Neue Serie "Der Blick über den Tellerrand": Gärten und Ernährung im rasanten Wandel im Freilichtmuseum am Kiekeberg
(tw/nw). Essbare Wildkräuter, Schlehen oder Meerrettich: Der Ernährungs- und Gartentipp mit dem Motto "Die Alten und die Wilden" erfreute im vergangenen Jahr zahlreiche WOCHENBLATT-Leser. Statt besonderer Obst- und Gemüsesorten, deren Anbau und Verwendung präsentieren Karin Maring (Diplom-Oecotrophologin) und Matthias Schuh (Museums-Gärtner), beide vom Freilichtmuseum am Kiekeberg in Rosengarten-Ehestorf, nun eine neue Serie.
Unter dem Titel "Der Blick über den Tellerrand" stehen diesmal Gärten und Ernährung im rasanten Wandel im Fokus, parallel zur schrittweisen Präsentation der Königsberger Straße im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Der Blick richtet sich dabei auf den Lebensalttag der Menschen in der Region und die vielfältige Veränderung ihrer Ess- und Ernährungsgewohnheiten. In den kommenden Monaten werden die kulturellen Abschnitte der Nachkriegsjahre ab 1945 bis zum Beginn der 1980er Jahre betrachtet.
Januar: Die ersten Nachkriegsjahre (1945-1949) - Hunger macht findig
Die ersten Nachkriegsjahre waren geprägt durch knapp bemessene Lebensmittelkarten und Wohnungsnot. Wellblechhütten, die nach ihrem Konstrukteur Peter Norman Nissen benannten wurden, boten Menschen eine Notunterkunft. Diese wurden ursprünglich zur Unterbringung von Soldaten entwickelt und gebaut. Gartenparzellen um die Nissenhütten sollten die Selbstversorgung ermöglichen, denn Läden waren noch leer. Angebaut wurden z.B. Möhren, Zwiebel, Kohl und Rhabarber. Neben Gemüse fanden Obststräucher wie Johannisbeeren dort etwas Platz. Nicht selten widersetzten sich die Bewohner dem Anbauverbot von Genussmitteln und pflanzten Tabak an. Eine Wäscheleine diente zum Trocknen der bis zu einem Meter langen Blätter. Auf dem Schwarzmarkt galten sie als Zahlungsmittel und ermöglichten die Anschaffung vom Allernötigsten.
Der Wiederaufbau begann schleppend. Zudem folgte auf einen heißen Sommer der Hungerwinter 1946/47, der zu den kältesten des Jahrhunderts zählte. Die Menschen mussten mit knappen Rationen überleben. Außerhalb der Städte gelang das besser, weil es oft noch Vorräte und Eingemachtes gab.
Damals wie heute eine Köstlichkeit, die durchwärmt und wichtige Vitamine liefert, ist ein heißer Fliederbeertrunk: Fliederbeersaft (auch Holunder genannt) und Wasser etwa 1:1 mischen, erhitzen, mit Honig oder Zucker abschmecken. Zusätzlicher Luxus sind Zitronenscheibe und Zimtstange.
Wer sich eine Nissenhütte ansehen und einen Eindruck der ärmlichen Verhältnisse erlangen möchte, kann das im Freilichtmuseum am Kiekeberg in Ehestorf erleben.
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