30 Jahre Mauerfall
Knut-Michael Wichalski aus Seevetal hat die Maueröffnung am 9. November 1989 in Westberlin miterlebt
(ts). Ein Zeitzeuge der Maueröffnung am 9. November 1989 ist Knut-Michael Wichalski, der heute in Seevetal-Hittfeld lebt. Am Grenzübergang Staaken/Heerstraße erlebte der damalige Geschäftsführer des FDP-Landesverbands in West-Berlin den Ansturm der Menschen auf die noch geschlossene Grenzschranke. Einen Tag später hatte er eine eilig einberufene Pressekonferenz mit dem damaligen Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) im Museum Haus am Checkpoint Charlie zu organisieren. "So eine Nacht vergisst man nicht", sagt Knut-Michael Wichalski - und erinnert sich an Details eines Abends, der Geschichte machen sollte.
Im Büro hat Knut-Michael Wichalski, damals 42 Jahre alt, die heute berühmte Pressekonferenz verfolgt, in der Günter Schabowski, Sprecher des Politbüros der SED, im DDR-Fernsehen konfus die neue Reiseregelung von einem Zettel vorlas. In der Folge strömten Menschen in Scharen an die Grenzübergänge. Mit seiner Frau suchte Knut-Michael-Wichalski den Grenzübergang an der Heerstraße auf, in dessen Nähe er wohnte. "3.000 bis 4.000 Menschen warteten bereits auf unserer Westberliner Seite. Auf der Ostseite warteten 30 oder 40 Grenzsoldaten. Sie waren bewaffnet, schauten misstrauisch. Ostberliner näherten sich in Autos dem Grenzübergang, gaben mit der Lichthupe Signale", beschreibt er das Szenario.
Die Atmosphäre sei explosiv gewesen. "Ich hatte Angst, dass die ostdeutschen Soldaten die Nerven verlieren und wir einen zweiten 17. Juni erleben", erinnert sich Knut-Michael Wichalski. Am 17. Juni 1953 hatten sowjetische Soldaten Streiks und Demonstrationen in der DDR gewaltsam niedergeschlagen. 34 Demonstranten und Zuschauer kamen dabei zu Tode.
Andere Grenzübergänge standen bereits offen. Westberliner Bürger hätten den Ostberliner Grenzbeamten an der Heerstraße Transitorradios an die Ohren gehalten, um sie von der Öffnung der Grenze zu informieren, erzählt Wichalski. "Plötzlich gegen Mitternacht sind die ganzen Soldaten zur Seite gegangen und die Grenze war offen", sagt er. "Wir haben Sekt getrunken und uns gefreut wie Bolle."
Von einem Lkw der Lebensmittelkette Kaiser's Tengelmann hätten Mitarbeiter Bananen in die Menge geworfen. Die Konkurrenz (Otto Reichelt) habe ebenfalls den Grenzübergang erreicht und verteilte Päckchen Eduscho Kaffee. "Nur für unsere ostdeutschen Landsleute", hätten die Mitarbeiter gerufen.
Am nächsten Tag um sieben Uhr morgens erhielt Knut-Michael Wichalski einen Anruf aus der FDP-Zentrale in Bonn, der damaligen Bundeshauptstadt. Wichalski müsse die Presse informieren, dass Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher, der noch zusammen mit Bundeskanzler Helmut Kohl bei einem Staatsbesuch in Polen weilte, eine Pressekonferenz am Abend des 10. November geben werde. Ein prestigeträchtiger Ort sollte es sein. Wichalski gelang es, das Haus am Checkpoint Charlie dafür zu gewinnen.
An diesem Abend begegnete Knut-Michael Wichalski Hans-Dietrich Genscher zum ersten Mal. Wie viele Menschen aus Ostberlin über die Grenze kämen und wie sie versorgt würden, habe Genscher von ihm wissen wollen. "Alle Westberliner geben ihr Bestes, versorgen die Leute", habe Wichalski geantwortet.
Knut-Michael Wichalski selbst ging an diesem Tag bei seinem Stammbäcker leer aus. "Die hatten alle Brötchen verschenkt. Die Ostdeutschen hatten ja noch keine D-Mark", erinnert er sich und lacht.
Knut-Michael Wichalski ist heute immer noch politisch engagiert. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Seevetaler Gemeinderat.
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Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
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