Altenpfleger-Job ist besser als sein Ruf / Schülerpraktikum in der Seniorenresidenz
lt. Buxtehude. Lehrer haben ständig frei, Erzieher machen nichts, außer mit Kindern zu spielen, und ein Apotheker mixt den ganten Tag Tinkturen an - von den meisten Berufen haben alle, die nicht in dem Job arbeiten, eine völlig falsche Vorstellung. Insbesondere junge Leute stellen sich das Berufsleben oft anders vor, als es tatsächlich ist. Das haben in den vergangenen Wochen wohl auch viele Zehntklässler gemerkt, die im Rahmen ihres Schülerpraktikums in die Arbeitswelt hineinschnupperten.
Eine von ihnen ist Wiktoria Nowak (18). Die polnische Austauschschülerin besucht für drei Monate das Gymnasium Süd in Buxtehude und hat "zufällig" genau den passenden Praktikumsplatz gefunden - in der K&S Seniorenresidenz in Buxtehude.
"Eigentlich wollte ich in den Einzelhandel oder in die Gastronomie, um mein Deutsch zu verbessern", sagt Wiktoria. Jetzt ist sie froh, dass es anders kam und sie in der Altenpflege gelandet ist. Es mache ihr viel Freude, mit den Bewohnern zu reden, mit ihnen spazieren zu gehen, ihnen beim Essen zu helfen und einfach für sie da zu sein, sagt die junge Frau, die zum ersten Mal einen Beruf kennenlernt. In Polen gebe es keine Schülerpraktika.
Natürlich gehöre zur Altenpflege aber deutlich mehr als das, was Wiktoria innerhalb von drei Wochen mitbekommt, betont Lars Oldach, Leiter der Seniorenresidenz. Es gebe auch einige weniger schöne Seiten. Dennoch hält er ein dreiwöchiges Praktikum für sinnvoll, um herauszufinden, ob einem die Tätigkeit liege.
Ihn ärgert, dass das Image des Jobs oft schlecht sei und man angeblich wenig als Altenpfleger verdiene. Dabei liege die Ausbildungsvergütung bei mehr als 1.000 Euro und man verdiene mehr als in vielen anderen Jobs. Und das bei einer Fünf-Tage-Woche.
Entgegen des Trends habe man in der Buxtehuder Seniorenresidenz auch keinen Fachkräftemangel zu beklagen, so Oldach. Derzeit arbeiten 17 Auszubildende in der Einrichtung, auch für das kommende Jahr seien die Plätze belegt. Ungefähr die Hälfte davon seien Mitarbeiter, die sich weiter qualifizieren. Alle würden später übernommen.
Grundsätzlich sei es nie zu spät, sich für eine Ausbildung in der Altenpflege zu entscheiden, sagt Lars Oldach. Es sei sogar ein Vorteil, wenn man bereits eine gewisse Lebenserfahrung und gute Allgemeinbildung mitbringe. Man müsse sich ja auch mit den Bewohnern unterhalten können.
Ob Wiktoria Nowak mal in der Altenpflege arbeiten wird, weiß sie noch nicht. Erstmal wolle sie nach dem Abitur in Polen studieren. Aber eins steht für die junge Frau nach ihrem Praktikum fest: "Ich möchte mir auch in meiner Heimat ein Seniorenheim angucken und herausfinden, wie dort der Arbeitsalltag ist".
Moment mal: Mehr Praxis in der Schulzeit
Es ist wichtig, dass junge Menschen frühzeitig in viele unterschiedliche Berufe hineinschnuppern können. Dass an vielen Schulen nur ein einziges Praktikum und ein "Zukunftstag" absolviert werden müssen, finde ich zu wenig.
Gerade in Berufsfeldern, in denen Fachkräfte fehlen - wie z.B. Erzieher oder Altenpfleger - könnte es sinnvoll sein, Schüler im Rahmen des Lehrplans quasi zu einem Praktikum zu "zwingen". Manch einer würde vielleicht feststellen, dass ihm ausgerechnet ein Job Spaß macht, der vorher nie zur Debatte stand. Lena Stehr
Redakteur:Lena Stehr |
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