Polizei ermittelt wegen Körperverletzung
Hund beißt 13-Jährigen in Stade: Vater fordert Konsequenzen
Ein Vater in Stade ist wütend: Sein 13-jähriger Sohn wurde in der vergangenen Woche Opfer einer Hunde-Beißattacke. Nur die dicke Winterjacke des Jugendlichen verhinderte Schlimmeres. Doch der Vater möchte die Sache nicht auf sich beruhen lassen. Er will erreichen, dass der Besitzer des Hundes strafrechtlich belangt wird. Außerdem richtet der Stader einen Appell an alle Hundehalter, mehr Verantwortungsbewusstsein zu zeigen, wenn sie mit ihren Tieren unterwegs sind.
Hundehalter kümmerte sich nicht um gebissenen Jungen
"Der Junge hat nachher den ganzen Abend geweint und gezittert", berichtet der entsetzte Vater. Sein Sohn habe sich regelrecht in einem Schockzustand befunden. Er sei in der Notaufnahme der Elbe Kliniken nicht nur chirurgisch versorgt, sondern auch psychiatrisch betreut worden. Der Vorfall ereignete sich in der Stader Parkstraße. Der 13-Jährige war mit seinem Freund auf dem Weg vom Vincent-Lübeck-Gymnasium in Richtung Altstadt, als er unvermittelt von einem nicht angeleinten Dobermann angegriffen und in den Rumpf gebissen wurde. Der Hundehalter soll sich anschließend nur um sein Tier gekümmert und den beiden Schülern keine weitere Beachtung geschenkt haben. Trotz des Schocks liefen die Jungen dem Mann hinterher und baten ihn um seine Kontaktdaten. Der Mann soll aber abgewunken und keine weitere Hilfe angeboten haben.
Anleinpflicht nur in der Fußgängerzone
Den Vater bringt dieses Verhalten in Rage. Er fragt sich, warum "große, nicht erzogene Hunde unangeleint in der Stadt herumlaufen dürfen und dann einfach Menschen beißen". Tatsächlich gibt es in Stade eine Anleinpflicht für Hunde. "Diese Pflicht gilt aber nur in der Fußgängerzone sowie bei öffentlichen Veranstaltungen wie Festumzügen, Märkten oder Volksfesten", erläutert der Pressesprecher der Hansestadt Stade, Stephan Voigt. Er verweist allerdings auf die Stader "Verordnung über die öffentliche Sicherheit und Ordnung". Darin steht: "Wer ein Tier hält oder führt, hat zu verhindern, dass dieses Tier Personen oder Tiere anspringt oder anfällt."
Die Polizei ermittelt jetzt
Stades Polizeisprecher Rainer Bohmbach bestätigt gegenüber dem WOCHENBLATT den Eingang einer entsprechenden Strafanzeige: "Wir ermitteln in diesem Fall jetzt wegen fahrlässiger Körperverletzung." Der Polizei sei der Name des Hundehalters bekannt. Diesem droht neben der Strafverfolgung sowie zivilrechtlichen Forderungen (Schmerzensgeld und Schadensersatz für die kaputte Jacke) weiteres behördliches Ungemach. Der Landkreis könnte aktiv werden, sofern das Beißopfer oder dessen Vater den Vorfall beim Amt für Veterinärwesen und Verbraucherschutz meldet.
Der Vater fordert auf jeden Fall Konsequenzen: Der Hundebiss hätte ohne die mehrlagig gefütterte Winterjacke ernsthafte Folgen haben können, denn die Bissstelle liege in Höhe der rechten Niere. "Mein Junge hat einfach nur Glück gehabt." Er möchte gar nicht darüber nachdenken, wenn beispielsweise ein Kleinkind attackiert worden wäre.
Beißvorfälle können beim Landkreis gemeldet werden
"Wenn wir einen Hinweis auf eine mögliche Gefährlichkeit eines Hundes – zumeist über die Geschädigten, die Polizei oder die Ordnungsämter – erhalten, dann prüft unser Amt für Veterinärwesen den Sachverhalt", sagt Landkreis-Sprecher Daniel Beneke. Ein Vordruck für die Anzeige solcher Vorfälle befindet sich auf der Internetseite des Landkreises (www.landkreis-stade.de, Stichwort "Beißvorfälle"). Eine Meldung kann aber auch formlos per Post, Fax oder E-Mail erfolgen.
Im Rahmen der Prüfung werden Zeugen (auch Geschädigte) angehört. "Je nach Schwere eines Vorfalls verhängt unser Amt kurzfristig einen vorläufigen Leinen- und Maulkorbzwang, um weitere Vorfälle mit dem Hund zu verhindern", erläutert Beneke. Sollte aufgrund der Befragung keine Beurteilung möglich sein, dann erfolgt eine amtstierärztliche Begutachtung des Hundes in seiner häuslichen Umgebung.
Wird nach abschließender Prüfung die Gefährlichkeit eines Hundes festgestellt, muss eine Erlaubnis zur Haltung des Tieres beantragt werden. Wird kein Antrag gestellt oder sind die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis nicht erfüllt, wird der Hund auf Kosten des Halters anderweitig untergebracht. Gilt der Hund als nicht gefährlich, gibt der Landkreis den Vorgang an die zuständige Gemeinde ab - mit Hinweisen für das weitere Vorgehen, wie etwa die Zusendung eines Schreibens über die Pflichten eines Hundehalters oder die Anordnung, mit dem Tier eine Hundeschule zu besuchen. Nach Angaben von Beneke wurden dem Landkreis im Jahr 2023 insgesamt 60 Vorgänge gemeldet.
In Niedersachsen gibt es keine "Listenhunde"
In seiner Verärgerung über die gegen seinen Sohn gerichtete Beißattacke sprach der Vater von einem "Kampfhund". Doch dieser Begriff ist rechtlich irreführend. Die meisten Bundesländer listen in ihren Hundegesetzen bestimmte Rassen auf, die grundsätzlich oder "unwiderlegbar" als gefährlich gelten. Zu diesen "Listenhunden" zählen je nach Bundesland u.a. Bullterrier, Pitbulls, (American) Staffordshire Terrier oder Tosa Inu. In Niedersachsen gibt es ebenso wie in Schleswig-Holstein und Thüringen im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern keine Rassenliste mit gefährlichen "Listenhunden". Wie die zuständige niedersächsische Agrar- und Verbraucherschutzministerin Miriam Staudte (Grüne) ausführt, gebe es aus wissenschaftlicher Sicht keinen Grund, bestimmte Hunderassen aufgrund von Merkmalen wie Größe, Gewicht oder Beißkraft als besonders aggressiv oder gefährlich einzustufen. Ohnehin gilt ein Dobermann mit Ausnahme von Brandenburg nirgendwo als "Listenhund".
In sechs Bundesländern, darunter Niedersachsen, müssen sämtliche Hunderassen - unabhängig von ihrer Gefährlichkeit - haftpflichtversichert sein.
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