Schwulen-Initiative mit einer Mission
"Süd Gays" werben nicht nur beim "Christopher Street Day" für Gleichberechtigung
Schwulen-Initiative engagiert sich nicht nur beim "Christopher Street Day" für Gleichberechtigung ce. Meckelfeld. Schrill, laut und lebensfroh - so präsentiert sich die LGBTQ-Community beim "Christopher Street Day" (CSD, siehe Extra-Text auf dieser Seite), dem Höhepunkt und Abschluss der "Pride Week" in Hamburg. LGBTQ steht für Lesbisch, Gay (schwul), Bisexuell, Transgender und Queer (Sammelbegriff für Menschen, die sich nicht als heterosexuell begreifen).
In regenbogenfarben geschmückten Wagen, aufwendigen Kostümen und mit viel Glitzer begeistern die Teilnehmer jedes Jahr aufs neue und setzen ein Zeichen für mehr Akzeptanz. Die friedliche Feier der Vielfalt hat jedoch einen ernsten Hintergrund: "Auf die Straße! Vielfalt statt Gewalt" lautet das Motto, unter dem der Verein "Hamburg Pride" am Samstag, 6. August, wieder zur großen Demonstration anlässlich des CSD aufruft. Denn die Zahl der Gewalt- und Hasstaten gegen Schwule, Lesben, Transgender und andere Menschen, die sich als LGBTQ begreifen, ist deutlich angestiegen. Bundesweit wurden im vergangenen Jahr über 1.000 Straftaten gezählt.
Der Verein, der sich für den Abbau von Vorurteilen und Diskriminierungen gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, transsexuellen und intergeschlechtlichen Menschen einsetzt, erwartet tausende Teilnehmer aus ganz Norddeutschland. Mit dabei sind auch die "Süd Gays", eine Gesprächsgruppe für schwule und bisexuelle Männer aus Harburg und auch aus den Landkreisen Harburg und Stade.
"Auf dem CSD können wir uns frei und ungezwungen bewegen, sind eine riesige Familie aus Gleichgesinnten und werben für Toleranz", erklärt Hans-Jürgen Paarmann (73) aus Meckelfeld, der die "Süd Gays" leitet, gegenüber dem WOCHENBLATT. Bei der Großkundgebung in Hamburg mischt er sich gelegentlich unter die Zuschauer. "Einige machen sich lustig über uns 'Fummeltanten'", erzählt er, was er dann aufschnappt. "Die Mehrheit ist aber beeindruckt, wie selbstbewusst und mutig wir Teilnehmer dort für unsere Sache antreten - dafür, dass wir Homosexuelle als ganz normale Menschen angenommen werden und die gleichen Rechte zugesprochen bekommen wie Heterosexuelle."
"Süd Gays"-Mitglied Hans-Jürgen Lange (58) aus Harburg, der bei dem Gespräch mit dem WOCHENBLATT auch dabei ist, hat beim CSD und anderen Events regelmäßig seinen großen Auftritt: "Im glitzernden Abendkleid und aufwendig geschminkt werde ich dann zu 'Jana d' Amour' und singe zur Freude des Publikums bekannte Schlager zum Halbplayback."
Hans-Jürgen Paarmann rief die "Süd Gays" 2003 ins Leben. Zuvor saß er viele Jahre im Vorstand des Magnus-Hirschfeld-Centrums in Hamburg-Winterhude, dem größten deutschen Kultur- und Beratungszentrum für Schwule und Lesben. "Dort kamen aber nur wenige Leute aus dem Hamburger Süden hin, weshalb ich die Initiative einer eigenen Gruppe ergriff", so Paarmann. Heute gehören ihr 35 Mitglieder zwischen 40 und 80 Jahren an.
Die Gruppe veranstaltet Präsenztreffen, aber auch Video- und Telefonkonferenzen. Letztere würden - so Paarmann - zuweilen von Männern bevorzugt, die sich nicht in der Öffentlichkeit outen wollen. Paarmann verweist zudem auf Erkenntnisse aus Kreisen der Aidshilfe, wonach schwulenfeindliche Aktionen wieder zunähmen. "Wenn es in einem Land Probleme gibt - wie jetzt bei uns Corona und die Auswirkungen des Ukraine-Krieges -, suchen Populisten nach vermeintlich Schuldigen", betreibt er Ursachenforschung. "Dann kommen verstärkt Vorurteile etwa gegenüber Schwulen oder Migranten auf."
Neben der Teilnahme an Veranstaltungen wie dem CSD und Ausflügen sind die "Süd Gays" auch sozial stark engagiert. So arbeiten sie Themen wie die Verfolgung der Schwulen zur Zeit des Nationalsozialismus auf und haben eine Patenschaft für einen sogenannten Stolperstein zur Erinnerung an die Opfer des Nazi-Regimes in Harburg übernommen. "Darüber hinaus pflegen wir eine enge Freundschaft zu dem schwul-lesbischen 'Klub Einblick' in Schwerin und zu der Gruppe 'Du & Ich – anders älter werden' des Magnus-Hirschfeld-Centrums", ergänzt Hans-Jürgen Lange. "Und wir haben sogar eine Außenstelle in Montevideo in Uruguay, seit ein ehemaliger 'Süd Gay' dorthin gezogen ist."
• Infos unter www.suedgays.de und www.hamburg-pride.de/pride-2022
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.