Umweltverband BUND ist erbost
Blühwiese oder Unkraut? Streit um Wildwuchs auf Stader Friedhof
Wie wild darf eine Wildblumenwiese sein? Darüber wird in Stade gestritten - zwischen der Umweltschutzorganisation BUND und der kirchlichen Friedhofsverwaltung. Zankapfel ist eine Blühwiese auf dem örtlichen Horstfriedhof. Die Wiese war in den Augen der Umweltschützer naturnah gestaltet. "Das war nur noch eine braune, unansehnliche Fläche", entgegnet Friedhofsleiter Arne Grothmann, der die Wiese vor Kurzem mit Erde abdecken ließ. Der Stader BUND-Kreisvorsitzende Heino Baumgarten ist empört. Er wirft Grothmann vor, die Wiese und damit den Lebensraum von Insekten zerstört zu haben.
"Freiwillige gesucht: Auf dem Horstfriedhof soll eine Blühwiese entstehen", hieß es in einer WOCHENBLATT-Meldung vom April vergangenen Jahres. Helfer sollten mit Schubkarre und Spaten anrücken, um ein altes Rasengräberfeld naturnah zu gestalten. Dafür musste dort reichlich Erde aufgebracht werden. Die Kosten i Höhe von 1.800 Euro für das Saatgut und den Mutterboden übernahm der BUND - finanziert aus zweckgebundenen Spendengeldern.
"Eine reine Unkrautwiese"
Derzeit ist die Wiese nur noch eine Matschfläche: Man habe beschlossen, die Blühwiese komplett neu anzulegen, erklärt Grothmann auf WOCHENBLATT-Nachfrage. In Kürze werde neu gesät. Die Vorwürfe des BUND weist er zurück: "Aus meiner Sicht wurde nichts zerstört, weil es nie etwas gegeben hat." Das Gras habe bereits extrem gewuchert, als die Blühwiesenmischung im Frühjahr 2022 viel zu spät ausgesät worden sei, so der Friedhofschef.
"In den folgenden Wochen war schnell erkennbar, dass das Projekt gescheitert war.", sagt Grothmann. Das habe er dem BUND auch mitgeteilt. Aus der Wiese sei "eine reine Unkrautwiese" geworden. "Das größte Problem für uns vom Friedhof war der starke Frust vieler Menschen, die an diesem Ort einen geliebten Menschen hatten beisetzen lassen. Der Unmut war vielen anzumerken und die Beschwerden waren enorm."
Das bestätigt auch die Inhaberin eines Stader Bestattungsunternehmens: "Die Wiese sah aus wie Kraut und Rüben." Die Idee, eine Blühwiese anzulegen, sei an sich ganz gut. "Doch das war hier nur gewollt und nicht gekonnt." Viele, die nebenan Familiengräber pflegen, hätten sich über die "Wildnis" in der Nachbarschaft geärgert. Auch nach Beerdigungen sei sie oftmals auf den Wildwuchs angesprochen worden. "Ein Friedhof ist nun mal ein Friedhof", meint die Bestatterin. Da müsse man sensibler agieren, was die Gestaltung der Grünflächen anbelangt.
Zusammenarbeit mit Friedhofsverwaltung nicht mehr möglich
Diese Kritik hat der Stader BUND-Kreisvorsitzende Heino Baumgarten schon auf sich zukommen sehen. "Hintergrund der Vorgehensweise der Friedhofsverwaltung sind wohl die von einigen Friedhofsbesuchern geäußerten Kommentare, die Fläche sähe ungepflegt aus", erklärt er in einer Mitteilung. Naturnahe Blühwiesen dürften zum Winter hin nicht kurz gemäht werden. Denn in den Pflanzenstängeln könnten Insekten wunderbar überwintern.
Laut dem BUND-Kreisvorsitzenden sollte die Wiese noch im März schonend per Balkenmäher gemäht werden. Darüber sei Grothmann auch informiert worden. “Es ist uns völlig unverständlich, weshalb die Friedhofsverwaltung sich dennoch anders verhält. Eine Zusammenarbeit ist so nicht möglich”, schimpft Baumgarten. "Schlimmer kann man ehrenamtliches Engagement gar nicht bestrafen." Der BUND werde jetzt die eingesetzten Spendengelder zurückfordern.
Grothmann räumt ein, mit dem BUND nicht über die Neugestaltung der Blühwiese gesprochen zu haben: "Das war nicht richtig." Er verspricht aber: "Wir stehen hinter den Blühwiesen und in diesem Jahr werden auch alle Flächen als Blühwiese klar zu erkennen sein." Es könne durchaus sein, dass das verwendete Saatgut nicht den ökologischen Nutzen habe wie dasjenige vom BUND. "Aber unsere Flächen sind ansehnlich." Der Zuspruch seitens der Friedhofsbesucher sei der wesentliche Aspekt, den er als Leiter der Friedhofsverwaltung zu berücksichtigen habe.
Hinweisschild hebt Bedeutung von Blühwiesen hervor
Auf dem Stader Horstfriedhof gibt es drei Blühwiesen. Davon wurden bisher zwei direkt von den Friedhofsgärtnern gepflegt. Um die umstrittene Wiese sollte sich der BUND kümmern. Dort ist auch ein Hinweisschild angebracht. Darauf wird unter der Überschrift "Biodiversität auf kirchlichen Friedhöfen" erläutert, dass Friedhöfe oftmals "ökologisch wertvolle Inseln im urbanen Raum" darstellen. Mit der betreffenden Blühwiese leiste man "einen weiteren Beitrag zum Erhalt der Biodiversität" und wirke dem Artensterben entgegen.
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