Gemeinde Seevetal
Baumsprechstunde für Bürger
Ein in der Region einzigartiges Angebot macht die Gemeinde Seevetal den Bürgern: In einer Baumsprechstunde am Telefon beantwortet Forstwirt Magnus Pflüger (28) Fragen. Mit zunehmender Sensibilität für den Klimaschutz bewegt das Bäume die Menschen emotional. Was Bürger von dem Experten wissen wollen.
Zwei Fichten drohen auf die Bahngleise bei Meckelfeld zu stürzen, erfährt Magnus Pflüger von einem Bürger am Telefon. Der Baumkontrolleur macht sich ein Bild von den sich bedrohlich neigenden Hölzern und informiert sofort die zuständige Bahntochter DB Fahrwegdienste: Gefahr in Verzug. Am Ende gelingt es, die Bäume zu entfernen, bevor der Bahnbetrieb gestört wird.
Mehrere zehntausend gemeindeeigene Bäume überwacht Magnus Pflüger. Die genaue Anzahl kennt niemand. Baumpflege und Baumkontrolle ist die offizielle Stellenbeschreibung im Umweltreferat der Gemeinde Seevetal. 10.000 Hektar ist sein "Revier" groß, riesig für einen Einzelnen. Deshalb ist der Forstwirt über Hinweise aus der Bevölkerung dankbar. Der Informationsaustausch läuft aber auch umgekehrt.
Seit dem Herbst 2022 bietet der Experte eine Bürgersprechstunde an. Jeden Dienstag, 15 bis 18 Uhr, beantwortet Magnus Pflüger am Telefon Fragen zu allem, was Einwohner zu Bäumen wissen wollen. Die Nachfrage ist groß: Bis zu 20 Menschen rufen in der Regel innerhalb der drei Stunden an. "Das geht nur mit viel Kaffee", sagt Magnus Pflüger und lacht.
Die regelmäßige Baumsprechstunde ist ein in den Kommunen der Region einzigartiges Angebot. In der Regel wenden sich Bürger nach dem Prinzip Zufall an die Bauabteilungen oder Umweltreferate in den Städten und Gemeinden - in der Hoffnung, dass ein Sachbearbeiter Zeit hat. Zu der Idee der regelmäßigen Sprechstunde haben Magnus Pflügler Telefonangebote in den Revierförstereien inspiriert. Den Beruf des Forstwirts hat er nach dem Abitur beim Forstamt Saupark bei Hannover gelernt.
Im Februar hat die Baumpflege Saison. Weil Stürme Bäume beschädigt haben oder sie unter der Dürre in den vergangenen Jahren gelitten haben, sind Fällungen nötig, damit sie nicht auf Fahrbahnen und Gebäude stürzen. Bürger würden häufig nach den auffälligen farbigen Markierungen an den Bäumen fragen. Sensibilisiert vom Klimaschutzgedanken seien sie besorgt.
Die farbigen Zeichen bedeuteten nicht in jedem Fall, dass die Bäume gefällt werden, erklärt Magnus Pflüger. Die rote Farbe könne auch Pflegeschnitt bedeuten. Das alarmierend wirkende Rot benutze er, damit die Zeichen lange sichtbar bleiben. Denn Farbe am Baum verblasse schnell. Die Markierungen seien von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Offizielle, einheitliche Zeichen oder Symbole existierten nicht. Ihre Bedeutung lässt sich also nicht mit einer Google-Suche erfahren. Für Bürger wirken sie deshalb geheimnisvoll.
Grundstückseigentümer und Investoren von Bauvorhaben erkundigen sich in der Bürgerfragestunde, ob sie Bäume fällen dürfen oder nicht. "Sie wollen wissen, wie sie sich am geschicktesten verhalten sollen", sagt Magnus Pflüger.
Nachbarschaftsstreitigkeiten: Anrufer erhoffen sich Absolution
Regelmäßig seien Nachbarschaftsstreitigkeiten Thema in der Baumsprechstunde. Wenn zum Beispiel der Baum des Nachbarn das eigene Grundstück verschattet. "Anrufer hoffen, dass ich ihnen Absolution erteile und ich ihnen sage, dass sie zu hundert Prozent im Recht seien", sagt der Baumkontrolleur. Doch in privaten Streitigkeiten beziehe die Gemeindeverwaltung nicht Position. In solchen Fällen erklärt Magnus Pflüger die rechtlichen Grundlagen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält Regelungen, auch der jeweilige Bebauungsplan.
Manchmal haben Anrufe in der Baumsprechstunde gar nichts mit Bäumen zu tun. Einsame ältere Menschen möchten sich mit jemandem unterhalten. Magnus Pflüger: "Ich habe dann die ganze Lebensgeschichte erfahren - aber nicht die des Baumes."
Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
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