Einweihung Medienzentrum Hittfeld
Technisches Verständnis führt zu Mündigkeit
“Hier wurde ein Raum geschaffen in dem Theorie auf Praxis trifft.“ Diese Worte von Landrat Rainer Rempe beschreiben die Sinnhaftigkeit des neueröffneten Medienzentrums in Hittfeld treffend. Die entsprechende Eröffnungsveranstaltung, zu welcher der Landkreis und das Medienzentrum eingeladen hatten, bot den Gästen neben einigen Reden die Möglichkeit, sich das Medienzentrum und das "DigiLab" genauer anzuschauen und sich ein eigenes Bild von dem 430 Quadratmeter großen Lernzentrum zu verschaffen. In dem hochmodernen Medienzentrum können sich gemeinnützige Vereine und Institutionen sowie Schulen hochwertiges Equipment ausleihen oder Zeit an den Geräten verbringen. Das Medienzentrum Landkreis Harburg bietet mit dem "DigiLab" einen praktischen Blick auf Bildung unter den Bedingungen der Digitalisierung. Grundlage der Arbeit ist die (Weiter-)Bildung von medienkompetenten und mündigen Subjekten und die damit verbundene Förderung von Selbstwirksamkeitserfahrung und der Teilhabe im digitalen Raum. Kurz: Das Medienzentrum hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, technisch auf dem neuesten Stand zu sein und komplexe Ideen eigenständig zu realisieren. Pädagoginnen und Pädagogen haben die Möglichkeit, sich in aktuellen Medientechnologien auszuprobieren, sich auszutauschen und Perspektiven für die eigene Arbeit zu entwickeln, um diese Techniken dann im eigenen Unterricht an Kinder und Jugendliche zu vermitteln.
Chancen der Digitalisierung nutzen
In der Eröffnungsrede von Landrat Rainer Rempe, welche er mit dem Zitat: „Die Zukunft gehört denen, die die Möglichkeiten der Digitalisierung verstehen und nutzen“ von Angela Merkel begann, lobte die Arbeit des Teams des Medienzentrums um dessen Leiter Ekkehard Brüggemann. Rempe wies auf die Wichtigkeit hin, bei der Digitalisierung Schritt zu halten. “Wir befinden uns nach wie vor in einem Umbruch zu einer immer digitaleren Welt. Das ganze Leben wird sich durch die immer stärker von der Digitalisierung geprägten Prozess verändern“, sagte der Landrat Rempe. „Wir wollen diesen Wandel als Landkreis unterstützen und aktiv mitgestalten. Daher ergibt es sehr viel Sinn, direkt bei den Schulen anzusetzen“, so Rempe.
Entstandenes Kompetenzzentrum
Im Anschluss trat Staatssekretär Marco Hartrich vom Kultusministerium ans Rednerpult. Auch Hartrich lobte das innovative Denken der Verantwortlichen des „DigiLabs“ und bezeichnete seinen Termin zu dieser Veranstaltung als Jackpot. Die Errichtung solcher modernen Räume sei „ein Meilenstein für die zukünftige Reise. Hier spiegeln sich die Visionen von Austausch, Kompetenz und Wissen wider". Das Konzept und die Umsetzung seien wegweisend, auch für andere Schulen und Medienzentren in Niedersachsen. Hartrich sprach von der Notwendigkeit der „vier Ks": kommunikatives, kollaboratives, kritisches und kreatives Denken“. Es sei die Pflicht des Landes, der Kreise und der Kommunen, den Schülern das geeignete Rüstzeug für die Zukunft an die Hand zu geben. “Die digitale Wandlung ist eine dynamische Wandlung“, sowohl Gesellschaft als auch die Schüler müssten, kontinuierlich lernen und sich weiterentwickeln, sagte Hartrich.
Macherhaltung statt Konsumhaltung
"Die Digital-Natives machen das schon."Diesen Satz höre man laut Brüggemann häufiger. Er zeigte dem Plenum ein dreigeteiltes Bild. Links waren Jugendliche zu sehen, die versuchten, einen Walkman zu bedienen, in der Mitte ein Affe, welcher ein Tablet bedienen kann und rechts Immanuel Kant, Philosoph der Aufklärung. Darunter war der Satz zu lesen: "Medientechnologie erschließt sich nicht intuitiv". In seiner von den Gästen sehr positiv aufgenommenen Rede, stellte das wohl die zentrale Aussage dar. "Wir brauchen neue Kompetenzen. Selbstermächtigung ist wichtig. Wir sind lange nicht so kompetent, wie wir es glauben zu sein, und können so auch nicht mündig handeln. Es reicht nicht, eine Oberfläche bedienen zu können. Es ist heute deutlich schwieriger, ohne Kenntnisse über Algorithmen gute Entscheidungen zu treffen. Wir Menschen treten im vernetzten Zeitalter Blackboxen gegenüber, von denen wir nicht wissen, wie sie algorithmisch entscheiden. Es geht also nicht darum, 'Algorithmen' komplett zu verstehen, sondern die dahinterliegenden Entscheidungsmechanismen kennenzulernen. Fakt ist, dass die Entscheidungen eigentlich im Hintergrund getroffen werden. Der Algorithmus entscheidet, nicht der Benutzer." Diese Mechaniken zu verstehen, muss laut Brüggemann der Fokus sein. "Wir befinden uns in einem neuen Zeitalter der Aufklärung." Daher auch der Bezug zu Kant, der dafür plädierte, dass die Bürgerinnen und Bürger im Zeitalter der Industrialisierung mitgestalten. Kant betonte die Autonomie des Willens und das Prinzip, moralisch zu handeln.
Zum Abschluss bedankten sich Ekkehard Brüggemann, Alexandra Neukirch, Schulleiterin der IGS Seevetal, und Frank Patyna, Schulleiter des Gymnasiums Hittfeld, gegenseitig für die gute Zusammenarbeit. Danach ging es für die anwesenden Gäste in den offenen Austausch und es durften die für 200.000 Euro angeschafften technischen Gerätschaften bestaunt werden.
Kommentar:
Das Team des Medienzentrums und die pädagogischen Fachkräfte, die mit der Betreuung vor Ort beauftragt sind, wirken allesamt sehr engagiert und kompetent. Förderungen der Schüler mit Projekten wie der Robonatives-AG des Gymnasiums Hittfeld sind wichtig und aus meiner Sicht zwingend notwendig für die Zukunft unseres Landes.
Deutschland darf sich den Ruf der Erfinder, Dichter und Denker nicht verderben. Laut den Reden am Tag der Einweihung sehen Land und Landkreis das zumindest ähnlich und präsentieren berechtigterweise stolz ein hochmodernes Zentrum für digitale Bildung.
So früh wie möglich bei den jungen Teilen der Gesellschaft anzusetzen, ist genau der richtige Weg.
Die Schüler haben allerdings ein Problem: So gut und modern die Technik und die Arbeit vor Ort auf dem Schulgelände Hittfeld auch sein mag, wollen Schülerinnen und Schüler sich zu Hause Dateien mit Aufgaben oder Bildern aus der Cloud laden, werden sie schnell an die vielerorts gegenwärtige Realität erinnert. Videocalls mit Gruppenmitgliedern können schwierig sein, bei langsamer und instabiler Internetverbindung.
Was bringt eine noch so gute Ausbildung des Nachwuchses, wenn kleine innovative Firmen im ländlichen Raum nicht arbeiten können, wie sie es möchten, da es schon an einer 500-Mbit-Leitung scheitert.
In einem Atemzug die letzten Kanzler oder die Kanzlerin mit technischem Fortschritt und Digitalisierung zu nennen, ist – milde ausgedrückt – nicht ganz glücklich. Hätte Deutschland sich rechtzeitig um den Ausbau von Glasfaser gekümmert und nicht viel zu spät den Kupferleitungsausbau forciert, müssten sich die jetzigen Amtsinhaber der Kommunen, der Kreise, der Länder und des Bundes nicht mehr in dieser Intensität um die Versäumnisse ihrer Vorgänger kümmern. Wie so häufig in der Politik baden die jetzigen Amtsträger die Verfehlungen der Vorangehenden aus. So ist das nun mal – es bleibt zu hoffen, dass die aktuell Verantwortlichen die Wichtigkeit des Fortschritts verinnerlicht haben und wirklich alles dafür tun, dass in ihren Wirkungsbereichen die Zeichen auf Zukunft stehen.
Sven Rathert
Redakteur:Sven Rathert aus Seevetal | |
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