Prozess um den Kindesmissbrauch von Lügde hat begonnen
Stader sitzt mit auf der Anklagebank

Kinder sind nach einem Missbrauch oftmals schwer traumatisiert  Symbolfoto: Fotolia/Brian_Jackson
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jd. Detmold/Stade. Vor dem Landgericht Detmold hat am Donnerstag der Prozess um den Kindesmissbrauch von Lügde begonnen. Damit wird einer der umfangreichsten und schlimmsten Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern, die sich je in Deutschland ereignet haben, juristisch aufgearbeitet. Auf der Anklagebank sitzt neben den zwei Haupttätern Andreas V. und Marios S. auch ein Mann aus Stade: Dem 49-jährigen Heiko V. wird vorgeworfen, seine Komplizen zu einigen Taten angestiftet zu haben und dabei per Videochat zugeschaut zu haben. Der Verteidiger des Staders bemüht sich derzeit, das Verfahren gegen seinen Mandanten vom Prozess abzutrennen, weil dessen Schuld weniger schwer wiegen soll.

Allein die Verlesung der Anklageschrift nahm mehrere Stunden in Anspruch. Laut Staatsanwalt waren die jüngsten Opfer von Dauercamper Andreas V. erst vier Jahre alt. Ihm werden 298 Straftaten zur Last gelegt, darunter der mehrfache Beischlaf mit zehn Kindern. Mario S. soll in 162 Fällen acht Mädchen und neun Jungen missbraucht haben. Einige der minderjährigen Opfer sollen auch nacheinander von den beiden Haupttätern missbraucht worden sein, zunächst im Wohnwagen des einen Täters, dann in dem Wohnwagen des Komplizen.

Dem Angeklagten aus Stade wirft die Staatsanwaltschaft vor, in vier Fallen per Webcam bei den Missbrauchshandlungen zugeschaut zu haben. Außerdem ist Heiko V. wegen des Besitzes kinder- und jugendpornografischer Schriften angeklagt. Bei der Durchsuchung seiner Stader Wohnung wurden im Januar 42.719 einschlägige Bild- und Videodateien gefunden. Heiko V. habe die "sexuellen Handlungen des Angeschuldigten Andreas V. an einem Kind über die Webcam beobachtet und kommentiert", heißt es in einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft. "In einem weiteren Fall soll er während eines Livechats vor den Augen der anwesenden Kinder onaniert haben."

Heiko V.s Verteidiger Jann Henrik Popkes hatte sich im Vorfeld um eine Entlassung seines Mandanten aus der U-Haft bemüht. Zwei Anträge auf Haftentlassung lehnte das Gericht ab, einen dritten Antrag zog Popkes zurück. Laut Presseberichten betrachtet der Anwalt die Taten als weniger schwerwiegend. Sein Mandant habe sich strafbar gemacht und den Besitz kinderpornografischen Materials sowie seine Teilnahme an den Livechats zugegeben, erklärte Popkes gegenüber dem Nachrichtenmagazin Spiegel.

"Ohne die Vorwürfe gegen meinen Mandanten zu bagatellisieren, ist es aber ein Unterschied, ob ich ein Kind selbst missbrauche oder ob ich ein Zaungast bin", zitiert der Spiegel den Rechtsanwalt. Popkes wolle sich daher dafür einsetzen, das Verfahren gegen den Stader vom laufenden Prozess abzutrennen. Popkes halte eine Bewährungsstrafe für realistisch.

Solch eine Verfahrensabtrennung ist juristisch möglich. Darüber entschieden wird von den Richtern des Landgerichts im Rahmen der Hauptverhandlung. Ob Heiko V. bei einem gesonderten Prozess mit einer milderen Strafe rechnen kann, ist allerdings fraglich.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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