Bürgermeister fuhr den Radlader
Tödliche Tragödie im Vater-Kind-Zeltlager in Toppenstedt
Es sollte ein fröhliches Wochenende werden und endete in einer Tragödie. In einem Vater-Kind-Zeltlager in Toppenstedt hat sich am Samstagnachmittag gegen 18.45 Uhr ein tödlicher Unfall ereignet.
Um den Kindern eine besondere Attraktion zu bieten, wurde eine etwa 1,20 Meter mal 2,50 Meter große Gitterbox, die eigentlich nur für Materialtransport zugelassen ist, an einem Radlader befestigt. Anschließend stiegen elf Kinder im Alter zwischen vier und zehn Jahren sowie ein Erwachsener (39) in den Korb, um sich in drei Metern Höhe durch die Feldmark fahren zu lassen.
Auf dem Rückweg zum Zeltplatz kam es zur Tragödie. "Aus noch unklarer Ursache löste sich plötzlich der Transportkorb, sodass die Insassen aus rund drei Metern Höhe nach vorn stürzten und vermutlich zum Teil von dem herabfallenden Metallkorb getroffen wurden", so Polizeisprecher Jan Krüger vor Ort. Die schockierende Bilanz: Ein Junge (5) und der Erwachsene wurden dabei getötet. Die anderen Insassen erlitten teils schwere Verletzungen, vier von ihnen wurden mit Rettungshubschraubern in Spezialkliniken geflogen.
Mittlerweile sind aber alle Verletzten außer Lebensgefahr.
Wie es zu dem Unglück kommen konnte, war auch am Montag noch unklar. Am Samstagabend hieß es vor Ort, dass an dem Radlader, der einem örtlichen Landwirt gehört, ein Hydraulikschlauch gerissen sei und so das Unglück ausgelöst habe. Eine offizielle Bestätigung gibt es dafür aber noch nicht.
Gegen den 44-jährigen Fahrer des Radladers, Ortsbürgermeister Stefan Isermann, - selbst Teilnehmer des Zeltlagers und dreifacher Familienvater - wurde von der Polizei ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet. Er wurde kurz nach dem Unfall mit zur Polizeiwache genommen, wo ihm routinemäßig eine Blutprobe zur Prüfung einer möglichen Alkohol- oder Drogenbeeinflussung abgenommen wurde. "Es gab vor Ort allerdings keinen Hinweis darauf, dass der Fahrer Alkohol oder Drogen konsumiert hatte", stellt Polizeisprecherin Wiebke Hennig klar.
Unterdessen haben Sandra Völker und Jessica Kuß, Administratorin der Facebook-Gruppe "Rundum Toppenstedt", eine "Gofundme"-Spendenaktion für die Hinterbliebenen gestartet.
Die Rettungskräfte waren bis in die Nacht hinein mit einem Großaufgebot vor Ort. Die Leitstelle hatte erst "ManV 7" (Massenanfall an Verletzten) ausgelöst und später auf "ManV 15" erhöht. Allein vier Hubschrauber waren vor Ort und flogen Kinder in verschiedene Krankenhäuser. Dazu waren mehrere Feuerwehren aus der Umgebung, Rettungswagen, Notärzte, Notfallseelsorger und Polizei eingesetzt. Auch Landrat Rainer Rempe eilte zur Unglücksstelle und machte sich ein Bild.
Die ersteintreffenden Kräfte begannen umgehend mit Wiederbelebungsmaßnahmen bei einem auf der Straße liegenden nicht ansprechbaren Kind. Der kurze Zeit später eintreffende Rettungsdienst setzte die Wiederbelebungsmaßnahmen fort. Leider führten diese nicht zum Erfolg. Der fünfjährige Junge erlag seinen bei dem Unfall erlittenen schweren Verletzungen. Bei einer männlichen erwachsenen Person, die auf der Straße lag, wurden ebenfalls sichere Todeszeichen festgestellt.
Unterdessen wurden am Feuerwehrhaus die verletzten und unverletzten Zeltlagerteilnehmer sowie zum Unfallort geeilte Angehörige betreut und erstversorgt. Über die Leitstelle wurden zur Betreuung der Betroffenen das Kriseninterventionsteam (KIT) der Johanniter-Unfallhilfe sowie das PSNV-E-Team (Psychosoziale Nachversorgung für Einsatzkräfte) alarmiert.
Die Verletzten wurden vom Rettungsdienst behandelt und Krankenhäusern auch in weiterer Entfernung zugeteilt. Insgesamt wurden sieben Kinder schwer und drei Kinder leicht verletzt. Vier Kinder wurden mit Rettungshubschraubern abtransportiert.
Während die Rettungsarbeiten liefen, nahm die Polizei Toppenstedts Ortsbürgermeister Stefan Isermann mit zur Wache. Er hatte den Radlader gefahren. "Wir haben gegen den Fahrer des Radladers ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet", so Polizeisprecher Jan Krüger. "Im Rahmen dessen wurde der Mann auch auf eine mögliche Alkohol- oder Drogenbeeinflussung untersucht." Das Ergebnis ist derzeit noch unbekannt.
"Es ist ein tragisches Unglück, das uns alle sehr betroffen macht. Unser Mitgefühl und unsere Gedanken gelten den Opfern und Angehörigen. Wir bin froh, dass die verletzten Kinder nicht mehr in Lebensgefahr schweben. Wir danken den vielen Helfern, für die dieser Einsatz eine besonders belastende Situation war. Es ist gut zu wissen, dass wir uns auch in so schwierigen Situationen jederzeit auf unsere Feuerwehren, Rettungsdienste und die gute Zusammenarbeit mit der Polizei verlassen können", sagen Landrat Rainer Rempe und Salzhausens Samtgemeinde-Bürgermeister Wolfgang Krause, die ebenfalls zur Einsatzstelle geeilt waren. Man habe sowohl der örtlichen Grundschule als auch dem Kindergarten psychologische Fachkräfte an die Seite gestellt. "Ziel ist, den Kindern jetzt einen normalen Alltag zu bieten, aber auch sofort reagieren zu können, wenn sie das Unglück ansprechen", so Krause.
Das Zeltlager wurde noch am Abend abgebrochen.
Unter den Einwirkungen des Unglücks wurde die für den morgigen Dienstag anberaumte Sitzung des Gemeinderates Toppenstedt abgesagt. Und der für das nächste Wochenende in Toppenstedt geplante Gemeindefeuerwehrtag wird in abgespeckter Form in Garstedt stattfinden. Zuvor findet in der Kirche in Salzhausen ein Gedenkgottesdienst für alle Einsatzkräfte, Betroffene und Bürger statt.
Abgesagt wurde auch das Schützenfest in Toppenstedt, das am 8. und 9. Juli stattfinden sollte.
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