Warten auf den Steuerbescheid
Bange Frage in den Kreisen Stade und Harburg: Wie hoch fällt die neue Grundsteuer aus?
Bei vielen Hauseigentümern in der Region will die weihnachtliche Stimmung in diesem Jahr nicht so recht aufkommen. Der Grund: Die bevorstehenden neuen Grundsteuerbescheide, die im Januar ins Haus flattern. Nach alarmierenden Meldungen in den Medien über teils drastische Steuererhöhungen wächst bei zahlreichen Hausbesitzern die Sorge, dass sie im neuen Jahr erheblich tiefer in die Tasche greifen müssen. Kein Wunder, dass bei dieser Ungewissheit die Lust auf Weihnachtsgeschenke bei manchen schwindet – schließlich weiß man noch nicht, wie stark der Geldbeutel nach dem Jahreswechsel belastet wird.
Viele Räte haben neue Hebesätze noch nicht beschlossen
Die Unsicherheit liegt vor allem daran, dass in vielen Kommunen der Hebesatz für die Grundsteuer immer noch nicht feststeht. Ohne diese zentrale Größe bleibt die tatsächliche Steuerlast eine Unbekannte – eine konkrete Berechnung ist schlichtweg nicht möglich. Doch nicht alle Hauseigentümer müssen im Dunkeln tappen. Einige Kommunen im Verbreitungsgebiet des WOCHENBLATT, darunter die vier Städte Buxtehude, Buchholz, Stade und Winsen, haben den neuen Grundsteuer-Hebesatz bereits festgelegt – auch wenn die endgültige Beschlussfassung in den Stadt- und Gemeinderäten zum Teil noch aussteht. Bis dahin könnten sich zwar noch kleine Änderungen ergeben, doch diese dürften kaum ins Gewicht fallen.
Vor allem Eigentümer von großen Immobilien in bester Wohnlage werden künftig wahrscheinlich wesentlich mehr Steuern zahlen als bisher. Sie dürften zu den Verlierern der Grundsteuerreform zählen, die der Gesetzgeber auf Geheiß des Bundesverfassungsgerichts umsetzen musste. Für diejenigen, die in einer der vier Städte in den Landkreisen Harburg und Stade wohnen und vorab wissen möchten, was in Sachen Grundsteuer auf sie zukommt, liefert das WOCHENBLATT schon mal die voraussichtlichen Hebesätze.
Steuer soll für die Kommunen "aufkommensneutral" sein
Dazu vorweg eine wichtige Anmerkung: Noch immer geistert die Mär durch die Presse, dass die neue Grundsteuer zu keinen finanziellen Mehrbelastungen für die jeweiligen Grundeigentümer führen wird. Solche Behauptungen sind unzutreffend. Dass die neue Grundsteuer "im Ergebnis aufkommensneutral" sein soll, bezieht sich ausschließlich auf die Steuereinkünfte der Kommunen. Das heißt: Die Reform soll zu keiner verkappten Steuererhöhung führen. Städte und Gemeinden sollen unterm Strich keine Mehreinnahmen erzielen. Daraus lässt sich aber in keiner Weise ableiten, dass sich für den einzelnen Steuerzahler bei der künftigen Höhe der Grundsteuer nichts ändert.
"Dreisatz rückwärts" bei Berechnung der Hebesätze
Damit die Kommunen die geforderte Einkommensneutralität erreichen, wurde in den Rathäusern geschaut, wie hoch die jährlichen Grundsteuereinnahmen bisher waren. Sozusagen "als Dreisatz rückwärts", wie es Buxtehudes Erster Stadtrat Ralf Dessel vereinfacht formuliert, muss dann der neue Hebesatz berechnet werden. Dafür fehlte bislang aber eine wichtige Variable: Denn für die Berechnung des künftigen Hebesatzes muss das Grundsteueraufkommen (in Stade sind es beispielsweise 10,5 Millionen Euro im Jahr) durch den Gesamtwert aller Grundsteuermessbescheide geteilt werden. Diese Messbescheide werden von den Finanzämtern auf Basis der eingereichten Grundsteuererklärungen erstellt. Die Datenmenge bei den Messbescheiden ist gewaltig: Allein in Stade geht es um fast 20.000 Steuerobjekte (Grundstücke und Gebäude).
Die Werte aus den Messbescheiden übermitteln die Finanzämter zusätzlich an die Kommunen, damit diese die Berechnungen der neuen Hebesätze vornehmen können. Theoretisch können diese Sätze erst ermittelt werden, wenn alle Daten aus den Finanzämtern vorliegen. Doch das erwies sich praktisch als nahezu unmöglich. Vor allem bei den "dicken Brocken", den Groß-Immobilien der Unternehmen, gingen die Meldungen der Finanzämter erst jetzt im Herbst ein. Außerdem laufen bei den Finanzämtern bereits Einspruchsverfahren. Weitere Gründe für noch nicht versandte Bescheide sind fehlende oder fehlerhafte Steuererklärungen.
Diese neuen Hebesätze gelten künftig in den vier Städten
In der Hansestadt Stade hat der für die Finanzen zuständige Stadtrat Carsten Brokelmann mit seiner Prognose recht behalten: Er sagte im Sommer voraus, dass der künftige Hebesatz nicht sehr stark von den bisherigen 490 Prozent abweichen wird. Tatsächlich wird es nur eine minimale Erhöhung auf 494 Prozent geben. Anders in der Hansestadt Buxtehude: Um auch künftig die bisherigen Grundsteuereinnahmen in Höhe von 7,6 Millionen Euro zu erzielen, muss der Hebesatz auf 533 Prozent angehoben werden. Bisher galten 490 Prozent. Auch in Buchholz wird es eine Erhöhung des Hebesatzes geben: von 400 Prozent auf 415 Prozent. Dort basieren die Berechnungen auf rund 90 Prozent aller vom Finanzamt veranlagten Immobilien. In Winsen hat das Finanzamt bereits in 99 Prozent der Fälle die neuen Messbeträge an die Stadt übermittelt. Der bisherige Hebesatz lag wie in Buchholz bei 400 Prozent. Die Erhöhung fällt mit 430 Prozent deutlicher aus als in Buchholz.
Wer als Bewohner einer der vier Städte schon jetzt wissen möchte, wie viel Grundsteuer er ab Januar 2025 zu entrichten hat, muss einfach den im Bescheid des Finanzamtes genannten Messbetrag mit dem neu festgelegten Hebesatz seines Wohnortes multiplizieren.
[b]Es gilt also die Formel:
Grundsteuer = Steuermessbetrag x Hebesatz
(Da der Hebesatz eine Prozentzahl ist, nicht das Teilen durch 100 vergessen).
[/b]
Dazu zwei Rechenbeispiele:
- Einfamilienhaus in einem Neubaugebiet in Stade: Grundstücksgröße 780 Quadratmeter, Wohnfläche des Hauses: 140 Quadratmeter. Bei einem Bodenrichtwert von 170 Euro je Quadratmeter ergibt sich ein Steuermessbetrag von schätzungsweise 80. Multipliziert mit dem künftigen Hebesatz von 494 Prozent würde die neue Grundsteuer ca. 395 Euro betragen.
- Reihenhaus nahe der Buchholzer Innenstadt: Grundstücksgröße 200 Quadratmeter, Wohnfläche des Hauses: 80 Quadratmeter. Bei einem Bodenrichtwert von 390 Euro je Quadratmeter ergibt sich ein Steuermessbetrag von schätzungsweise 42. Multipliziert mit dem künftigen Hebesatz von 415 Prozent würde die neue Grundsteuer ca. 174 Euro betragen.
Zorn dürfte sich zunächst gegen die Kommunen richten
Buxtehudes Rathaus-Vizechef Ralf Dessel rechnet damit, dass nach dem Versand der Grundsteuerbescheide etliche Beschwerden im Rathaus eingehen werden: "Die Bürger erhalten mit diesen Bescheiden jetzt schwarz auf weiß einen festen Betrag in Euro, den sie zahlen müssen." Die Zahl aus dem Grundsteuermessbescheid der Finanzämter sei ja nur ein abstrakter Wert gewesen. Der Zorn der Betroffenen, die jetzt deutlich mehr Grundsteuer entrichten sollen, dürfte sich damit zunächst gegen die Kommunen richten. Viele werden wohl persönlich vorbeikommen und ihren Frust abladen, meint Dessel. "Wir werden auch niemanden abweisen, aber wir sind eigentlich nicht der richtige Ansprechpartner."
Einspruch gegen den Grundsteuerbescheid wäre zwecklos
Wer der Ansicht ist, die neue Grundsteuerforderung sei zu hoch, muss sich an das Finanzamt wenden. Nur dort kann der Steuermessbetrag als entscheidende Stellschraube geändert werden. Einsprüche gegen den Grundsteuerbescheid der Kommunen sind daher letztlich nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben werden. Es gilt das gleiche Grundprinzip wie bei allen Verwaltungsakten: Will man Entscheidungen in einem sogenannten Grundlagenbescheid anfechten, muss zwingend Einspruch gegen diesen Bescheid eingelegt werden. Ein Einspruch gegen einen Folgebescheid (in diesem Fall der Grundsteuerbescheid) würde als unbegründet zurückgewiesen werden.
Die Einspruchsfrist gegen die grundlegenden Messbescheide der Finanzämter dürfte allerdings in den meisten Fällen längst abgelaufen sein. Dennoch rät Dessel dazu, im Zweifelsfall beim Finanzamt vorzusprechen. Bei gravierenden Fehlern - etwa bei den Werten für die Grundstücks- und Wohnfläche - könnte dort eine Neuberechnung vorgenommen werden. Ein überarbeiteter Bescheid wird dann aber erst im Folgejahr wirksam.
Das sind die neuen Hebesätze
In diesen Kommunen im Landkreis Stade liegen die neuen Hebesätze bereits vor (für Haus- und Grundeigentümer gilt die Grundsteuer B):
SG Nordkehdingen
Krummendeich: Ratsbeschluss am 9.12.
Balje:Ratsbeschluss am10.12.
Oederquart: Ratsbeschluss am11.12.
Wischhafen: Ratsbeschluss am16.12.
Freiburg:Ratsbeschluss am 17.12.
Gemeinde Drochtersen
- Grundsteuer A: 450 %
- Grundsteuer B: 295 %
(vom Rat beschlossen am 27.11.)
SG Oldendorf-Himmelpforten
Heinbockel:
- Grundsteuer A: 440 %
- Grundsteuer B: 295 %
(vom Rat beschlossen am 3.12.)
Kranenburg:
- Grundsteuer A: 430 %
- Grundsteuer B: 190 %
(vom Rat beschlossen am 5.12.)
Düdenbüttel:
- Grundsteuer A: 440 %
- Grundsteuer B: 300 %
(Rat tagt am 10.12.)
Oldendorf:
- Grundsteuer A: 460 %
- Grundsteuer B: 305 %
(Rat tagt am 10.12.)
Engelschoff:
- Grundsteuer A: 410 %
- Grundsteuer B: 170 %
(Rat tagt am 10.12.)
Großenwörden:
- Grundsteuer A: 465 %
- Grundsteuer B: 235 %
(Rat tagt am 11.12.)
Hammah: Rat tagt am 16.12.
Burweg: Rat tagt am 17.12.
Estorf: Rat tagt am 18.12.
Himmelpforten: Rat tagt am 18.12.
SG Fredenbeck
Deinste:
- Grundsteuer A: 370 %
- Grundsteuer B: 370 %
(Rat tagt am 12.12.)
Fredenbeck: Rat tagt am 17.12.
Kutenholz: Rat tagt am 18.12.
SG Lühe
Neuenkirchen:
- Grundsteuer A: 382 %
- Grundsteuer B: 382 %
(vom Rat beschlossen am 27.11.)
Mittelnkirchen:
- Grundsteuer A: 475 %
- Grundsteuer B: 475 %
(Rat tagt am 9.12.)
Grünendeich:
- Grundsteuer A: 376 %
- Grundsteuer B: 376 %
(Rat tagt am 12.12.)
Hollern-Twielenfleth:
- Grundsteuer A: 958 %
- Grundsteuer B: 345 %
(Rat tagt am 12.12.)
Neuenkirchen: Rat tagt am 17.12.
Guderhandviertel: Rat tagt am 19.12.
Gemeinde Jork
- Grundsteuer A: 437 %
- Grundsteuer B: 437 %
(Rat tagt am 12.12.)
SG Apensen
Apensen:
- Grundsteuer A: 650 %
- Grundsteuer B: 500 %
(Rat tagt am 10.12.)
Beckdorf:
- Grundsteuer A: 1.140 %
- Grundsteuer B: 430 %
Sauensiek: Rat tagt am 16.12.
SG Horneburg
Agathenburg:
- Grundsteuer A: 475 %
- Grundsteuer B: 475 %
(vom Rat am 4.12. beschlossen)
Nottensdorf:
- Grundsteuer A: 446 %
- Grundsteuer B: 446 %
(Rat tagt am 11.12.)
Dollern:
- Grundsteuer A: 458 %
- Grundsteuer B: 458 %
(Rat tagt am 12.12.)
Bliedersdorf: Rat tagt am 16.12.
Horneburg: Rat tagt am17.12.
SG Harsefeld
Ahlerstedt:
- Grundsteuer A: 600 %
- Grundsteuer B: 275 %
Bargstedt:
- Grundsteuer A: 390 %
- Grundsteuer B: 303 %
Brest:
- Grundsteuer A: 400 %
- Grundsteuer B: 197 %
Harsefeld:
- Grundsteuer A: 359 %
- Grundsteuer B: 359 %
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