Der tödliche Irrtum an der Auffahrt
Nach Todesfahrt auf der A26: Nützen größere Warnschilder für Geisterfahrer etwas?
jd. Stade. Wie ist die 87-jährige Autofahrerin bei ihrer Geisterfahrt am vergangenen Wochenende auf die falsche Fahrspur gelangt? Dazu Polizeisprecher Rainer Bohmbach: "Wir gehen davon aus, dass die Frau vom Kreisel Kaisereichen in Richtung Cuxhaven abbiegen wollte und dann bei der Auffahrt auf die linke Seite geraten ist." Die Spuren für die Auf- und Abfahrt sind an dieser Stelle auf einer Länge von rund 60 Metern nur durch einen weißen durchgezogenen Mittelstrich voneinander getrennt. Die Polizei vermutet, dass die Seniorin in diesem Bereich ihren folgenschweren Fahrfehler begangen haben muss und ihr Auto wohl auf die falsche Seite lenkte.
Hier ist die ursprüngliche Meldung:
Die 87-Jährige könnte womöglich mit dem Kreisverkehr überfordert gewesen sein. Der sogenannte "schwebende Kreisel", der in einer aufwändigen Konstruktion über der B73 angelegt wurde, wirkt für manche Autofahrer auf den ersten Blick verwirrend. Man muss schon genau hinschauen, wohin die vier Arme abzweigen. Von einem Unfallschwerpunkt kann bei diesem Kreisel aber keine Rede sein. 2020 ereignete sich dort ein Unfall mit Schwerverletzten. In den Vorjahren waren es auch nicht mehr.
Auch die Zahl der Geisterfahrer, die nach Kenntnis der Polizei auf dem kurzen A26-Abschnitt zwischen Stade und Jork unterwegs sind, hält sich in Grenzen. In den vergangenen fünf Jahren gab es vier Fälle - einschließlich des jetzt für zwei Menschen tödlich ausgegangenen Unglücksfalls. Die anderen Geisterfahrten gingen glimpflich aus, es gab keine Unfälle. Die Verkehrssünder wurden von der Polizei erst später gestoppt - wie der Fahrer eines polnischen Sattelzuges, der 2016 auf der falschen Autobahnseite Richtung Stade fuhr.
Die Auffahrt am Stader Kreisel ist wie die meisten Autobahnanschlussstellen in Deutschland gestaltet: Zwei Einfahrt-Verboten-Schilder (Zeichen 267) stehen beiderseits der linken Fahrspur, nachdem sich die Fahrbahn teilt. Diese zwei Warnschilder, die man von den Einbahnstraßen kennt, muss die Falschfahrerin offenbar übersehen haben. Um hier potenzielle Geisterfahrer noch eindringlicher vor der Nutzung der falschen Spur zu warnen, könnte man sich Österreich zum Vorbild nehmen. Dort ist das Schild mit dem Hinweis "Durchfahrt verboten" eingebunden in eine große gelbe Tafel, auf der eine große schwarze Hand sowie die Worte "Stop" und "falsch" prangen. Doch selbst diese unübersehbare Warnung ist keine Garantie, Geisterfahrer fernzuhalten.
Daher wird auch über technische Lösungen nachgedacht. Eine Idee ist, Induktionsschleifen in den Fahrbahnbelag einzubauen, bei deren Überfahren in falscher Richtung warnende Lichtsignale in Betrieb gehen oder eine Warntafel aufleuchtet. Andere Ansätze sehen spezielle Funktionen in den Fahrzeugen vor, mit denen Geisterfahrer ausgebremst und anderen Verkehrsteilnehmern eine Gefahr durch ein falsch entgegenkommendes Auto gemeldet wird.
Ein weiterer Lösungsansatz kommt ebenfalls aus Österreich. An einigen Autobahnzufahrten wurden dort sogenannte Geisterfahrerkrallen in den Boden eingelassen. Aktuell sind 20 dieser Krallen im Einsatz. Doch diese rund 30.000 teuren Systeme, die sich bei Geisterfahrten öffnen und das Auto stoppen, sind sehr wartungsintensiv. Sie müssen etwa bei Frost extra enteist werden. Außerdem gab es schon Fehlfunktionen, bei denen Autos in die Fänge der Krallen gerieten, die korrekt unterwegs waren.
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