Bauzaunbanner der CDU-Seevetal
Ärger um Parteiwerbung in der Gemeinde
Vor kurzem standen an einigen Orten, in der Gemeinde Seevetal große Plakate der CDU-Seevetal, angebracht an Bauzäunen, als Dreiecke aufgebaut. Diese Art der offensiven Werbung missfiel den Freien Wählern und der Gruppe Grüne/Linke aus dem Gemeinderat. Timo Röntsch, Gemeinderatsmitglied der Freien Wähler in Seevetal, kontaktierte daraufhin den Landkreis Harburg. Ergebnis, es lag keine Genehmigung vor und die Banner mussten umgehend entfernt werden.
Ganz grundsätzlich ist Parteiwerbung noch etwas differenzierter zu betrachten - dennoch existiert in Deutschland kein eigenes Gesetz zur Wahlwerbung. Die Legitimation dazu ergibt sich aus dem Grundgesetz und den entsprechenden Artikeln zur Pressefreiheit, zur Kunstfreiheit sowie zum Parteienprivileg. Parteien müssen sich wie Gewerbetreibende und Vereine an die gewöhnlichen Regularien zur Werbung halten.
Dieser Umstand macht es nicht zwingend leichter, zu verstehen, wann und wo politische Werbung erlaubt ist. Großen Spielraum haben die Parteien in der Wahlzeit. Außerhalb dieser Zeit sieht das anders aus. In den meisten Fällen gelten als Wahlzeit die sechs Wochen vor der Wahl inklusive des Wahltages. Die Kommunen können diese Zeit individuell anpassen, das geschieht in der Regel jedoch nicht.
Enttäuschung in der CDU
Markus Warnke, Vorsitzender der CDU-Seevetal, ist enttäuscht von seinen Ratskollegen und drückte gegenüber dem Wochenblatt sein Unverständnis aus, dass die Freien Wähler nicht erst das persönliche Gespräch gesucht hätten, vor allem da es sich um einen Aufruf zum Engagement in der demokratischen Mitte und zur Mitgliedergewinnung handeln würde - nicht um klassische Wahlwerbung als solche.
Allerdings gilt: Auch wer sich für etwas "Gutes", also das politische Engagement, einsetzt, muss sich selbstverständlich an geltendes Recht halten, wie zum Beispiel die "Klimakleber" immer wieder mit ihren illegalen Aktionen belegen.
Timo Röntsch sagt dem WOCHENBLATT zu den Worten von Markus Warnke: "Das Herr Warnke nicht wusste, dass wir (FW und Gruppe Grüne/Linke, Anm. der Redaktion) rechtliche Bedenken bei der Aktion hatten, kann ich insofern nicht nachvollziehen, als wir in der Ortsratssitzung in Fleestedt eben diese Bedenken äußerten. Daraufhin antwortete die Fraktionsvorsitzende des betreffenden Rats Berit Rohte, dass die Bedenken unbegründet seien, da die Banner durchweg auf Privatgrund stehen würden und die CDU-Seevetal das somit 'anders sehen' würde." Möglich ist, dass dieses Gespräch nicht an Markus Warnke herangetragen wurde. Zusätzlich zu der Unterhaltung in der Ortsratssitzung gab es ein Telefonat zwischen Warnke und Gerd Kruse (Grüne), in dem der als Architekt und Stadtplaner Beschäftigte ebenfalls seine rechtlichen Bedenken äußerte. Dies bestätigte Kruse.
Warum die CDU-Seevetal also enttäuscht und überrascht von dem Vorgehen der Freien Wähler und der Gruppe der Grünen/Linken ist, ist insofern nicht ganz nachvollziehbar.
Warnke Unverständnis rührte auch daher: "Es kamen sogar einige der anderen Parteimitglieder auf mich zu und sagten mir, was es für eine clevere Idee gewesen sei."
Röntsch gegen Plakatflut
Unabhängig von der Aussage Warnkes sagte Timo Röntsch: "Wenn jetzt jede Partei, die Landbesitzer kennt, einfach Plakate aufstellt, dann haben wir hier bald nur noch mobile Werbeaktionen. Wir wollen unser Seevetal lebenswert und schön gestalten und nicht durch Plakataktionen verunstalten."
Die Gemeinde Seevetal betrachtete die Werbeaktion als temporäre und mobile Werbung. Da die Bauzaunbanner auf Privatgrundstücken aufgestellt wurden und nur für einen begrenzten Zeitraum dort verbleiben sollten, sei dafür keine Genehmigung erforderlich. „Ehrenamtliche Organisationen, wie zum Beispiel die Freiwilligen Feuerwehren, nutzen Bauzaunbanner auf Privatgrundstücken ebenfalls, um nach neuen Mitgliedern zu suchen. Für uns gab es bisher keinen Anlass, solche Maßnahmen zu untersagen”, erklärte Seevetals Bürgermeisterin Emily Weede gegenüber Seevetal aktuell.
Joachim Kotteck (Linke) suchte das Gespräch mit Seevetals Bürgermeisterin Emily Weede. Kotteck: "Frau Weede sagte mir, dass sie nichts mit der Sache zu tun hätte und ich mich an die CDU wenden solle, ich wies sie dann auf ihre Position als Verwaltungschefin hin." Geführt hat das Gespräch an dem Tag laut Kotteck "zu nichts". Markus Warnke weist darauf hin, dass die CDU-Seevetal im Vorfeld sowohl mit Juristen vor Ort als auch mit dem Konrad-Adenauer-Haus in Berlin in Kontakt getreten sei und niemand der Befragten Verstöße sehen würde.
Mittlerweile sind die Bauzäune nach Aufforderung des Landkreises wieder entfernt worden. "Wir hatten die Aktion ohnehin nur bis Ende August angesetzt. Die Nachricht des Kreises kam also lediglich zwei Tage früher, danach wären sie ohnehin abgehängt worden", ergänzt Markus Warnke.
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Nicht genehmigungsfreie Werbung
Ob eine Plakatwerbung in Deutschland erlaubt ist oder nicht, ist nicht so einfach zu beantworten.
Viele der Aufbauten befanden sich innerorts auf Privatgrundstücken, einige allerdings auch außerhalb der Ortschaften. Dies ist insofern relevant, als die betreffenden Positionen unterschiedlichen Regularien unterliegen. Innerorts ist in Seevetal zuerst die Gemeinde zuständig, außerorts der Landkreis.
Die Erlaubnis der Außenwerbung bezieht sich stets auf die Gebietszughörigkeit der jeweiligen Flurstücke, Privatbesitz oder in öffentlicher Hand, sowie die Art der Werbung, zum Beispiel Sinn und Größe der Plakate. Außerorts ist Werbung stets baurechtlich abklären zu lassen.
Genehmigungsfrei sind Werbungen innerorts bis zu einem Quadratmeter - das übertrifft ein gewöhnlicher Bauzaun allerdings um mehr als das Fünffache.
Werbungen für Feste und Veranstaltungen sind genehmigungsfrei, insofern sie nicht gegen andere Vorgaben verstoßen (Größe, StVO etc.). Außerhalb von Ortschaften ist Werbung bis 20 Meter zum Fahrbahnrand untersagt und bedarf in jeglicher Größe einer Sondergenehmigung. Zusätzlich muss sich an das Straßenverkehrsrecht gehalten werden, Ampeln, Schilder und Einfahrten dürfen nicht verdeckt werden.
Joachim Kotteck (Linke) wartet aktuell auf eine Stellungnahme des Kreises: "Aus meiner Sicht stellt die Aktion eine Ordnungswidrigkeit dar und ich bin nicht damit einverstanden, dass das nicht abschließend behandelt wird. Es wäre wünschenswert, wenn alle Parteien gleich behandelt werden würden."
Es bleibt abzuwarten, wie der Landkreis die Sachlage rechtlich bewertet und weiter verfährt. Im Falle der Ordnungswidrigkeit kann der CDU-Seevetal ein Bußgeld drohen.
Markus Warnke verteidigt die Aktion: "Uns ging es darum, zu zeigen, dass wir das Feld nicht den extremen Parteien überlassen dürfen. Jedes CDU-Mitglied ist ein Multiplikator und verhindert, dass extreme Kräfte stärker werden."
Alles in allem war die Aktion für die CDU-Seevetal wohl trotz der Widrigkeiten ein Erfolg. So konnte die CDU-Seevetal in dem Zeitraum der aufgestellten Banner, also vom 9. Juni bis 28. August, einen höheren Mitgliederzuwachs verzeichnen als gewöhnlich.
Redakteur:Sven Rathert aus Seevetal | |
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