Zu viele Auflagen: Grüne Kreuze am Wegesrand gegen das Agrarpaket
Der stille Protest der Landwirte
lt. Landkreis. Jeden Freitag gehen Klimaaktivisten auf die Straße, um lautstark gegen den Klimawandel zu protestieren. Eine ganz andere Form des Protests haben jetzt Landwirte für sich gewählt, um gegen das kürzlich vom Landwirtschafts- und Umweltministerium vorgestellte Agrarpaket zu demonstrieren.
Mit grünen Kreuzen am Wegesrand und auf Feldern wollen sie still darauf hinweisen, dass die eingeleitete Agrarwende zu einer Landwirtschaft führen wird, die sich niemand wünscht: Größer und unpersönlicher, und zwar sowohl im Bio- als auch im konventionellen Bereich.
Die Idee zu der Aktion hatte ein Agraringenieur aus dem Rheinland, der sich selbst "Bauer Willi" nennt. Der stille Protest richtet sich insbesondere gegen die Pläne zum Insektenschutz und gegen große Einschränkungen beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Die Masse der Maßnahmen in Sachen Pflanzenschutz und Bürokratie sei erdrückend und habe das Fass jetzt zum Überlaufen gebracht, bemängelt das Landvolk.
"Die Kreuze sind ein Signal an die Gesellschaft, das uns Landwirten mit immer strengeren Verordnungen immer mehr Steine in den Weg gelegt werden", sagt Johann Knabbe, Vorstandsvorsitzender des Kreisbauernverbandes im Landkreis Stade.
Sein Kollege Wilhelm Neven, Vorsitzender des Kreisverbandes Lüneburger Heide, betont zudem: "Wir wollen über die Kreuze auch mit den Menschen ins Gespräch kommen und erklären, warum unserer Meinung nach die Düngeverordnung am Ziel vorbei geht."
Die grünen Kreuze sollen ein Mahnmal sein gegen die steigende Auflagenflut, überzogene Bürokratie, Dumpingpreise für Lebensmittel, ungebremsten Flächenverbrauch, eine unfaire Handelspolitik und auch gegen den Lebensmitteleinzelhandel, der die Erzeugerpreise drücke und billigere Lebensmittel einfach importiere, heißt es auf kleinen Hinweiszetteln, die an den Kreuzen befestigt sind.
Eine weitere Forderung der Landwirte: "Düngen nach Bedarf und nicht nach Frist." Mit den neuen Auflagen insbesondere zum Thema Pflanzenschutz und Schädlingsbekämpfung sowie der Düngeverordnung werde das Handlungsspektrum der Landwirte so sehr eingeschränkt, dass wirtschaftliches Arbeiten im Grund nicht mehr möglich sei, sagt Johann Knabbe.
Ihm und seinen Mitstreitern sei daran gelegen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, damit die Gesellschaft endlich verstehe, wie die Landwirte mit ihrem Einsatz die Nahrungsgrundlage für 80 Mio. Menschen in Deutschland bereit stellen. Wenn dies auch in Zukunft der Fall sein solle, anstatt Lebensmittel nur noch aus dem Ausland zu importieren, müsse es ein Umdenken geben, so Knabbe.
Schon jetzt seien Auswirkungen von immer höher werdenden Auflagen spürbar. So werde es bald keinen Winterraps mehr geben, da der Anbau zu unwirtschaftlich sei. Dabei sei Raps die wichtigste heimische Ölpflanze und einzige insektenfreundliche Pflanze im Ackerbau. Zum einen stoße man hier aufgrund von EU-Bestimmungen beim Thema Pflanzenschutz an Grenzen. Zudem gebe es seit 20 Jahren keinen züchterischen Fortschritt, da in Deutschland Gentechnik verboten sei. Zum anderen sei der Weltmarktpreis gering und der Raps als kleinstes Pflanzenölprodukt werde insbesondere durch Palm- und Sojaöl verdrängt, so Knabbe.
Der Appell der Landwirte an Politik und Gesellschaft: Wer ernsthaft wolle, dass den Bauern die Luft bleibe für mehr Naturschutz, für mehr Artenschutz und für mehr Tierwohl, könne das nur mit den Landwirten gemeinsam machen, anstatt deren Handlungsspielräume immer weiter einzuschränken.
Redakteur:Lena Stehr |
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