und Fotos zum Alltag in den Siedlungen.
Tel. 040-790176-29 o. E-Mail: eggert@kiekeberg-museum.de.
Redakteur:Mitja Schrader |
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