Motivationsstrategie
Eventmanager Matthias Graf denkt die Feld- und Fließbandarbeit neu
(ts). Gamification bezeichnet einen Trend aus der Arbeitswelt. Unternehmen entdecken zunehmend, dass sich der menschliche Spieltrieb nutzen lässt, um eintönige Tätigkeiten spannender zu machen. Ziel ist die Steigerung der Produktivität.
Eine ähnliche Motivationsstrategie könnte sich der Eventmanager und Caterer Matthias Graf aus Seevetal-Emmelndorf bei der Fließbandarbeit oder in der Landwirtschaft vorstellen. Der Kern seiner Idee ist aber, das Gemeinschaftsgefühl der Beschäftigten zu stärken. Ungeliebte Knochenarbeit wie die Spargelernte sollten für Saisonkräfte zum Erlebnis werden, schlägt er vor. Zum Beispiel mit gemeinsamem Kochen und guter Musik. So könnten dringend benötigte Helfer für die Feldarbeiten gewonnen werden, die sonst nie in der Landwirtschaft zum Einsatz kämen. Sollten nicht ausreichend Feldarbeiter aus Südosteuropa wegen der Corona-Beschränkungen im kommenden Frühjahr zur Ernte nach Deutschland kommen dürfen, könnte eine neue Motivationsstrategie auf dem heimischen Arbeitsmarkt Gold wert sein.
Kaum eine Branche ist von der Corona-Pandemie härter betroffen als die Veranstalter. Das bundesweite Verbot von Großveranstaltungen wie Musikfestivals seit dem März 2020 hat die 50 Angestellten der Agentur 412 Events GmbH & Co. KG mit Sitz in Seevetal-Maschen in die Kurzarbeit gezwungen. Normalerweise hätten sie Menschen glücklich gemacht, Getränke und Speisen bei Musikfestivals und Konzerten kredenzt. Ihr Chef Matthias Graf entwickelt Ideen, wie sein junges und qualifiziertes Personal aus der unverschuldeten Passivität wieder in die Produktivität gelangen kann - solange, bis die Veranstaltungsbranche wieder loslegen darf.
Techniker, Teamleiter, Grafiker, Buchhalter oder Personaldisponenten beschäftigt der Eventmanager. Zusätzlich verfügt er über ein Netzwerk mit 6.000 jungen Menschen, die harte Arbeit im Catering gewohnt sind. "Viele sind Studenten. Erlebnisorientierte Menschen im Alter von 18 bis 40 Jahren", sagt Matthias Graf. Er arbeitet mit Partnern zusammen, die insgesamt 600 Foodtrucks mobilisieren können.
Das Potenzial der jungen, tatkräftigen Leute liegt in der Corona-Krise brach. Matthias Graf ist davon überzeugt, dass seine "Powerzapfer", wie er sein Catering-Personal liebevoll nennt, in fremden Branchen in zeitlich begrenzten Projekten wertvolle Arbeit leisten könnten. Feldarbeit oder Fließbandarbeit im produzierenden Gewerbe müssten nur erlebnisfreudiger organisiert sein.
Wenn junge Leute bei der Arbeit Musik hören und nach getaner Arbeit am Lagerfeuer zusammen kochen könnte das eintönige Arbeit attraktiver und zeitgemäßer machen. Und warum sollte in der Mittagspause nicht ein Foodtruck am Feld Street Food servieren und eine Band live spielen? Matthias Graf ist bewusst, dass er damit Unverständnis ernten wird. Dem hält er aber entgegen: "Der moderne Mensch will nicht nur Geld, sondern vor allem Erlebnis."
Unbestreitbar ist, dass in vielen Branchen ohne Arbeiter aus Osteuropa nichts liefe. Antworten bleibt der Arbeitsmarkt schuldig. Und wer eigentlich sagt, dass Feldarbeit und Fließbandarbeit spaßfrei sein müssen?
Redakteur:Thomas Sulzyc aus Seevetal | |
Webseite von Thomas Sulzyc | |
Thomas Sulzyc auf Facebook | |
Thomas Sulzyc auf YouTube |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.