Tiere sollen mit Genehmigung geschossen werden dürfen
Der Wolf im Fadenkreuz
(jab). Der Bundesrat hat es beschlossen: Obwohl der Wolf in Deutschland streng geschützt ist, darf er künftig leichter abgeschossen werden - jedenfalls dann, wenn Nutztiere bedroht sind. Dass es sich bei der Anpassung der Abschussregelung um ein emotionales Thema handelt, weiß auch der CDU-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Landesjägerschaft Niedersachsen Helmut Dammann-Tamke. Er klärt auf, welche Auswirkungen die Regelung auf den Wolf, aber auch auf die Jägerschaft hat. Denn der letzte Fall eines vermutlichen Wolfangriffs ereignete sich im Landkreis erst vor einigen Wochen, als in Wiegersen ein Kalb durch ein Raubtier gerissen wurden. Auch dort könnte die neue Regelung greifen - vorausgesetzt, der Wolfsriss wird nachgewiesen.
Den Befürchtungen, dass nun jeder Wolf auf Verdacht abgeschossen werden darf, widerspricht Dammann-Tamke: "Ein Abschuss muss zunächst durch das Umweltministerium genehmigt werden." Dafür müsse ein Wolf zwei Mal eine Herde, die mit den jeweiligen Schutzmaßnahmen gesichert wurde, angreifen. Wurden Tiere bei einem Angriff verletzt bzw. getötet, wird das Wolfsbüro mit der Klärung beauftragt, ob es sich tatsächlich um einen Wolf gehandelt hat. Erst wenn ein Wolf bzw. ein Rudel genetisch identifiziert werden konnte, erteilt das Umweltministerium auf Antrag die Genehmigung, dass das Tier abgeschossen werden darf.
Hier kommt die Jägerschaft ins Spiel. "Rechtlich gesehen handelt es sich aber nicht um eine Jagd", betont Dammann-Tamke. Nach einem Abschuss müsse wieder durch das Wolfsbüro festgestellt werden, ob es sich um das richtige Tier handelt. Danach gelte es abzuwarten, ob es zu weiteren Rissen bei Nutztieren komme. Ist dies der Fall, beginnt das Genehmigungs-Prozedere erneut. Ein Restrisiko, ein falsches Tier zu schießen, besteht zwar immer, ist laut Dammann-Tamke aber relativ unwahrscheinlich.
Auch wenn in der künftigen Regelung den Jägern Rechtssicherheit beim Abschuss des Wolfs gewährt wird, empfiehlt Dammann-Tamke dennoch, das tote Tier anonym an einem öffentlichen Ort wie einer viel befahrenen Straße abzulegen. Anonym deswegen, da er aus eigener Erfahrung wisse, dass das Thema Wolf sehr emotional diskutiert werde. Er selbst habe hetzerische Kommentare in den sozialen Medien erleben müssen. Dies sei auch der Grund, warum er sich aus Facebook und Co. zurückgezogen habe. "Ich fühle mich nicht bedroht, aber ich möchte mich nicht diesen oftmals auf einem niedrigem Niveau laufenden Anfeindungen aussetzen, in denen von vornherein keine anderen Meinungen akzeptiert werden", so der Politiker.
Daher spricht sich Dammann-Tamke für das anonyme Ablegen aus. Ein totes Tier würde sehr zeitnah gefunden und gemeldet werden. Zudem gäbe es nicht die Möglichkeit, vom Fundort auf die möglichen beteiligten Jäger zu schließen. Für ein Wegzerren durch andere Tiere besteht laut Dammann-Tamke im Übrigen keine Gefahr: "Es gibt kein Tier, dass einen toten Wolf berühren würde. Nimmt ein Mensch den toten Wolf mit, begeht er damit ein Vergehen gegen den Artenschutz." Die Praxis des anonymen Ablegens müsse allerdings erst akzeptiert und in der Änderung der Abschussregelung aufgenommen werden, so Dammann-Tamke.
Unterstützung erhalten Dammann-Tamke sowie die Jägerschaft durch Umweltminister Olaf Lies (SPD). Dieser teilte in den sozialen Medien mit, dass die Anonymität der Jäger unter allen Umständen gewahrt werden müsse und er die Forderung der Jägerschaft unterstütze. Anlass dazu sei das Verhalten der Nutzer im Internet. "Dass Jäger dafür bepöbelt, beschimpft und bedroht werden, weil sie dazu beitragen, rechtsstaatliches Handeln umzusetzen, verstehe ich nicht. Das ist absolut inakzeptabel", heißt es in seinem Post.
Im Falle des möglichen Wolfangriffs in Wiegersen wäre es - falls sich der Verdacht bestätigt und es zu einem erneuten Angriff auf Nutztiere kommt - denkbar, dass die neue Abschussregelung auch hier zum Tragen kommt. Allerdings gibt Dammann-Tamke zu bedenken, dass es in Niedersachsen Wolfsrudel gebe, die weitaus problematischer seien. Von 23 Rudeln würden vier erhebliche Probleme bereiten und stünden damit auf der Prioritätenliste weiter oben. Hier wäre eine sukzessive Reduzierung überlegenswert, um auch die Akzeptanz des Wolfs in der vor allem ländlich geprägten Bevölkerung zu steigern, so der Vorsitzende der Landesjägerschaft.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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