"Darf man eine Spaltung feiern?"
Margot Käßmann als Reformationsbotascherfterin spricht in Stade "Luther-Jubiläum 2017
tp. Stade. Sie ging mit dem großen Glaubens-Erneuerer Martin Luther (1483 bis 1546) zunächst hart ins Gericht, nannte ihn juden- und türkenfeindlich und einen Spalter der Kirche: Margot Käßmann (56), evangelische Reformationsbotschafterin, war am Montag Gastrednerin beim Michaelis-Empfang des Sprengels Stade. In der bis auf den letzten Platz besetzten Altstadtkirche St. Wilhadi sprach die geschickte Rhetorikerin zum Thema "Auf dem Weg zum 500-jährigen Reformationsjubiläum 2017" und stellte Fragen wie: "Kann man eine Spaltung feiern?" und „Hat eine Kirche auf Sparkurs Grund zu Events?“ Ihr "Ja" kam schnell.
Trotz der umstrittenen Schmähschriften Luthers, die in der NS-Zeit für Nazipropaganda benutzt wurden, brach Ex-Landesbischöfin Käßmann für den Reformator eine Lanze. "Wir feiern Luthers Sprachkompetenz. Er traf Menschen mit seinen Worten" und erklärte, 'was hat Christentum mit mir zu tun?'"
Luther kam 1517 nach Wittenberg, wo er nach einer Legende die 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche nagelte und die Reformation in Gang setzte. Im Rückblick auf das historische Datum unterstrich die Ex-Landesbischöfin die weltweite und ökumenische Dimension des 500. Jahrestages der Reformation. Allerdings, so Käßmann, wollten die evangelischen Christen 2017 kein deutschtümelndes Lutherfest begehen, sondern mit globaler Perspektive feiern.
Bei der Reformation gehe es um hochaktuelle Themen wie Freiheit, Gleichberechtigung, Würde und Bildung, so Käßmann. Mit Blick auf die Ökumene sollte die Reformation als gemeinsame Geschichte gesehen werden, statt in Gegensätzen zu verharren. "Wenngleich wir Lutheraner mit dem Papsttum immer fremdeln werden", so Käßmann, verbinde die evangelische und katholische Kirche mehr als sie trenne. Käßmann sieht sogar "eine kreative Kraft in der konfessionellen Differenz".
Der Organisator des Empfanges, Landessuperintendent Hans Christian Brandy, wies darauf hin, dass auch die Trennung von Kirche und Staat eine Errungenschaft der Reformation sei. Eine aktuelle Herausforderung für Politik und Kirche sei der Umgang mit den nach Deutschland gelangenden Kriegs-Flüchtlingen. Hier gebe es schon "viele gute Initiativen, Flüchtlinge zu begleiten, Alltagshilfe zu leisten, Kontakte herzustellen".
• Infos zum Reformationsjubiläum im Internet unter www.luther2017.de.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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