Ivar Buterfas-Frankenthal in Hittfeld
"Ich trage keinen Hass in mir"

Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums in Hittfeld lauschten dem spannenden Vortrag des Holocaust -Überlebenden | Foto: sra
6Bilder
  • Die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums in Hittfeld lauschten dem spannenden Vortrag des Holocaust -Überlebenden
  • Foto: sra
  • hochgeladen von Sven Rathert

Eine andächtige, etwas beklemmende Stimmung herrschte kürzlich in der Aula des Gymnasiums Hittfeld. Der erfolgreiche Autor Ivar Buterfas-Frankenthal hielt für die Schülerinnen und Schüler einen Vortrag als Zeitzeuge über seine Erlebnisse als Holocaust-Überlebender im Nazi-Deutschland. Gespannt saß das Plenum vor dem 90-Jährigen und seiner Frau Dagmar Buterfas-Frankenthal. Nach einer Anmoderation und Danksagung seitens Seevetals Bürgermeisterin Emily Weede startete der Bendestorfer seinen Vortrag.

Grausame Verbrechen

Es ging um sein Leben und um die schrecklichen Erfahrungen, die er, seine Familie und Millionen andere Juden unter dem NS-Regime durchleiden mussten. Buterfas schilderte diverse Verbrechen von Hitler und seinen Helfern an der Menschheit. Ebenfalls erklärte er die Funktion der Polizei und der Gleichschaltung unter Göring, welcher als oberster Befehlshaber Mitglieder der verbrecherischen SA und der SS zu Hilfspolizisten ernannte. "Die Polizei hat unter Hitler eine ganz schreckliche Arbeit verrichtet", so der Träger des Verdienstkreuzes Erster Klasse, verliehen für sein außerordentliches Engagement als Zeitzeuge. Heute arbeitet er eng mit der Polizei zusammen und organisiert gemeinsame Aktionen, Initiativen und Vorträge.

Wichtige Wahl 2025

Die Zuhörer spürten seine Wut. Das Unverständnis. Den Willen, die Rückkehr auch nur annähernd ähnlicher Zustände zu verhindern und den Menschen ins Gewissen zu reden. Manche Szenarien können Unbetroffene sich nicht realitätsgetreu vorstellen, da sie schlicht nicht selber erlebt wurden und jenseits der Vorstellungskraft liegen. "Unbetroffene" bezieht sich hier auf die Vergangenheit. Alles dafür zu tun, solche Grausamkeiten in der Zukunft abzuwenden, daran appellierte Buterfas nahezu durchgehend. Mal subtil, mal deutlich. "Geht wählen! Und macht euer Kreuz an der richtigen Stelle", warnte der ehemalige Boxveranstalter die zumeist erst in der Zukunft Wahlberechtigten eindringlich. "Was könnt ihr dafür, was eure Großeltern als Mitläufer, noch schlimmer, als Mittäter, getan haben? Jetzt aber könnt ihr etwas dagegen tun. Ihr müsst!" Bei diesem Aufruf wirkte seine Stimme nicht so sicher wie während des restlichen Vortrages. Bittend und fordernd zugleich. Sie brachte zum Ausdruck, wie ernst ihm die Sache und wie ernst ihm diese Bitte ist. Ivar Buterfas-Frankenthal und seine Frau Dagmar haben es sich als Lebensziel gesetzt, sich für Frieden und Demokratie einzusetzen. In der aktuellen Zeit scheint es nötiger denn je. Denn die "immer stärker werdenden Kräfte der Demokratiefeindlichkeit" bereiten beiden große Sorgen. Dennoch wies er darauf hin, keinerlei Hass in sich zu tragen. "Ich habe zwar schreckliche Dinge erlebt, aber Hass ist nicht die Lösung." Die Eheleute besuchen nahezu jede Vorlesung und öffentliche Veranstaltung gemeinsam. Auch die Liebe zu seinem Bruder und seiner Frau erwähnte der in Hamburg Aufgewachsene oft. "Ich hatte Albträume. So schlimm, ich hätte mir beinahe das Leben genommen. Sie ist die Starke in unserer Beziehung. Unsere Frauen sind das Stärkste, was wir haben." Im Anschluss an den eindrucksvollen und emotionalen Vortrag durften die ebenfalls sichtlich berührten Schülerinnen und Schüler Fragen stellen, welche Buterfas ausnahmslos beantwortete.

Eine Schülerin wollte gerne wissen, was nach 68 vollzogenen Ehejahren sein Geheimnis für die Ehe sei: "Männer sollten bei Frauen immer das letzte Wort haben. Und das lautet, 'jawohl, Liebling'", so der 37-fach ausgezeichnete Redner. Abschließend gab er den Nachwuchs-Wählern noch gut und ernst gemeinte Ratschläge mit auf den Weg: "Lasst kein braunes Gedankengut zu und lasst euch niemals mit Neonazis ein."

Die Antwort Buterfas' auf die Frage einer Schülerin, ob er sich als Kind gewünscht hätte, kein Jude zu sein, erklärte die Willkür und Sinnlosigkeit rassistischer Motive auffallend leicht: "Wie hätte ich mir das wünschen können? Ich wusste doch gar nicht, dass ich ein Jude bin."

Redakteur:

Sven Rathert aus Seevetal

Webseite von Sven Rathert
Sven Rathert auf Instagram
Sven Rathert auf YouTube
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

4 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Service

Wichtige WOCHENBLATT-Mail-Adressen

Hier finden Sie die wichtigen Email-Adressen und Web-Adressen unseres Verlages. Wichtig: Wenn Sie an die Redaktion schreiben oder Hinweise zur Zustellung haben, benötigen wir unbedingt Ihre Adresse / Anschrift! Bei Hinweisen oder Beschwerden zur Zustellung unserer Ausgaben klicken Sie bitte https://services.kreiszeitung-wochenblatt.de/zustellung.htmlFür Hinweise oder Leserbriefe an unsere Redaktion finden Sie den direkten Zugang unter...

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.