Handwerker mit Courage
Beinamputierter Büchsenmacher aus Tangendorf bot auch Berufsgenossenschaft Paroli

In seinem Betrieb in Tangendorf: Büchsenmacher Michael Niemann | Foto: ce
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  • In seinem Betrieb in Tangendorf: Büchsenmacher Michael Niemann
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ce. Tangendorf. "Den Kampfgeist nicht verloren", titelte das WOCHENBLATT, als es 2015 über den Büchsenmacher Michael Niemann aus Tangendorf (Landkreis Harburg) berichtete, der bei Arbeitsunfällen mit der Motorsäge beide Beine verlor und sich seitdem nur auf Prothesen fortbewegen kann. Auch in Corona-Zeiten hat Niemann nicht nur beruflich Courage bewiesen und die Pandemie bislang "gut überstanden". 
"Während der ersten Corona-Phase habe ich meinen Betrieb auf Anraten unseres Bundesverbandes für ein halbes Jahr dichtgemacht. Die Überbrückungshilfe des Bundes, die ich bekam, war eine gute Hilfe", blickt der mittlerweile 60-jährige Michael Niemann beim Besuch des WOCHENBLATT-Reporters zurück. Nach dem ersten Lockdown durfte er sein Geschäft unter strengen Hygienevorschriften - inklusive durchsichtiger Plastik-Schutzscheibe zwischen ihm und der Kundschaft - wieder öffnen. "Wenn die Kunden unter meiner Anleitung ihre Waffen im Laden 'anprobieren', haben wir so wenig Kontakt wie möglich."
Niemann arbeitet als Ein-Mann-Unternehmen in der ausgebauten Garage seines Elternhauses. Er würde dort gerne Büchsenmacher-Nachwuchs ausbilden, darf aber nicht - weil die Räume "nur" zwei Meter hoch sind. "Vom Gewerbeaufsichtsamt sind für Ausbildungszwecke 2,50 Meter vorgeschrieben. Als ich das hörte, dachte ich zuerst an einen Scherz, ist es aber leider nicht."
Nicht nehmen lässt es sich der passionierte Waidmann, Jungjäger auf dem nahegelegenen Schießstand in Garlstorf auszubilden. "Auch durch einen Schlaganfall Gehandicapte und Rollstuhlfahrer sind dabei. Weil ich in meinem Leben nicht unversehrt geblieben bin, kann ich mich gut in diese Menschen hineinversetzen und einigen von ihnen vielleicht sogar Mut machen", so Michael Niemann. 
Ausdauer musste er beweisen bei der Auseinandersetzung mit der Berufsgenossenschaft. 2013 war die Prothese seines linken Beines erneuert worden. Im gleichen Jahr beantragte er bei der Genossenschaft, die Kosten für die Erneuerung der älteren rechten Prothese zu übernehmen, um Gleichgewichtsstörungen zu vermeiden - vergeblich. "Ich legte Widerspruch ein, aber das Verfahren zog sich sechs Jahre hin, weil das Sozialgericht in Lüneburg überlastet war", erzählt er noch immer fassungslos. "Als es endlich zur Verhandlung kam, dauerte die nur zehn Minuten. Ich bekam Recht, und die Genossenschaft musste mir zwei computergesteuerte Prothesen gleicher Bauart zahlen."
In der Freizeit spielt Michael Niemann Horn in einem Bläserkorps und unternimmt gerne Touren auf seiner Harley Davidson, die er zum Trike umbaute. Zudem hält er sich unter anderem mit Aquajogging fit und testet nebenberuflich als Probant des deutschen Prothesenherstellers "ottobock" künstliche Gelenke und Füße. Am Firmensitz im niedersächsischen Duderstadt traf Niemann auch den ebenfalls beinamputierten Heinrich Popow, mehrfacher Paralympics-Sieger im 100-Meter-Sprint und  Weitsprung. "Sein Sportsgeist hat mich enorm beeindruckt", so der Büchsenmacher. 
- Michael Niemann rief 2014 die Selbsthilfegruppe für Arm- und Beinamputierte ins Leben, um Menschen mit ähnlichen Schicksalen Mut zu machen. Die derzeit 15-köpfige Gruppe trifft sich alle zwei Monate zu gemeinsamen Aktivitäten. Infos zur Initiative bekommen Interessierte bei Niemann unter Tel. 04173 - 511488 oder per E-Mail an Buema.Niemann@t-online.de.

"Den Kampfgeist nicht verloren": Michael Niemann verlor bei Arbeitsunfällen beide Beine
Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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