Neue Serie "Der Blick über den Tellerrand"
Wie wurde früher Kaffee-Ersatz hergestellt?
Ernährung und Gärten im rasanten Wandel im Freilichtmuseum am Kiekeberg
(nw/tw). In lockerer Reihenfolge stellen Karin Maring (Diplom-Oecotrophologin) und Matthias Schuh (Museums-Gärtner), beide vom Freilichtmuseum am Kiekeberg in Rosengarten-Ehestorf, einen Artikel der neuen Serie "Der Blick über den Tellerrand" im WOCHENBLATT vor. Der Blick richtet sich dabei auf den Lebensalltag der Menschen in der Region in den Nachkriegsjahren ab 1945 bis zum Beginn der 1980er Jahre und die vielfältige Veränderung ihrer Ess- und Ernährungsgewohnheiten.
Die 1950er-Jahre: Kaffee-Ersatz / Not macht erfinderisch
Auf das beliebteste Heißgetränk „Echter Bohnenkaffee“ musste in der deutschen Nachkriegszeit verzichtet werden: Kaffeebohnen waren Mangelware. Stattdessen wurden Alternativen genutzt, die bereits seit dem 19. Jahrhundert als Muckefuck bekannt waren, weil französische Soldaten den Ersatzkaffee als „Mocca faux“ (falschen Kaffee) bezeichneten. Verarbeitet wurden Eicheln, Bucheckern oder Wurzeln der blau blühenden Wegwarte (Zichorie). Die Teile der heimischen Pflanzen wurden getrocknet, zerkleinert, geröstet und vermahlen. Eicheln müssen zuvor aus ihren Schalen gelöst und die Kerne einen Tag gewässert werden. Eicheln und Zichorie eigenen sich aufgrund des würzigen, kaffeeähnlichen Röstaromas besonders gut.
Als „Deutscher Kaffee“ wurden Surrogate wie „Kathreiner Malzkaffee“ - aus gemälzter Gerste - und „Linde’s Kaffee-Ersatz-Mischung“ - aus (ungemälzter) Gerste, Roggen, Zichorie und Malz - industriell hergestellt. 1954 kam das erste Instantprodukt „Caro-Kaffee“, ebenfalls eine Mischung, auf den Markt.
Kaffeeähnliche Getränke sind heute meist als löslicher Extrakt erhältlich und werden gerne als koffeinfreie Alternative getrunken. Interessant ist deren Verarbeitung, z.B. im Hefeteig für Körnerbrötchen: 1 gehäuften Tl Malzkaffee-Extrakt auf 250 g Weizenmehl mit einer Kernmischung verkneten, gehen lassen, sechs bis acht Brötchen formen, gehen lassen, mit Wasser besprühen und bei 225 Grad (O/U), 15-20 Min. backen. Guten Appetit!
Im Siedlungsdoppelhaus der Königsberger Straße im Freilichtmuseum am Kiekeberg ist die Nachkriegsgeschichte anschaulich dokumentiert.
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