Generalstaatsanwaltschaft Celle beendet Ermittlungsverfahren
Aman Alizada (†): Der Polizist handelte in Notwehr
tk. Stade/Celle. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hat die Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens gegen den Polizeibeamten, der Aman Alizada (19) im August 2019 erschossen hat, eingestellt. Oberstaatsanwalt Bernd Kolkmeier: "Der Schusswaffeneinsatz war durch Notwehr gerechtfertigt." Im Windschatten der neuerlichen Todesschüsse auf einen Asylbewerber im Kreis Stade - ein 40-Jähriger Sudanese wurde in seiner Unterkunft in Harsefeld durch Polizeischüsse getötet - ist der Fall Alizada juristisch jetzt beendet.
Die Generalstaatsanwaltschaft Celle hatte Spuren aus der Wohnung des Getöteten, von der Kleidung sowie Schusskanäle erneut untersuchen lassen (das WOCHENBLATT berichtete). Die Staatsanwaltschaft Stade hatte zuvor das Ermittlungsverfahren eingestellt. Die Ergebnisse der neuerlichen Spurenauswertung decken sich mit dem, was der Polizeibeamte ausgesagt hat, so Oberstaatsanwalt Kolkmeier. Der Beamte sei von dem später Getöteten mit einer Eisenstange aus einer Entfernung von weniger als zwei Metern angegriffen worden. Was der Bruder von Aman Alizada über seinen Anwalt Thomas Bliwier geltend macht, dass Aman Alizada zum Zeitpunkt der Schüsse gekniet habe, lag oder zurückwich, kann laut Kolkmeier "ausgeschlossen werden".
Die Generalstaatsanwaltschaft Celle kommt auch zu dem Schluss, dass der Polizeibeamte von der Schusswaffe Gebrauch machen durfte. Es sei ihm nicht möglich gewesen, die 1,20 Meter lange und 6,5 Kilogramm schwere Eisenstange mit bloßen Händen abzuwehren. Der Beamte habe den jungen Mann vor den Schüssen zudem mehrfach aufgefordert, die Eisenstange fallenzulassen und Reizgas eingesetzt. Außerdem habe er einen gezielten Schuss in die Schulter des Schlagarms abgegeben. "Die weiteren Schüsse, von denen einer in die Brusthöhle des Angreifers traf und ihn tödlich verletzte, waren daher zur Abwehr des Angriffs erforderlich", so der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Celle.
Vom Niedersächsischen Flüchtlingsrat und Bürgerinitiativen, die sich ehrenamtlich um Geflüchtete kümmern, wurde grundsätzlich Kritik an dem Polizeieinsatz geübt. Die Lage sei grundlos eskaliert. Zudem sei bekannt gewesen, dass Aman Alizada psychische Probleme gehabt habe. Auch mit diesen Fragen hat sich die Ermittlungsbehörde beschäftigt. Die Notwehrlage sei von dem Beamten "nicht vorwerfbar provoziert worden", so der Oberstaatsanwalt. Dem Beamten sei die Ansprache einer der Polizei bereits psychisch auffälligen, bekannten Person zuzutrauen. Der Polizist habe sich "damit bewusst in eine Situation begeben, in der auch mit einem Angriff auf seine Person zu rechnen war". Dies gehöre zu den Dienstpflichten eines sogenannten gefahrengeneigten Berufs.
"Der Sachverhalt ist umfassend und lückenlos aufgeklärt", so Oberstaatsanwalt Bernd Kolkmeier. Die Einstellung des Verfahren durch die Staatsanwaltschaft Stade war rechtmäßig, eine Anklage könne nicht erhoben werden.
Gegen diese Entscheidung aus Celle könnte Strafverteidiger Thomas Bliwier jetzt ein Klageerzwingungsverfahren beim Oberlandesgericht (OLG) Celle anstrengen. Das könnte die erneute Aufnahme der Ermittlungen anordnen. Allerdings sei eine solche OLG-Entscheidung mit extrem hohen Hürden verbunden und nur sehr selten erfolgreich, so Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade.
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