Gute Zeiten für Schleimer: Schnecken-Schwemme dank Regenwetter
(as). Regen, Regen, Regen - der Sommer war schon mal besser. Neben fehlender Sommerbräune auf der Haut hat der verregnete Sommer eine weitere Nebenwirkung: viele Schnecken. Ob auf dem gepflasterten Fußweg, im Gras, oder, bei Gärtnern besonders verhasst, im gehegten und gepflegten Gemüse- oder Blumenbeet - überall tummeln sich derzeit die schleimigen Gesellen, die sich in feuchter Umgebung besonders wohl fühlen.
„Häufig werden Schnecken als die Bösewichte im Garten angesehen. Schnecke ist aber nicht gleich Schnecke“, sagt Matthias Schuh, Museumsgärtner im Freilichtmuseum am Kiekeberg und bekannt aus der NDR-Fernsehsendung „Mein Nachmittag“. Eigentlich erfüllen die Weichtiere eine wichtige Funktion: Sie machen den Boden fruchtbar und sind eine Nahrungsquelle für viele Tiere. „Gerade die Schnecken mit Haus, z.B. die Weinbergschnecke, sind sehr nützlich: sie fressen hauptsächlich abgestorbene Pflanzenteile“, erklärt Matthias Schuh. Und auch unter den Nacktschnecken gibt es nützliche Helfer, wie z.B. den grauen, mit schwarzen Streifen getigerten Tigerschnegel. Er macht Jagd auf Vielfraße wie die Spanischen Wegschnecke. Sie ist häufig die Ursache für den Kahlschlag im Beet. Sie frisst alles, was ihr vor die Fühler kommt, von Aas bis Salat.
Die derzeitige Überpopulation der braunen Schleimer sieht der Museumsgärtner vor allem im Insekten- und dem daraus resultierenden Singvogelsterben begründet. Auch die Gestaltung der Gärten spielt eine große Rolle. „In den 1950er Jahren gab es noch viel schwarzen Boden zwischen den Pflanzen, das mögen Nacktschnecken nicht so gern. Inzwischen sind viele Beete komplett begrünt, da fühlen sich die Schnecken wohl, finden schattige Plätzchen und Nahrung“, erklärt Matthias Schuh.
Und die Gärten sind zu aufgeräumt: Ohne Totholzhaufen fehlt Igel, Wiesel und weiteren Schneckenjägern ein Unterschlupf. Hinzu kommt, dass die Spanischen Wegschnecken bis zu 400 Eier legen - und sich, falls kein Partner in der Nähe ist, auch selbst befruchten können. Mittlerweile ist sie die am häufigsten vorkommende Schneckenart in Deutschland.
Schlechte Zeiten also für Gartenbesitzer. „Ein Patentrezept gegen Schnecken gibt es nicht“, sagt Matthias Schuh. Das „Schneckenkorn“, ein chemisches Mittel, tötet Schnecken zwar wirksam, aber eben auch die nützlichen Schnecken. Auch für andere Tiere und kleine Kinder kann das Gift gefährlich sein. „Ich rate davon ab“, sagt der Gartenexperte. Auch viele der Hausmittelchen sind keine Option. Kaffeepulver, Rindenmulch oder Sägespäne stellen keine wirkliche Barriere für die Schnecken dar - und spätestens nach dem nächsten Regen sind sie weggespült. Schneckenzäune, Kupferbänder oder oder sogenannte „Pflanzenhüte“ können helfen. Besonders hübsch machen sie sich im Beet allerdings nicht. „Wer demnächst an die Nordsee fährt, sollte sich ein paar Muscheln mitbringen und sie um die Pflanzen legen. Nacktschnecken mögen den kalkigen, trockenen Untergrund nicht“, erklärt der Gärtner. Eine Lösung für die Bepflanzung von Balkons und Terrassen sei das ungiftige „Schnexagon“. Wird der Lack auf Blumentöpfe aufgetragen, verhindert er durch seine Antihaftbeschichtung, dass Schnecken auf ihm kleben, die Tiere rutschen einfach ab.
Durch die Pflanzenauswahl lässt sich der Schneckenbefall schon vorab eindämmen: Rittersporn oder Schwertlilien stehen ganz oben auf dem Speiseplan der Schnecken. Pflanzen mit pelzigem Blatt, z.B. Salbei, Minze oder Ziest mögen Schnecken hingegen nicht so gern.
Der Gartenexperte empfiehlt, die Schnecken einzusammeln. Von der „Bierfalle“ hält er allerdings wenig. „Damit lockt man nur zusätzlich die Schnecken aus den Nachbargärten an“, so Matthias Schuh. Besser: Ein großes Blatt, z.B. vom Rhabarber, am Abend auf den Rasen legen. Über Nacht sammeln sich die Schnecken unter dem Blatt. Am frühen Morgen können sie dann eingesammelt werden. Und dann? "Auf gar keinen Fall sollte man sie in den Wald bringen", betont Matthias Schuh. Die Spanische Wegschnecke ist bislang vor allem in Gärten unterwegs. "Sie hat kaum natürliche Feinde, im Wald ausgesetzt könnte sie andere Tierarten verdrängen", befürchtet der Gartenexperte. Einige Gärtner sammeln die Tiere in einer Tüte oder einem Marmeladenglas und lassen sie dort ersticken. Als humaner gelten ein Schnitt mit der Heckenschere oder das Überbrühen mit kochendem Wasser, das die Tiere sofort tötet. Die Tiere mit Salz oder Backpulver zu bestreuen, sorgt hingegen nur für einen unnötig qualvollen Todeskampf.
„Die Schnecke ist kein böser Schädling“, sagt Matthias Schuh überzeugt. „Es sind nützliche Tiere, wenn auch sehr gefräßige!“
Redakteur:Anke Settekorn aus Jesteburg |
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