"Der Wald ist wie umgepflügt"
Jens Theilacker ärgert sich über zerstörte Waldwege nach der jährlichen Holzernte
mi. Bendestorf. „Wer hier noch gehen will, braucht Gummistiefel und sollte einen festen Tritt haben, sonst endet der Waldspaziergang schnell mit einem verstauchten Knöchel“, sagt Jens Theilacker. Seit Jahren beobachtet er, wie der Wald vor seiner Haustür durch die Holzernte in Mitleidenschaft gezogen wird.
Zentimetertiefe Furchen, breite Pfützen, umgepflügte Wege - der empfindliche Waldboden sieht stellenweise aus, als wäre ein Panzer durch den Wald gerattert. Die Pfade, auf denen sonst Spaziergänger und Jogger die Natur genießen, sind in großen Teilen nicht mehr nutzbar. Jens Theilacker empört: „Die fahren hier mit ihren Riesenmaschinen rein, holen die dicken Stämme raus, lassen alles andere liegen. Die Schäden werden auch nicht behoben.“ Seit Jahren erlebe er, wie eine nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Forstwirtschaft den Wald systematisch ausbeute. Dabei sollte ein Wald nicht nur Holzlieferant sein. Im Gegenteil: „Der Wald ist auch ein Naherholungsgebiet und ein Naturraum. Aber wenn die Wege so zerstört werden, sind ganze Bevölkerungsgruppen - wie ältere Menschen oder Eltern mit kleinen Kindern - vom Waldspaziergang ausgeschlossen“, ärgert er sich.
Jens Theilacker, der aus Baden-Württemberg in den Norden gezogen ist, erinnert sich auch daran, dass man in seiner alten Heimat pfleglicher mit den Wäldern umgeht. „Solche Schäden an den Wegen und so einen unaufgeräumten Wald gibt es dort unten nicht“. Mit „unaufgeräumt“ meine er, dass überall Äste und dünnere Stämme liegen gelassen würden. „Wenn die Forst das minderwertige Holz nicht braucht, warum geben sie dann nicht dem Bürger die Möglichkeit, es zu schlagen oder zu sammeln, statt es einfach nur verfaulen zu lassen“, fragt Theilacker.
Das beeinträchtigte Waldstück ist Staatsforst und wird von dem Landesbetrieb Forstwirtschaft „Landesforsten“ bewirtschaftet. Pressesprecher Rainer Baumgartner sagte dem
WOCHENBLATT, er könne den Ärger der Bürger verstehen. Allerdings seien die Wege gerade auch für den Maschineneinsatz errichtet. Bei den Beeinträchtigungen handele es sich daher auch nur um eine Beeinträchtigung der Wege und nicht des Waldbodens. Das sei zulässig. Schuld seien vor allem das nasse Wetter, und dass Dritte von den Forsten gekauftes Holz bei diesen Wetterbedingungen mit schweren Lkw abgefahren hätten. Dass im Wald Totholz liegt sei keine „Schluderigkeit“, sondern Teil einer Öko-Strategie. Wer Holz benötigt, könne aber jederzeit den Förster ansprechen.
Allerdings: Naturschutzverbände wie der Naturschutzbund fordern seit Jahren ein Umdenken bei der Holzernte. Dazu erklärt Ulrich Thüre, Pressesprecher beim NABU Niedersachsen: „Mit der Nachfrage nach Holz steigt auch der Nutzungsdruck auf den Wald. Immer größere und immer schwerere Holzerntemaschinen kommen zum Einsatz. Sie zerstören nicht nur den Waldboden, sondern führen auch zur Vereinheitlichung des Waldbildes durch maschinengerechte Forste“.
Die Forst müsse auf diese Herausforderung reagieren und Teile der Waldfläche komplett aus der Bewirtschaftung nehmen, um miteinander vernetzte Rückzugsräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu schaffen.
Das Problem Bodenverdichtung
In den vergangenen 30 Jahren hat sich die Bewirtschaftung der Wälder massiv gewandelt. Wo früher Arbeiter mit Motorsägen tagelang im Einsatz waren, erntet heute ein Harvester dieselbe Menge Holz in ein paar Stunden. Die Kehrseite dieses Fortschritts ist, dass die schweren Maschinen den empfindlichen Waldboden durch ihr Gewicht so stark verdichten, dass er kein Wasser mehr speichern kann. Die Folge: Es kommt zu Bodenerosion. Außerdem kann der sonst schwammartige Waldboden weniger Wasser speichern. Das kann sich auf das Pflanzenwachstum auswirken, auch der Grundwasserspiegel kann sinken. Forscher gehen sogar davon aus, dass Hochwasser durch die schlechtere Wasserspeicherfunktion des Bodens befördert wird.
Redakteur:Mitja Schrader |
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