Seevetal
Warum sich Anwohner in Hittfeld gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft wehren
Nahezu alle Haushalte an der Wohnstraße "Am Küstergarten" , mit Ausnahme einzelner Nachbarn, die verreist sind, hätten die Unterschriftenliste unterzeichnet. Familienvater Michael Lange hat sie initiiert. Mit ihren Unterschriften bringen die Anwohner zum Ausdruck, dass sie die geplante Sammelunterkunft für Asylbewerber, die zurzeit im Bau ist, in ihrer Straße nicht wollen.
Vor wenigen Jahren sei er mit seiner Frau und seiner Tochter in die Straße gezogen, erzählt Michael Lange. Rund 20 Haushalte leben hier. Einfamilienhäuser hinter niedrigen Zäunen säumen hier die Straße, die am Ende in Felder mündet. Nur das Betriebsgebäude eines Umspannwerks fügt sich architektonisch nicht ein. Die kleine Familie habe Ruhe gesucht und hier gefunden. Diese sieht Familie Lange nun bedroht.
70 Asylbewerber - vermutlich aus Afrika, wie eine Anwohnerin aus der Kreisverwaltung erfahren habe - will der Landkreis Harburg in einer Sammelunterkunft auf einem zuvor landwirtschaftlich genutzten Feld ansiedeln. Das seien mehr Neuankömmlinge, als die Straße bisher Anwohner habe, lautet ein Einwand.
Die Ansiedlung von 70 Personen auf einem Feld am Ende der Straße wirkt durchaus verkraftbar. Warum wehren sich die Anwohner gegen die Flüchtlingsunterkunft?
Manche sprechen von einem ungeeigneten Standort. Straßenbeleuchtung fehle. Bekannt sei, dass die Entwässerung, wie mancherorts in Hittfeld, auf dem vorgesehenen Grundstück schwierig sei. Das Grundwasser stehe dort hoch. Und überhaupt: Woanders stünden Sammelunterkünfte doch leer, behaupten Anwohner. Und weiter: Mit der Flüchtlingsunterkunft würde der Wert ihrer Grundstücke sinken.
Im Gespräch wird schnell deutlich, was die Anwohner am meisten zum Widerstand bewegt. "Eine Sammelunterkunft mit hauptsächlich jungen Männern bedeutet, dass die Kriminalität steigt", behauptet eine Frau. Ihren Namen möchte sie in der Zeitung nicht lesen. Ihre Meinung sagt sie aber schon: "Für die Flüchtlinge sind wir doch alle Millionäre. Auf uns kommen Kosten zu. Wir alle hier haben keine hohen Zäune. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Geflüchteten die Privatgrundstücke akzeptieren."
Junge Männer vermutlich aus Afrika in der Nachbarschaft, von Krieg traumatisiert, möglicherweise an Kriegshandlungen und Tötungen beteiligt - diese Vorstellung löst bei den Anwohnern Unbehagen aus. "Diese Menschen mit traumatischen Erfahrungen haben ein anderes Verhältnis zum Tod als wir in Watte gepackt aufgewachsenen Europäer", sagt eine Frau.
Und wenn Geflüchtete aus der Ukraine in ihrer Nachbarschaft untergebracht würden? Wäre das etwas anderes? "Ja", antwortet eine Anwohnerin, "das sind meist Frauen mit Kindern." Ukrainische Frauen würde ihr keine Angst bereiten.
Misstrauen überschattete von Anfang an das Bauprojekt. Die Kreisverwaltung hatte die Anwohner nicht vor dem Baustart informiert. Manche erfuhren aus dem WOCHENBLATT, was in ihrer Straße errichtet wird. Andere von den Nachbarn. "Wir hätten uns einen Flyer im Briefkasten gewünscht", sagt Michael Lange.
Die Baustelle schreite schnell voran. "So schnell habe ich noch nie Bauarbeiter arbeiten sehen", sagt eine Anwohnerin. Sie äußert den Verdacht, dass der Landkreis Harburg möglichst schnell vollendete Tatsachen schaffen wolle. Ihre Nachbarn stimmen ihr zu, wittern offenbar Verschwörung. Denn wenn die Wohncontainer erst einmal aufgebaut seien, würden die Verwaltungsgerichte keinen Rückbau mehr anordnen, habe sie von einem Rechtsanwalt erfahren. Die angekündigte Informationsveranstaltung des Landkreises voraussichtlich Ende August halten die Anwohner deshalb für Hohn. Die Zeichen stehen auf Konfrontation. Eine Anwohnerin: "Ich überlege, mit einem Eilantrag vor Gericht einen Baustopp zu erwirken."
Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
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