Kinderbuchautorin Kirsten Boie im WOCHENBLATT-Interview
"Wir müssen die Lesekompetenz fördern"
ce. Salzhausen. "Durch den flüssigen Schreibstil sind Ihre Bücher toll zu lesen! Außerdem kann man sich in die Charaktere gut hineinversetzen, denn die Geschichten sind sehr natürlich und können auch heute noch so passieren": Begeistert und stolz zugleich ist Carlotta Albers (13), als sie ihrer Lieblingsschriftstellerin Kirsten Boie (69) gegenübersteht und ihr verraten darf, warum sie deren Bücher geradezu verschlingt. Anlass der Begegnung mit der beliebten Kinder- und Jugendbestsellerautorin ("Wir Kinder aus dem Möwenweg", "Ritter Trenk") war deren Lesung am Gymnasium Salzhausen (Landkreis Harburg).
Rund 120 begeisterte Jungen und Mädchen kamen zu dem vom örtlichen Buchhändler Jan Orthey vermittelten Gastspiel, zu dem Kirsten Boie ihre Bücher "Ein Sommer in Sommerby" und "Thabo" mitbrachte. Die Veranstaltung diente dazu, die Lesekompetenz beim Nachwuchs zu fördern. Außerdem kam ein Spendenbetrag von über 8.000 Euro zusammen, mit dem jeweils zur Hälfte Boies Möwenweg-Stiftung (siehe Kasten) und das vom Gymnasium begleitete afrikanische Waisenheim "Watoto Wetu Tanzania" (das WOCHENBLATT berichtete) unterstützt werden. Am Rande der Lesung sprach sie mit WOCHENBLATT-Redakteur Christoph Ehlermann über die Leselust bei Heranwachsenden, das Feedback der Fans von "Thabo" & Co. sowie über die Ehrenbürgerschaft, die die Stadt Hamburg ihr verliehen hat.
WOCHENBLATT: Frau Boie, mit dieser Veranstaltung wollen Sie auch dazu beitragen, dass die Lesekompetenz bei Heranwachsenden gefördert wird. Warum ist dies notwendig?
Kirsten Boie: Ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland können nach jüngsten Studien nicht lesen und somit im schlimmsten Fall auch keinen Beruf erlernen. Dagegen muss dringend etwas unternommen werden. Vielen Heranwachsenden, die nicht lesen können, fehlt die dafür erforderliche Sprachkompetenz. Das betrifft keineswegs nur Kinder mit Migrationshintergrund. Lesen kann man nur erlernen, wenn man die jeweilige Sprache richtig beherrscht.
WOCHENBLATT: Welche Institutionen sind dabei besonders gefordert?
Boie: Hier sind die Kindertagesstätten mit ihren Angeboten ebenso gefordert wie Schulen, wo nicht immer die effektivsten Methoden angewandt werden.
WOCHENBLATT: Was können Sie selbst tun, um die Lust aufs Lesen bzw. Lesenlernen zu vergrößern?
Boie: Es ist schön, wenn Kinder und Jugendliche aus meinen Lesungen herauskommen und denken: Bücher haben doch ihr Gutes. Wenn ich diesen Beitrag zur Leseförderung leisten kann, freue ich mich.
WOCHENBLATT: Bei Lesungen wie dieser freuen sich Ihre Fans, Sie hautnah zu erleben. Wie bekommen Sie sonst noch ein Feedback von den Lesern?
Boie: Ich erhalte viel Post von Kindern. Sie schreiben mir, wie sehr ihnen meine Bücher gefallen haben, und bitten mich deshalb auch, zu manchen meiner Geschichten Fortsetzungen zu schreiben.
WOCHENBLATT: Die Hamburgische Bürgerschaft hat jetzt dem Antrag des Senats zugestimmt, Ihnen als Anerkennung Ihres literarischen Schaffens und Ihres sozialen Engagements die Ehrenbürgerwürde zu verleihen. Was empfinden Sie bei dieser Auszeichnung?
Boie: Seit über 200 Jahren wird in Hamburg die Ehrenbürgerschaft verliehen. Vor mir gab es nur vier Frauen, denen diese Ehre zuteil wurde. Es überrascht und freut mich gleichermaßen, dass ich dazugehören darf.
WOCHENBLATT: Frau Boie, vielen Dank für das Gespräch.
- Engagement für Aids-Waisen
(ce). Im Rahmen ihrer Lesung in Salzhausen bekam die Autorin Kirsten Boie eine großzügige Spende für die von ihr gegründete Möwenweg-Stiftung. Diese engagiert sich schwerpunktmäßig für ein Aids-Waisenprojekt im afrikanischen Swasiland, bei dem bis zu 4.000 Kinder betreut werden. Infos unter www.moewenweg-stiftung.de.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.