Interview mit Reisebüro-Inhaberin
"Reisebüros werden weiter eine wichtige Rolle spielen"

Reisebüro-Inhaberin Ira-Angelina Mielck-Breckwoldt (li.) | Foto: Mielck
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os. Seevetal. In der vergangenen Woche demonstrierten in bundesweit mehr als 40 Städten Inhaber und Mitarbeiter von Reisebüros. Das WOCHENBLATT sprach mit Ira-Angelina Mielck-Breckwoldt, Inhaberin des Reise-Centrum Mielck in Seevetal-Maschen, über die derzeitige Situation.
WOCHENBLATT: Was sind konkret die Forderungen?
Ira-Angelina Mielck-Breckwoldt: Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Es ist wichtig, sich bei der Politik Gehör zu verschaffen, denn allein 100.000 Mitarbeiter arbeiten in Reisebüros. Hilfsaktionen konzentrieren sich vielfach auf Großkonzerne. Unsere Forderung an die Politik ist eine branchenspezifische Lösung in Form eines sofortigen Notfallfonds, schnell und unbürokratisch. Für uns Reisebüros geht es u. a. um rückzahlungsfreie sofortige Finanzhilfen für die Provisionsausfälle aller abgesagten Reisen.
WOCHENBLATT: Warum sind Reisebüros besonders von der Coronakrise betroffen?
Mielck-Breckwoldt: Durch die fortdauernden weltweiten Reisewarnungen entzieht die Politik der Branche für Monate jegliche geschäftliche Grundlage. Bei Reisebüros gibt es jedoch eine Besonderheit: Für die Vermittlung der Reisen erhalten wir erst mit Reiseantritt des Kunden die zustehenden Provisionen vom Veranstalter. Z. B. haben Kunden im Jahr 2019 Urlaubsreisen für April 2020 gebucht. Aufgrund der Reisewarnung müssen nun alle nicht angetretenen Reisen rückabgewickelt werden und es werden keine Provisionen gezahlt. Eventuell bereits gezahlte Provisionen fordern die Veranstalter von den Reisebüros zurück. Hinzu kamen die Rückholaktionen der Kunden aus den Zielgebieten weltweit, die unermüdlich und unentgeltlich auch mit Hilfe von uns Reisebüros abgewickelt wurden.
WOCHENBLATT: Welche Folgen hat das für Sie?
Mielck-Breckwoldt: Unsere erfolgreichen Vermittlungen der letzten Monate wurden mit einem Schlag zunichte gemacht. Ich denke, unsere Branche ist bereit, so lange wie nötig im Sinne der Gesundheit stillzustehen, allerdings muss man in der Zeit dieses Stillstandes dann auch den entstandenen Provisionsausfall ausgleichen.
WOCHENBLATT: In der vergangenen Woche haben Niedersachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ein Drei-Punkte-Szenario zur Reaktivierung der Tourismusbranche, der Hotellerie und der Gastronomie vorgestellt. Würde davon auch Ihre Branche profitieren?
Mielck-Breckwoldt: Leider nein. Der Schwerpunkt vieler Reisebüros liegt im Auslandsgeschäft, ob nah oder fern oder auch bei Kreuzfahrten. Diese werden monatelang so gut wie keine Reisen verkaufen können. Die Kapazitäten im Inlandsgeschäft sind begrenzt und wiegen die Verluste für die Reisebüros bei weitem nicht auf. Ein Ende der Krise ist leider nicht in Sicht und das bedeutet, dass diese Branche völlig unverschuldet ca. 90 Prozent Umsatzeinbußen im Jahr 2020 haben könnte. Die Kosten laufen jedoch weiter.
WOCHENBLATT: Wie erleben Sie persönlich die aktuelle Situation? Was gibt Ihnen Hoffnung, einigermaßen unbeschadet durch die Krise zu kommen?
Mielck-Breckwoldt: Ich bin mit meinem Büro 32 Jahre erfolgreich selbstständig und sicherlich krisenerprobt. Aber diese Krise ist beispiellos, weil sie auf unabsehbare Zeit die ganze Welt zum gleichen Zeitpunkt betrifft. Trotzdem muss man nach vorn schauen. Wir konzentrieren uns nun ganz auf die Saison 2021/2022, denn das Neugeschäft für 2020 ist zurzeit vollständig zum Erliegen gekommen. Viele Veranstalter und Reedereien schalten frühzeitig die Programme 2021/22 frei. Unsere Kunden stornieren vielfach nicht, sondern verschieben ihre Reisen auf das nächste Jahr. Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich bei allen Kunden bedanken, die uns so toll unterstützen.
Die Reisebüros mit ihren erfahrenen Spezialisten und persönlichem Service werden auch in Zukunft eine große Rolle spielen. Denn die Kunden wissen die Hilfe, die wir in dieser schweren Zeit leisten, sehr zu schätzen.

Redakteur:

Oliver Sander aus Buchholz

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