Land sei schuld am "Lehrgangselend"
Kritik des Stader Kreisbrandmeisters: Zu wenig Kurse für Feuerwehrleute

Kreisbrandmeister Peter Winter (kl. Foto) kritisierte auf der Versammlung der Feuerwehr-Führungskräfte im Landkreis Stade das schlechte Schulungs-Angebot des Landes | Foto: Daniel Beneke/Stefan Braun
  • Kreisbrandmeister Peter Winter (kl. Foto) kritisierte auf der Versammlung der Feuerwehr-Führungskräfte im Landkreis Stade das schlechte Schulungs-Angebot des Landes
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Auch wenn ihre Tätigkeit "nur" ehrenamtlich ist, müssen Feuerwehrleute im Ernstfall wie Profis agieren. Wenn es brennt oder sich ein Unfall ereignet hat, muss bei den Einsatzkräften vor Ort jeder Handgriff sitzen - um andere nicht zu gefährden und sich selbst zu schützen. Dafür ist eine fundierte Ausbildung erforderlich. Dafür opfern die Freiwilligen aus den Ortswehren des Landkreises Stade auch gern ihre Freizeit. Doch das Angebot des Landes bei der Ausbildung der Freiwilligen Feuerwehren reicht in vielerlei Hinsicht nicht aus. Die Situation beim Lehrgangs-Programm hat sich aktuell noch verschärft. Grund genug für Stades Kreisbrandmeister Peter Winter, auf der jüngsten Dienstversammlung der Orts-, Gemeinde- und Stadtbrandmeister im Gasthaus Meier in Estorf-Gräpel deutliche Worte zu finden. Das Angebot an Lehrgängen beim Niedersächsischen Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz (NLBK) sei völlig unzureichend, so Winter. Er sprach von einem „Lehrgangselend“.

Truppmann-Ausbildung auf kommunale Ebene verlagert

Der Kreisbrandmeister berichtete zudem von „drastischen Änderungen“ bei der Ausbildung am NLBK. Die bisher dort angesiedelte Truppführer-Ausbildung werde eingestellt, die Truppmann-Ausbildung auf kommunaler Ebene über zahlreiche Module neu geregelt. Der „extrem kurzfristig festgelegte Entfall des Truppführer-Lehrgangs“ sei „aus reiner Not heraus geboren und auch sehr hemdsärmelig umgesetzt“ worden. Mit Befremden reagierte der Kreisbrandmeister darauf, dass derlei Veränderungen seitens des Landes „als Quantensprung und große notwendige Innovation in Sachen Ausbildung verkauft“ würden. Notwendige Unterlagen, die zur Planung der in die Städte und Gemeinden verlagerten Ausbildung zwingend erforderlich seien, gebe es erst seit Oktober. Die Umsetzung beginne aber bereits ab Januar 2024.

Stader Kreisbrandmeister übt Kritik am geplanten Brandschutzgesetz

Kritik an "blinden Zuweisungen"

Auch hinsichtlich der übrigen Lehrgänge, die noch direkt vom NLBK angeboten werden, übt Winter scharfe Kritik. Erst Ende Oktober seien der Kreisfeuerwehr die Termine für die im kommenden Jahr verfügbaren Kurse mitgeteilt worden. Trotz frei werdender Kapazitäten durch den Wegfall der Truppführer-Ausbildung stünden für die Freiwilligen aus dem Landkreis Stade vier Lehrgangsplätze weniger als 2023 zur Verfügung, so der Kreisbrandmeister. Erschwerend komme hinzu, dass nicht wie bisher der Lehrgangsbedarf in den Landkreisen erfragt werde, sondern es „blinde Zuweisungen“ durch das Landesamt gebe. Die erst vor drei Jahren neu eingeführten Kurz-Lehrgänge „Gerätebeauftragter“ und „Atemschutzgerätebeauftragter“ würden gar nicht mehr angeboten.

Schwerpunkt in Katastrophenschutz verlagert

Auch diverse Fortbildungen sind laut Winter von den Streichungen betroffen– etwa zu den Themen Absturzsicherung, Atemschutznotfalltraining und Hochwasserschutz. "Der vollmundigen Ankündigung des NLBK, dass spezielle Schulungen zu aktuellen Themen wie zur E-Mobilität angeboten werden sollen, sind leider wieder einmal keine Taten gefolgt", kritisierte der Kreisbrandmeister. Offenbar verlange das NLBK seinen Schwerpunkt in Richtung Katastrophenschutz. "Ohne gut ausgebildete Feuerwehrmitglieder gibt es aber auch keinen guten Katastrophenschutz", unterstrich Winter. Um bei diesem Aspekt zu bleiben: Im Winter soll der neue Fachzug „Energie“ einsatzbereit sein. Das bedeutet eine Stärkung des Katastrophenschutzes im Landkreis Stade. Mehr als 80 Feuerwehrleute haben Interesse an einer Mitarbeit bekundet. Ihre Aufgabe: Planung, Aufbau und Unterhaltung von Notstromnetzen. Außerdem können die Führungskräfte die Einsatzleiter bei Einsätzen mit Elektrogefahren beraten.

Großeinsatz der Feuerwehr am Industriebahnhof Stade-Brunshausen

Weniger Einsätze als im Vorjahr

Der Kreisbrandmeister ließ auf der Versammlung auch das zu Ende gehende Jahr Revue passieren. 3.216 Einsätze haben die 92 Ortsfeuerwehren im Landkreis seit dem 1. November 2022 absolviert – 931 weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Grund: Extreme Sturmlagen wie im Vorjahr mit einem massiven Einsatzaufkommen sind bisher ausgeblieben. Gleichwohl hätten die Einsatzkräfte reichlich zu tun gehabt – etwa bei Vegetationsbränden. Der Kreisbrandmeister lobte, dass sich viele Wehren auf die immer stärker steigende Gefahr eingestellt hätten. Er hob spezielle Ausrüstung, Ausbildung und Einsatzkonzepte hervor. Im Schnitt gibt es pro Tag zwischen acht und neun Feuerwehreinsätze.

Gute Ausstattung ist wichtig

Landrat Kai Seefried sprach den Feuerwehrleuten im Namen von Kreistag und -verwaltung seinen Dank für ihre herausragende Einsatzbereitschaft aus. Er berichtete von den Investitionen in die Ausstattung des Einsatzzuges „Energie“, der unter anderem mit Stromaggregaten ausgestattet wird. Neu beschafft werden sollen zudem ein Gerätewagen Messtechnik und ein Einsatzleitwagen für den Führungsdienst Umwelt. "Wir legen einen großen Wert darauf, unsere Feuerwehren gut auszustatten", betonte der Landrat. Der Landkreis stehe vor allem im Bereich des Katastrophenschutzes vor großen Herausforderungen, erklärte Seefried. Im Arbeitskreis Krisenplanung werde – auch unter Beteiligung der Kreisfeuerwehr – derzeit ein Katastrophenschutzplan zum Thema „Energiemangellage“ erarbeitet. 

Weihungszeremonie für die neue Standarte der Stader Kreisfeuerwehr

Bau des Katastrophenschutz-Zentrums im Zeitplan

Der Katastrophenschutzstab der Kreisverwaltung kam in diesem Jahr zweimal zu Übungen zusammen. „Das wohl sichtbarste Zeichen für die sich verändernde Lage“ ist aus Sicht des Landrates der Neubau des Katastrophenschutzzentrums in Stade-Ottenbeck, das im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden soll. Seefried sprach von einem „extrem ehrgeizigen und schnellen Zeitplan“, der nach dem derzeitigen Stand aber eingehalten werde. Neben einer 3.600 Quadratmeter großen Logistikfläche stünden rund um die Uhr einsatzbereite Räume für den Katastrophenschutzstab, die technische Einsatzleitung und die Fachberater zur Verfügung. "Wir werden uns technisch deutlich verbessern", sagte Seefried. Er sei dem Kreistag sehr dankbar, dass dieser innerhalb einer kurzen Beratungszeit einstimmig zwölf Millionen Euro bereitgestellt habe.

Zur vom Kreisbrandmeister angesprochenen Lehrgangssituation sagte Seefried: „Ich erwarte, dass dieses Ehrenamt auf der Landesebene die Anerkennung findet, die es verdient. Das, was derzeit dort stattfindet, macht mir große Sorgen.“ Er erlebe „wieder einmal ein Abwälzen von Landesaufgaben auf die kommunale Ebene und auf das Ehrenamt. Das kann und das darf nicht richtig sein.“ Schon im März habe er dieses Problem gegenüber Innenministerin Daniela Behrens (SPD) angesprochen. „Wir stehen an der Seite unserer Feuerwehren“, beteuerte der Landrat.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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