Stellenweise hitzige Bürgerversammlung
Asylbewerberunterkunft in Hittfeld wird schneller ausgebaut als geplant

Blick auf den ersten Bauabschnitt der Asylbewerberunterkunft an der Straße Am Küstergarten in Hittfeld | Foto: ts
  • Blick auf den ersten Bauabschnitt der Asylbewerberunterkunft an der Straße Am Küstergarten in Hittfeld
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Die in Bau befindliche Sammelunterkunft für Asylbewerber an der Straße Am Küstergarten in Hittfeld wird schneller errichtet als ursprünglich geplant. Der zweite Bauabschnitt mit 58 zusätzlichen Plätzen in Wohncontainerbauweise soll nicht erst 2023, sondern bereits in diesem Jahr entstehen und möglichst Ende November fertig sein. Das kündigte Kreissozialdezernent Reiner Kaminski am vergangenen Donnerstabend bei einer Bürgerinformationsveranstaltung im Veranstaltungszentrum Burg Seevetal an. 

Der erste Bauabschnitt mit Platz für 70 Menschen wird voraussichtlich Ende Oktober fertig sein. Die Bewohner könnten im November einziehen. Ob Familien oder alleinstehende Männer die neue Asylbewerberunterkunft in Hittfeld beziehen werden, sei noch nicht abzusehen. Das hänge von der Situation in der Landeszentralaufnahme ab, sagte Kaminski.

Die Zahl der vom Land Niedersachsen zugewiesenen Asylbewerber, die der Landkreis Harburg aufzunehmen hat, bleibt unverändert hoch. 40 Menschen pro Woche benötigen Obdach. Entspannung ist nicht in Sicht: "Wir rechnen mit einer Erhöhung der Quote im nächsten Jahr", sagt Kaminski. Die Aufnahmekapazität gilt als erschöpft: In den 40 zentralen Unterkünften des Landkreises Harburg seien zurzeit lediglich 100 Plätze frei. Bis Ende des Jahres habe der Landkreis noch 1.087 Asylbewerber aufzunehmen. Hinzu kommen geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Deren Unterbringung ist Aufgabe der Städte und Gemeinden.

Der Standort auf einer früher landwirtschaftlich genutzten Fläche an der Straße Am Küstergarten ist umstritten. Wie berichtet, halten die Anwohner die schmale Wohnstraße für ungeeignet. Warum nicht andere Standorte in Hittfeld in die Auswahl gelangt seien, will das Seevetaler Gemeinderatsmitglied Dr. Irmelin Schütze (Freie Wähler) wissen. Sie nennt das Gelände der alten Feuerwehrwache, das in der Nachbarschaft liegt. Die Freiwillige Feuerwehr steht vor einem Umzug in einen Neubau am Ortsrand.

Das Gelände der alten Feuerwehrwache sei keine Standortalternative - weder im vergangenen Januar, als der Landkreis sich nach möglichen Flächen für zusätzliche Asylbewerberunterkünften erkundigte, noch heute, entgegnet Seevetals Bürgermeisterin Emily Weede (CDU). Wegen Bauverzögerungen sei unklar, wann die Feuerwehr in den Neubau umziehen werde. "Es wäre unredlich, dem Landkreis ein Grundstück zu benennen, das nicht zur Verfügung steht."

Eine Bürgerin fragt nach dem Grundstück am Wiesengrund in Fleestedt, auf dem 2016 eine Sammelunterkunft errichtet, aber nie bezogen wurde. Mittlerweile sind die Wohncontainer wieder abgebaut, weil der Pachtvertrag beendet ist. Eine Antwort auf die Frage, warum dort nicht eine Flüchtlingsunterkunft errichtet wird, bleibt an dem Abend aus.

Missstimmung herrschte von Anfang an. Die Anwohner fühlen sich hintergangen, weil der Landkreis Harburg sie nicht vor Baubeginn frühzeitig informiert hat. Eine Verpflichtung dazu bestehe nicht, sagte Reiner Kaminski. "Es ist eine Frechheit, ignorant, dass Bürger vorab nicht informiert wurden", schimpfte eine Anwohnerin.

Anwohner wehren sich gegen die Asylbewerberunterkunft, möglicherweise vor Gericht. Sie und Gemeinderatsmitglied Anna Louise Wichalski (AfD) vermuten einen formellen rechtlichen Fehler. Die Sonderregelung im Baugenehmigungsverfahren, auf die sich der Landkreis Harburg beruft, sehe die Befristung der Unterkunft auf drei Jahre vor. Der Landkreis plane aber von vornherein, die Unterkunft fünf bis sieben Jahre zu betreiben. Reiner Kaminski verweist auf die anhaltend hohen Flüchtlingszahlen und die angespannte Lage am Wohnungsmarkt. Aber auch darauf, dass das Baurecht eine Verlängerung der Frist ausdrücklich vorsehe.

Furcht vor Kriminalität ist bei den Anwohnerinnen und Anwohnern ein großes Thema. "Ich glaube nicht, dass ich meine Tochter so spielen lassen kann wie bisher", sagt ein Anwohner. Wie er das meint, führt er nicht aus.

 "Wir haben keinen Anstieg von Kriminalität im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften", sagt Wiebke Hennig, Leiterin des Streifendienstes am Polizeikommissariat Seevetal. Wie sich das Unbehagen überwinden lasse, sagt Reiner Kaminski: "Man muss sich zutrauen, in die Unterkünfte zu gehen, um die Menschen kennenzulernen." Ehrenamtlichen, die in der Betreuung von Geflüchteten tätig sind, boten Anwohnerinnen und Anwohnern an, sie bei einem Besuch ihrer neuen Nachbarn zu begleiten.

Warum sich Anwohner in Hittfeld gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft wehren
Redakteur:

Thomas Sulzyc aus Seevetal

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