Anwohner als Melkvieh?
bc. Stade. Viele Anwohner an der Schölischer Straße fühlen sich von der Stadtverwaltung schlecht behandelt. Ihre Straße soll in diesem Jahr ausgebaut werden. Und dafür sollen die Hausbesitzer zur Kasse gebeten werden. Mit bis zu 40 Prozent der Kosten. „Das sind für einzelne Besitzer geschätzte Kosten von rund 12.000 Euro. Niemand konnte damit rechnen“, klagt Anwohner Hubert Hansel. Das WOCHENBLATT hörte sich die Kritikpunkte bei einem Ortstermin an. Zwölf Eigentümer waren dabei.
Was ist geplant? Die ca. zwei Kilometer lange Straße soll auf eine Breite von 6,50 Meter verengt werden. Zudem sollen kombinierte Geh- und Radwege sowie zwei Kreisverkehrsplätze entstehen. Darüber hinaus wird der Regen- und Schmutzwasserkanal erneuert. Voraussichtlich ein Jahr werden die Arbeiten dauern.
Die Grundstückseigentümer können nicht verstehen, warum sie für die Maßnahme bezahlen sollen, zumal es sich ihrer Ansicht nach bei der Schölischer Straße um keine innerörtliche Durchgangsstraße handelt, sondern um eine Einfallstraße für die Menschen, die aus dem Landkreis nach Stade fahren wollen und umgekehrt. „Den Hauptvorteil der neuen Straße haben die Landkreis-Bewohner und nicht wir“, sagt Hubert Hansel.
Sofern die Straße ausgebaut werde, würde sich das Verkehrsaufkommen weiter erhöhen, klagt Hans-Joachim Hünke: „Für mich ist jetzt schon die Nacht um 4.30 Uhr vorbei.“
Klaus und Helga Stolper sind Rentner. Ihnen rauben die Ausbau-Pläne vermutlich ihre Existenz: „Wir haben das Geld schlichtweg nicht und wir bekommen auch keinen Kredit mehr“, sagt Klaus Stolper. Ihm helfe es nicht, wenn die Kosten des Ausbaus mit einem Eintrag ins Grundbuch kompensiert werden. „Dann sind wir trotzdem unser Haus los, wenn die Stadt die Tilgung dieser Grundschuld erzwingt“, schildert Klaus Stolper.
Was die Bürger auch ärgert, sind die aktuellen Diskussionen in der Stadt über die Mehrkosten für den Parkhaus-Neubau (das WOCHENBLATT berichtete). Die Meinung der Anwohner: Wenn die Stadt so viel Geld über habe, solle lieber die Ausbausatzung gestrichen werden. Die Eigentümer monieren darüber hinaus den Umfang der Maßnahme: Ein Kreisverkehr an der Götzdorfer Straße sei nicht notwendig. Im Prinzip müsste nur die Fahrbahn erneuert werden, die Bürgersteige seien in Ordnung.
Gerd Allers, Tiefbauchef im Stader Rathaus, verteidigt die Kostenbeteiligungssatzung. Sie gelte im gesamten Stadtgebiet. Dass die Stadt die marode Schölischer Straße erst vor Kurzem vom Landkreis in ihre Zuständigkeit übernommen habe, um Anwohner an den Kosten beteiligen zu können - wie viele Hausbesitzer kritisieren - sei unwahr: „Von der Netzbildung ist die Schölischer Straße noch immer eine Kreisstraße. Sie ist aber schon seit den 1970er Jahren in der Baulast der Stadt. So wie viele andere Straßen in Stade auch“, erklärt Allers. Für den eigentlichen Straßenausbau müssten die Anwohner auch nur 30 Prozent der Kosten tragen, für den kombinierten Geh- und Radweg sind es dann 40 Prozent.
Vor dem geplanten Ausschreibungsstart Ende Mai/Anfang Juni werden die Anwohner pflichtgemäß informiert, um eventuelle Anregungen in die Planung einfließen zu lassen, so Allers. Der Baubeginn ist für den September angedacht.
Bekanntlich findet am 11. September die Kommunalwahl statt. Noch ist die Straßenausbaubeitragssatzung in der Politik in Stade wenig bis gar nicht diskutiert worden - anders als z.B. in Buxtehude. Vielleicht wird sie angesichts der aktuellen Entwicklungen ja doch noch zu einem Wahlkampfthema. Hubert Hansel: „Wir Anwohner fühlen uns wie entrechtetes Melkvieh.“
Redakteur:Björn Carstens aus Buxtehude |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.