Was Ausgrenzung anrichten kann
Gymnasium Salzhausen hatte Besuch von Antirassismus-Coach Martin Rietsch

"Erhebe deine Stimme gegen Diskriminierung": Antirassismus-Coach Martin Rietsch bezog auch die Schüler Freda Lennartz und Matti Boneß in seinen anschaulichen Vortrag ein | Foto: Silke Rauscher
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Wenn er von Ausgrenzung spricht, weiß Martin Rietsch aus eigener Erfahrung sehr genau, wovon er redet. Und vor allem weiß der deutschlandweit bekannte Rapper der Band „2schneidig“, Trainer der Hannover-96-Fußballschule und ausgebildete Antirassismus-Coach, wie verletzend rassistische Kommentare wie „Kann der N* kein Tor schießen?“ sind. Um auf wichtige Themen wie Diskriminierung und sozialen Hass aufmerksam zu machen, führt er in Schulen regelmäßig Projekttage durch. Für sein proaktives Engagement wurde Sohn eines Nigerianers und einer Deutschen jetzt mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Kurz zuvor besuchte er den siebten Jahrgang des Gymnasiums Salzhausen für einen interaktiven Projekttag.

Ermöglicht wurde der Tag durch den Schulförderverein und die Amadeu Antonio Stiftung. Die gemeinnützige Institution hat sich zum Ziel gesetzt, die deutsche Zivilgesellschaft gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu stärken.

Sehr schnell schaffte es Martin Rietsch, die Schüler durch einen sehr persönlichen Einblick in seine bewegende Biografie für sich einzunehmen. Ohne den Halt seiner Eltern hatte der gebürtige Kieler als Heranwachsender viel Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren müssen. Es waren Kommentare seiner Mitschüler wie „Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann?“, die sich als seelische Verletzungen neben vielen anderen "ganz weit oben ins Herz eingegraben haben". Als Kind von einer Pflegefamilie aufgenommen, habe er - so Rietsch - selbst dort festgestellt, dass er offenbar anders sei und nicht dazugehöre. Zwar habe ihm Breakdance damals geholfen, mit diesen Verletzungen umzugehen. Doch auch dies habe nicht verhindern können, dass er auf die schiefe Bahn geraten sei, zahlreiche Sinnkrisen bis hin zu Selbstmordgedanken inklusive. Als er in dieser Lebensphase von einer 67-jährigen Rentnerin aufgenommen und wie ihr eigenes Kind bedingungslos angenommen worden sei, habe er erstmals erfahren, was es heißt, ohne Wenn und Aber geliebt zu werden. Durch dieses Beispiel erfuhren die Salzhäuser Schüler eindringlich, welche gravierenden Auswirkungen fehlender Respekt und mangelnde Liebe für die Entwicklung und das seelische Wohlbefinden eines Menschen haben kann. „Du hast von anderen gesagt bekommen, dass du nichts wert bist“, brachte eine Schülerin Rietschs damalige Situation auf den Punkt.

Die Schüler erfuhren, wie wichtig es deshalb ist, Gruppenzwängen die „Rote Karte“ zu zeigen und stattdessen für Akzeptanz, Toleranz sowie ein couragiertes Miteinander ein- und aufzustehen. Gerade in Zeiten von TikTok und Social Media - so der Tenor der Gymnasiasten - sei dies aber oft schwer. Obwohl viele Schüler ebenfalls Ausgrenzung erfahren haben, wissen sie, dass es oft nicht so leicht ist, seine Stimme dagegen zu erheben. „Es braucht viel Mut, sich gegen Gewalt und Diskriminierung zu stellen“, betonte auch Schulleiterin Dorit von Hoerschelmann und erinnert die Jungen und Mädchen an die Plakette „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ im Eingangsbereich der Schule, die es aktiv mit Leben zu füllen gelte. „Mit der Auszeichnung stehen wir dafür, in den Klassen und der Schulgemeinschaft wertschätzend miteinander umzugehen.“

Maike Rickhoff, Lehrerin und Organisatorin des Projekttages, fügte hinzu: „Es ist wichtig, dass wir uns im Wissen über die Bedeutung von Vielfalt in der Klassengemeinschaft immer wieder an unsere Selbstverpflichtung erinnern.“ Eingebettet war der Tag in drei Verfügungsstunden, in denen die Schüler Alltagsbeispiele, in denen Rassismus auftritt, reflektierten. Am Ende der Veranstaltung waren sich alle einig: "Wir haben jetzt ganz viele anschauliche Bilder im Kopf, was Diskriminierung und Ausgrenzung anrichten können."

"Erhebe deine Stimme gegen Diskriminierung": Antirassismus-Coach Martin Rietsch bezog auch die Schüler Freda Lennartz und Matti Boneß in seinen anschaulichen Vortrag ein | Foto: Silke Rauscher
Der gefeierte Gast Martin Rietsch inmitten der begeisterten Siebtklässler des Gymnasiums Salzhausen | Foto: Silke Rauscher
Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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