Seine Stimme kennt jeder: Detlef Wiedeke war Studiosänger des Pop-Titans
Auch ohne Dieter Bohlen: Der Sound von Modern Talking lebt weiter

Erinnerung an die Zusammenarbeit mit Dieter Bohlen: Bei Detlef Wiedeke hängen noch Platin-CDs von "Modern Talking" an der Wand   Fotos: jd
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  • Erinnerung an die Zusammenarbeit mit Dieter Bohlen: Bei Detlef Wiedeke hängen noch Platin-CDs von "Modern Talking" an der Wand Fotos: jd
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(jd). Nach dem unfreiwilligen Abgang bei DSDS und dem Supertalent ist es ruhig geworden um Dieter Bohlen. Viele Jahre hatte der "Pop-Titan" die deutsche Musikszene geprägt wie kaum ein anderer. Zu Bohlens Erfolg beigetragen hat ein Musiker aus der Region Stade: Detlef Wiedeke, der im Ostedörfchen Behrste ein Tonstudio betreibt, bildete 16 Jahre lang mit zwei Musikerkollegen den Studiochor von "Modern Talking" und Bohlens zweiter Pop-Formation "Blue System". Wiedeke und die anderen beiden Background-Sänger schufen mit ihren hohen Kopfstimmen den einzigartigen Modern-Talking-Stil. Dieser Sound hat noch immer eine große Fangemeinde, die Wiedeke und seine zwei Mitstreiter regelmäßig mit neuen Titeln bedienen: Unter dem Namen "Systems in Blue" hat das Trio die Nachfolge von "Blue System" und "Modern Talking" angetreten.

Aber der Reihe nach: Es war im Jahr 1984, als Wiedeke gemeinsam mit den Sängern Rolf Köhler (†) und Michael Scholz von Bohlen engagiert wurde, um ein paar Disco-Songs aufzunehmen. Darunter befand sich auch ein unscheinbares Lied mit dem Titel "You're My Heart, You're My Soul". "Das Lied wollte im Studio niemand so recht anfassen", berichtet Wiedeke. Dann sei man auf die Idee gekommen, den Titel nach dem Vorbild der "Bee Gees" mal im Falsett, also in einer hohen Tonlage, zu singen. Nach unzähligen Studio-Stunden war der Song abgemischt. Innerhalb kürzester Zeit stürmte er Platz eins der deutschen Charts. "Diese hohen Stimmlagen von uns Studiosängern waren das Erfolgsrezept von 'Modern Talking'", sagt Wiedeke.

Men in white bei "Systems in Blue": Detlef Wiedeke (li.) und Michael Scholz bei einem ihrer Auftritte | Foto: PHOTO.MOISEEVA
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Seine Zusammenarbeit mit Bohlen beschränkte sich aber nicht auf den Background-Gesang: In seinem Tonstudio (siehe dazu hier den WOCHENBLATT-Artikel vom vergangenen Samstag) setzte er die kompletten Arrangements für zahlreiche Bohlen-Produktionen um. So entstanden u.a. CDs von Bonnie Tyler oder Engelbert Humperdinck. "Oft lief das so ab, dass Dieter mir als Referenz eine CD mit einem Titel hereinreichte, der international in den Charts platziert war", berichtet Wiedeke. "Dann hieß es nur: Arrangiere den Sound mal so ähnlich."

In der alten Dorfschule lässt er es krachen: Detlef Wiedeke betreibt im Landkreis Stade ein Tonstudio

Im Gegensatz zu Bohlen verdiente Wiedeke aber keine Millionen. Für den Einsatz im Studiochor und die Arrangements gab es nur ein paar Hundert Mark. "Von den Einnahmen aus den damals noch immensen CD-Verkäufen sahen wir keine müde Mark", berichtet der Musiker. Doch als Bohlen seine bewährten Studio-Sänger nach der Reaktivierung von "Modern Talking" 1998 wieder dabei haben wollte, forderten diese eine Gewinnbeteiligung.

"Wir wollten nicht wieder so doof sein und uns mit Kleinbeträgen abspeisen lassen", sagt Wiedeke. Bohlen feuerte die Musiker. Das Trio zog vor Gericht und forderte einen angemessenen Anteil aus den früheren Produktionen. Der Prozess sorgte vor 20 Jahren für einigen Medienrummel. Denn es stand die Aussage im Raum, dass Bohlen zu den Liedern von "Modern Talking" keinen einzigen Ton beigetragen habe. "Bohlen sang nicht selber", wusste damals der "Spiegel" zu berichten - und berief sich auf die Szene-Illustrierte "Max", wonach Wiedeke und seine Kollegen "im Wesentlichen die Wimmerstimmen" gesungen hätten.

Diese Parodie auf "You're my heart..." finden viele besser als das Original. Einfach mal reinhören und raten, unter welcher Bohlen-Maske sich Detlef Wiedeke verbirgt:

Wiedeke kommentiert diese Geschichte nur mit einem Lächeln: "Wir wurden damals zu Stillschweigen verdonnert." Vor Gericht einigte man sich auf einen Vergleich: Für jeden der drei Backgrund-Sänger - ein vierter klagte später separat - gab es 100.000 Mark. "Eine Null mehr dahinter wäre angemessener gewesen", meint Wiedeke. Doch auf ein Urteil zu pochen, war zu riskant: "Hätten wir verloren, wären locker 70.000 Mark an Anwalts- und Verfahrenskosten fällig gewesen."

Nach dem endgültigen Aus von "Modern Talking" im Jahr 2003 kam aus der Fangemeinde der Anstoß, den alten Erfolgs-Sound wiederaufleben zu lassen. "Das war erst nur eine Schnapsidee, dann wurde ein Projekt daraus." In Anlehnung an "Blue System" gab sich das Trio den Namen "Systems in Blue".

Dieses Medley von "Systems in Blue" ging vor ein Jahren ab wie eine Rakete:


Halb ernsthaft, halb im Spaß wurden reihenweise Titel im Sound der achtziger Jahre produziert, alle mehr oder weniger ähnlich klingend wie die großen Modern-Talking-Hits. Auch Bohlen-Parodien entstanden so im Tonstudio in der Stader Provinz - wie etwa die kuriose Single "It's Haad Se Dieter Tuh Be". "In dieser Musik steckt nicht unbedingt mein Herzblut", sagt Wiedeke. Den Fans ist das egal: Sie feierten die Wiederauferstehung von "Modern Talking". Oft hieß es, "Systems in Blue", kurz SIB, sei besser als das Original.
Die drei einstigen Backvocal-Sänger, die vorher niemand zu Gesicht bekam, standen nun selbst auf der Bühne und begeisterten ihr Publikum mit Titeln im Euro-Disco-Stil. U.a. gaben sie in Konzerte in Russland, wo schon "Modern Talking" eine große Fangemeinde hatte.

Mittlerweile hat SIB vier Alben produziert. Das Letzte mit dem Titel "Blue Universe" kam Ende 2020 heraus. Es gibt sogar eine offizielle SIB-Fanseite, auf der alle Neuigkeiten rund um "System in Blue" präsentiert werden. Wann die Fans sich auf die nächste Neuerscheinung freuen können, weiß Wiedeke nicht: "Das hängt davon ab, wann wir uns wieder in einem Zustand versetzen können, um solche Musik zu komponieren."

Das sind die neuesten Titel vom Album "Blue Universe":

Mehr Infos:

www.systems-in-blue.de

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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