Kalte Enteignung oder Umverteilung von unten nach oben - Debatte um die Straßenausbaubeitragssatzung

Die Parkstraße in Buchholz wird derzeit für 3,7 Millionen Euro ausgebaut. 740.000 Euro müssen die Anlieger beisteuern
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„Straßenausbau dient der Allgemeinheit und sollte über Steuern finanziert werden.“ „Wer die Straßenausbaubeitragssatzung abschafft, entlastet vor allem große Wohnbaukonzerne.“ Nachdem das WOCHENBLATT kürzlich über die Debatte um die Straßenausbaubeitragssatzung berichtet hatte, erreichten die Redaktion prompt zwei ausführliche Schreiben zu dem Thema. Während Leser Axel Pahl als direkt betroffener Anlieger für eine Abschaffung plädiert, befürwortet Lars Heuer, Vermieter aus Hanstedt, die Satzung.

Axel Pahl ist Anwohner der Parkstraße, die derzeit von der Stadt Buchholz für insgesamt 3,7 Millionen Euro ausgebaut wird. 1,85 Millionen Euro soll dabei der Regenwasserkanal kosten. Die gleiche Summe fällt für die eigentliche Sanierung der Parkstraße an. Insgesamt sollen 740.000 Euro von den Anliegern gezahlt werden. Eigentümer zahlen damit bei eingeschossiger Bauweise 7,40 Euro pro Quadratmeter. Bei einem 1.000-Quadratmeter-Grundstück also 7.400 Euro.
„Als Anwohner sind wir überzeugt, dass es zu der aufwendigen Sanierung nur kommt, weil die Stadt sonst die Kosten für die Wiederherstellung der Straße nach der Verlegung des Kanals, alleine tragen müsste“, schreibt Axel Pahl. Dieses Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Beispiel Wiesenweg in Seevetal: Hier verlegte die Gemeinde Kanalrohre und musste die Straße dann auf eigene Rechnung erneuern. Man wählte die billigste Möglichkeit. Das Ergebnis: Flickschusterei. In Buchholz dagegen soll die aufgerissene Straße quasi auf Kosten der Anwohner wieder schick gemacht werden. Doch damit nicht genug: Im Zuge der Bauarbeiten erhält die Straße auch komplett neue Gehwege, obwohl die alten laut Anwohnern teilweise in einem tadellosen Zustand sind.
Axel Pahl schreibt: „Bürger haben kaum Einfluss darauf, dass die Straße vorher ordentlich instand gehalten wird, um eine beitragspflichtige Sanierung zu vermeiden“.
Weil an der Parkstraße u.a. zwei Friedhöfe, eine Schule, ein Hort und ein Kindergarten liegen, werde sie täglich von rund 1.400 Fahrzeugen darunter auch Bussen genutzt. Daher müsste der Ausbau durch die Allgemeinheit sprich Steuern finanziert werden. Axel Pahl fordert deswegen: „Die Straßenausbaubeitragssatzung muss abgeschafft werden.“
Gänzlich anderer Meinung ist WOCHENBLATT-Leser Lars Heuer aus Hanstedt. Obwohl selbst Eigentümer und Vermieter, befürwortet er Straßenausbaubeiträge und ist überzeugt: „Bei der Abschaffung von Straßenausbaubeitragssatzungen zahlt der Normalbürger oft drauf.“
Warum? Dafür nennt Lars Heuer folgende Gründe.
Die Kommunen müssten die fehlenden Mittel für den Straßenbau durch die Erhöhung von Grund- und Gewerbesteuer ausgleichen. Allerdings sei es utopisch zu glauben, dass sich hier ein 1:1-Ausgleich schaffen ließe. Heuer: „Steuereinnahmen sind nicht zweckgebunden, daher gibt es dann meist so manch anderen Vorschlag zur Verwendung der Mehreinnahmen.“ Mit stetig steigender Grundsteuer steige aber der Betrag, den die Gemeinden an Kreise oder Samtgemeinden abführen müssten. Dadurch stehe der Kommune real weniger Geld zur Verfügung als an Steuern eingenommen wurde. Das Drehen an der Steuerschraube sei also auf Dauer eine schlechte Kompensation für den Ausfall zweckgebundener Gebühren.
Von der Abschaffung der Satzung profitierten außerdem - anders als oft behauptet – in erster Linie die Inhaber großer Miet-Immobilien. Denn im Gegensatz zur Grundsteuer seien Beiträge für den Straßenausbau in der Regel nicht auf die Miete umlegbar. Konkret: Mussten Vermieter bei geltender Satzung die Beiträge für den Straßenausbau alleine zahlen, bedeute eine Abschaffung, dass sie die jetzt höhere Grundsteuer an den Mieter weitergeben könnten. Verbessere sich durch den Straßenausbau das Wohnumfeld, sei das sogar häufig ein Argument für eine dauerhafte Mieterhöhung. Für Lars Heuer ist deswegen eine Streichung der Straßenausbaubeitragssatzung nichts weiter als „eine Umverteilung von unten nach oben.“

Redakteur:

Mitja Schrader

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