Jede Spende wird dringend benötigt
DRK warnt: Blutkonserven sind knapp
(jab). Das Deutsche Rote Kreuz schlägt Alarm: Die Lager mit den Blutkonserven sind so gut wie leer und die Urlaubssaison steht vor der Tür. "Wir leben bei einigen Blutgruppen nach dem Prinzip von der Hand in den Mund", sagt Markus Baulke, Pressesprecher des DRK-Blutspendedienstes in Springe. Wenn nicht bald wieder mehr Menschen bereit sind, zur Blutspende zu kommen, sieht es düster aus. Auch die Landkreise Stade und Harburg sind betroffen.
Bis zu 25 Prozent weniger Spenden
Das DRK bittet immer wieder um Spenden und macht auf die Knappheit der Konserven aufmerksam. Doch was in der anstehenden Ferienzeit auf die Landkreise zurollen könnte, ist verheerend. Das zeigen schon jetzt die Zahlen aus dem Juni: 44.000 Blutspenden wären in Niedersachsen und Bremen notwendig gewesen, um den Bedarf der Kliniken zu decken (s. obenstehenden Artikel). Zu einem Termin erschienen sind allerdings nur 38.000 Menschen. Durchschnittlich, sagt Baulke, seien 15 Prozent weniger Spenden zusammengekommen - an den heißen Tagen sogar 25 Prozent. Schon jetzt können nicht alle Anfragen bedient werden, so Baulke. Täglich werden 2.300 Blutspenden benötigt. Derzeit allerdings noch mehr, da die Vorräte erschöpft seien und das Polster wieder aufgebaut werden müsse, so der Pressesprecher. 2.800 Personen wären gut, da nicht jede Spende geeignet sei.
Im Landkreis Stade spendeten im Juni durchschnittlich 121 Person pro Termin ihr Blut. Das waren im Vorjahr noch 13 Menschen mehr. "Wir spüren deutlich einen Rückgang", so Baulke. 28 Spender weniger im Vergleich zum Vorjahr waren es dagegen im Landkreis Harburg. Nur 76 Menschen pro Termin ließen sich das Blut abzapfen.
Die Befürchtung: Es wird noch Schlimmer
Doch woran liegt es, dass derzeit so wenig Menschen zur Blutspende gehen? "Der Rückgang war nach den Corona-Lockerungen deutlich zu merken. Danach sind die Zahlen stark zurückgegangen", sagt Baulke. Die Menschen hätten jetzt wieder mehr Freizeitangebote und Freiheiten. Ein Fakt, der diese These unterstützt: Mit den Einschränkungen im vergangenen März sei die Spendenbereitschaft enorm angestiegen. Baulke vermutet, dass die Menschen für das Thema sensibilisiert waren. In erster Linie war es aber wohl ein anderer Faktor. "Die Menschen hatten ganz einfach Zeit." Zudem habe es weniger Termine gegeben, da aufgrund der Hygieneregeln nicht alle Räumlichkeiten genutzt werden konnten. Da war der Andrang, wenn dann eine Spende stattfand, größer. Zwar seien die Vorräte ausreichend gewesen, allerdings wurden auch viele geplante Operationen verschoben, erklärt der Sprecher.
Baulke befürchtet, dass bald noch weniger Menschen Blut spenden, da die Ferien vor der Tür stehen. "Noch schwimmen wir mit der Nase knapp über der Wasseroberfläche", sagt Baulke. Daher ruft das DRK jeden auf, die Blutspendetermine wahrzunehmen. Dabei ist man nicht auf seinen Wohnort begrenzt. Baulke bittet auch die Menschen, die bereits gespendet haben, erneut zu einem Termin zu kommen. Denn jede Spende zählt.
Mangel in Kliniken bereits spürbar
Der Engpass bei Blutkonserven, vor dem das Deutsche Rote Kreuz in diesem Sommer ganz besonders eindringlich warnt, ist in den Kliniken bereits angekommen: "Wir spüren diesen Notstand wie alle andere Kliniken auch", sagt Dr. Steffen Friedewald, Chefarzt des Instituts für Labordiagnostik, Mikrobiologie und Transfusionsmedizin (ILMT) bei den Elbe Kliniken.
In den letzten Jahren habe es im Frühsommer regelmäßig solche Versorgungsengpässe gegeben, so der Chefarzt. In diesem Jahr sei die Situation durch die Corona-Pandemie noch komplizierter: "Viele Menschen sind verunsichert, ob sie beispielsweise nach einer Corona-Impfung Blut spenden dürfen." Doch das sei sofort möglich, sobald sich der Geimpfte wieder wohlfühlt.
Die Kliniken halten einen gewissen Depotbestand für Notfälle vor. Dieser ist aktuell allerdings reduziert, da das DRK nicht im gewohnten Umfang liefern kann. "Insbesondere die selteneren Blutgruppen wie Null Rhesus negativ sind derzeit Mangelware", so Friedewald.
Im Durchschnitt werden in den Elbe Kliniken ca. 15 Spenderblutkonserven benötigt. Der Bedarf schwanke sehr stark in Abhängigkeit von geplanten OPs und Notfällen, sagt Anette Hell, Transfusionsbeauftragte der Elbe Kliniken. An einzelnen Tagen könne der Bedarf leicht auf 30 oder mehr Blutkonserven steigen. Außerdem werden die Produkte bei bereits operierten Patienten mit chronischer Blutarmut und bei akuten Blutungen eingesetzt. "Auch für Schwersterkrankte auf den Intensivstationen ist eine ausreichende Versorgung mit Spenderblut oft überlebenswichtig", so Hell.
In den Elbe Kliniken wird stets nach dem Patient-Blood-Management (PBM) gearbeitet. Heißt: Blutprodukte sollen nur dann verabreicht werden, wenn es medizinisch unumgänglich ist und nicht durch andere Maßnahmen kompensiert werden kann. Der Bedarf wird somit ohnehin minimiert, aber nie zum Nachteil des Patienten. "Studien zeigen, dass sich viele Patienten durch ein stringenteres Blut-Management besser erholen. Da wird bei uns schon sehr genau hingesehen", so Friedewald. Dank des praktizierten Managements konnten noch alle geplanten Operationen durchgeführt werden. Aber: "Der Aufwand zur Beschaffung von Blutkonserven ist für die Mitarbeiter im Labor deutlich erhöht und wächst von Tag zu Tag." Auch aus diesem Grund hatten die Elbe Kliniken bereits Mitte Juni die Mitarbeiter zur Blutspende aufgerufen.
Vorräte nur begrenzt haltbar
Eine Vollblutspende beträgt 500 Milliliter. Aus ihr werden drei Produkte gewonnen. Das Blutplasma wird größtenteils für Medikamente eingesetzt und lässt sich auch einfrieren. Die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) werden für die klassische Blutkonserve benötigt. Sie hat eine Haltbarkeit von 49 Tagen. Blutplättchen (Thrombozyten), die eine wichtige Aufgabe bei der Blutgerinnung haben, sind nur vier Tage haltbar. Jeder Patient erhält nur das Produkt, das er benötigt.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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