Bußgelder hierzulande eher moderat
Ärgernis Blitzer: Teures Reiseandenken für WOCHENBLATT-Redaktionsleiter
Wer bringt nicht gerne das eine oder andere Souvenir aus dem Urlaub mit? Doch auf manches "Reiseandenken" kann man getrost verzichten. Ein solches ungewolltes Erinnerungsstück flatterte kürzlich dem Stader Redaktionsleiter Jörg Dammann ins Haus - in Form eines Bußgeldbescheides. Er wurde beim Familien-Urlaub geblitzt. Hier sein Bericht:
"Zu schnell gefahren: Das muss mir ausgerechnet im beschaulichen Luxemburg passieren, wo doch eher eine gemächliche Fahrweise angebracht ist. Wer nämlich zu flott unterwegs ist, läuft Gefahr, den Zwergstaat komplett zu durchqueren, ohne es überhaupt zu bemerken. Allerdings weiß ich nicht, worüber ich mich mehr ärgern soll: über mich oder über die Höhe des Bußgeldes. Laut Bescheid war ich nach Abzug der Toleranz in einer Tempo-70-Zone ganze drei Stundenkilometer zu schnell. Dafür muss ich 49 Euro Bußgeld zahlen.
Ein stolzer Tarif, finde ich. Das Raubrittertum scheint sich in dem burgenreichen Land bis heute erhalten haben, so mein erster Gedanke, nachdem ich den Brief von der 'Police Letzebuerg' geöffnet hatte. Immerhin soll ich pro km/h, den ich zu schnell war, mehr als 16 Euro berappen. In Deutschland sind viele Blitzer so eingestellt, dass sie bei solch einer geringen Geschwindigkeitsübertretung gar nicht anschlagen. Und wenn doch, fällt das Bußgeld deutlich geringer aus.
Nach dem aktuellen Bußgeldkatalog, der seit einem Jahr in Kraft ist, sind 20 Euro fällig, wenn ein Autofahrer außerorts bis zu zehn Kilometer zu schnell ist. Selbst wenn man 15 km/h schneller als erlaubt fährt, liegt das Bußgeld mit 40 Euro noch immer unter dem Luxemburger Tarif. Der kennt im Prinzip nur zwei Stufen: Erstens bis 20 km/h zu schnell und zweitens mehr als 20 km/h zu schnell. Das eine kostet 49 Euro, das andere 145 Euro. Extreme Raser wiederum kommen gleich vor Gericht.
Die 49 Euro sollte ich jetzt schleunigst überweisen. Ich hoffe nur, dass mein Bußgeld nicht in die großherzogliche Schatulle wandert, sondern in den weiteren Ausbau des öffentlichen Personenverkehrs gesteckt wird. Dessen Nutzung ist übrigens gratis - auch für uns Ausländer. Luxemburg ist das erste Land der Welt, in dem jeder kostenlos mit dem Bus oder der Bahn fahren kann. Der Nulltarif wurde Anfang 2020 eingeführt. Das haben wir natürlich auch genutzt, ebenso wie das günstige Tanken (1,58 Euro für Benzin). In diesem Sinne war es doch ein preiswerter Urlaub, auch wenn nachträglich ein 'Aufschlag' von 49 Euro fällig wurde."
Jörg Dammann
Blitzer-Einnahmen im Landkreis Harburg deutlich höher als im Landkreis Stade
Das WOCHENBLATT nahm den Bußgeld-Erlebnisbericht zum Anlass, die aktuelle Blitzer-Statistik bei den Landkreisen Harburg und Stade abzufragen. Wie berichtet, kommt im Landkreis Stade seit diesem Frühjahr ein neues Gerät zum Einsatz: Der Radar-Trailer "Anette" (Foto) ist ein sogenannter semistationärer Blitzer, der rund um die Uhr eingesetzt und unkompliziert zu einem anderen Standort gebracht werden kann. Im Vergleich zu stationären Blitzern, deren Position ortskundigen Autofahrern bekannt ist, liegt die "Trefferquote" bei "Anette" deutlich höher. Rund 280.000 Euro Einnahmen an Bußgeldern hat der Blitzeranhänger bisher eingebracht.
"Anette" nicht mitgerechnet, erzielte der Landkreis Stade in diesem Jahr bis September "Einnahmen aus Verkehrsordnungswidrigkeiten" in Höhe von rund 1,5 Millionen Euro (bei knapp 23.000 Verstößen im fließenden Verkehr). Im gleichen Vorjahreszeitraum waren es etwas mehr als 960.000 Euro (ca. 18.500 Verstöße). Aktuell sind kreisweit außer dem Radar-Trailer elf stationäre und zwei mobile Blitzer im Einsatz.
Die Steigerung bei den Verstößen - und damit auch bei den Buß- und Verwarngeld-Einnahmen - ist nicht nur auf das erhöhte Verkehrsaufkommen nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen zurückzuführen. Bei den mobilen Blitzern durfte 2021 ein bestimmtes, auch vom Landkreis Stade verwendetes Modell nicht mehr eingesetzt werden. Laut Gerichtsurteil lagen Messwerte jenseits der Fehlertoleranz, sodass die Messungen als nicht rechtssicher eingestuft wurden. Außerdem gab es technische Defekte an stationären Anlagen.
Deutlich höher waren die Einnahmen aus Verkehrsvergehen in den entsprechenden Zeiträumen im Landkreis Harburg. In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres wurden knapp 2,9 Mio. eingenommen (fast 55.000 Geschwindigkeits- und Rotlicht-Verstöße). In diesem Jahr haben sich die Einnahmen verdoppelt: Von Januar bis September flossen fast 5,8 Millionen Euro in die Landkreis-Kasse (mehr als 70.000 Verstöße). Im Landkreis Harburg erfolgt die kreiseigene Geschwindigkeitsüberwachung durch einen Blitzeranhänger, zwölf stationäre Messanlagen und acht mobile Blitzer.
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