Oberdeichrichter im Landkreis Stade ist alarmiert
Der Wolf wird zur Gefahr für den Küstenschutz
jab. Landkreis. Kay Krogmann (41) gibt auf. Der Berufsschäfer hat die Nase voll. Wie mehrere Medien berichteten, ist die Rückkehr des Wolfes im Norden Schuld an seiner Entscheidung.
Bereits 2017 und 2018 berichtete das WOCHENBLATT über Krogmanns Sorgen über Meister Isegrims Rückkehr. Mit seinen Tieren war er zunächst in Nordkehdingen ansässig. Aber der Wolf rückte immer näher. Krogmann zog mit seinen Schafen weiter in den Landkreis Cuxhaven. Doch auch im Nachbarlandkreis waren seine Lämmer und Schafe bald nicht mehr sicher. Zahlreiche Tiere seien nach brutalen Wolfsrissen qualvoll verendet. Jetzt reicht es ihm und er hängt seinen Job an den Nagel.
Deichsicherheit ist in Gefahr
Jetzt ist auch im Landkreis Stade die Angst da, dass dieses Vorhaben Nachahmer findet. Denn so eine Entscheidung kann weitreichende Folgen haben: Wo die Schafe fehlen, sind der Deich und die Menschen dahinter massiv in Gefahr, sagt Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts vom Deichverband der II. Meile Alten Landes. Er macht klar: Ohne Schafe geht auf den Deichen gar nichts.
Die Schafe halten das Gras kurz. Mit ihren Klauen treten sie die Löcher von beispielsweise Wühlmäusen zu und verdichten den Deich. Kurz gesagt: Die Tiere sorgen für die Deichsicherheit. "Sie werden dringend benötigt", so Ulferts. Im Landkreis Stade gibt es einen Deichschäfer. "Der Deichverband tut viel dafür, dass es auch so bleibt", sagt Ulferts. Damit meint der Oberdeichrichter die Rahmenbedingungen. Denn wenn der Schäfer aufgibt, sei es schwer, einen Nachfolger zu finden.
Viele Herausforderungen für Schäfer
Denn der Schäfer hat massiv mit unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen. Unter anderem ist ein Problem der Tourismus. "Die Menschen reißen die Zäune ein, die Trinkbehälter werden umgeworfen, Stromgeräte gestohlen und Tiere frei gelassen", kritisiert Ulferts. Aber weiterhin müssen die Wege auf den Deichen für jeden passierbar bleiben. Auch Hunde werden nicht, wie vorgeschrieben, angeleint und sind eine Gefahr für die Tiere.
Die größte Bedrohung ist und bleibt aber der Wolf. In Apensen seien bereits einige Tiere gerissen worden. Als auf der Insel Hahnöfersand ein Wolf gesichtet wurde, war Ulferts auf der Insel unterwegs, um sicherzustellen, dass nicht noch irgendwo ein Tier lauert. "Die Schäfer haben teilweise so große Angst um ihre Tiere, dass sie nachts bei ihren Schafen bleiben." Denn wer einmal ein gerissenes Schaf gesehen habe, könne den grausamen Anblick nicht vergessen.
Schutz der Herde schwierig
Doch die Schäfer haben kaum Möglichkeiten, ihre Tiere auf dem Deich zu schützen. Die flexiblen Zäune von eineinhalb Metern Höhe überspringe der Wolf einfach. Das Aufstellen der Zäune sei zudem eine extreme Mehrbelastung, die allein kaum zu bewältigen sei. Massive Zäune dürfen aber nicht in den Deich gerammt werden, da dieser dadurch Schaden nimmt. Herdenschutzhunde seien auf dem Deich nicht erlaubt und könnten auch zu einer Gefahr für die Menschen werden, wenn die Hunde ihre Herde bewachen.
Aus ihrer Angst heraus haben Landwirte, Schäfer und Jäger gemeinsam im Juli dieses Jahres ein Schild am Deich aufgestellt, dass die Küste weiter wolfsfrei bleiben müsse. Schließlich gehe es um die Sicherheit im Landkreis. Sie fordern weiterhin ein aktives Wolfsmanagement. Das beinhaltet eine Obergrenze für die Wolfspopulation, um die Zahl regulieren zu können, und dass sich die Tiere gar nicht erst im Bereich der Küste ansiedeln können.
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Einer, der sich für das Wolfsmanagement einsetzt, ist der Präsident der Landesjägerschaft Niedersachsen, Wolfsexperte und CDU-Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke. Er hat den Schäfer Kay Krogmann, der nun seine Arbeit aufgeben möchte, vor Jahren wegen der Wolfsproblematik kennengelernt und seither politisch begleitet und unterstützt. "Ich bedauere seinen Schritt, kann ihn aber auch verstehen", sagt er.
Das Problem bei der Schaffung eines aktiven Wolfsmanagements sei der Naturschutz bzw. der Artenschutz. Dieser stehe gleichzeitig auch gegen den Küstenschutz, der für die Sicherheit von rund 1,2 Millionen Niedersachsen sorge. Dammann-Tamke ist klar, was für ihn hier mehr wiegt.
Es gebe ausreichend Platz für den Wolf in Deutschland, allerdings nicht entlang der Hauptküstenschutzlinie. Bevor sich hier ein Wolfsrudel bildet, sollte die Möglichkeit bestehen, bereits die Einzelwölfe zu entnehmen, die ein Revier für sich beanspruchen. Bisher sei dies nur bei den sogenannten Problemwölfen möglich, die bereits auffällig geworden sind.
Auch wenn Dammann-Tamke in den kommenden Jahren keine großen Verbesserungen bei der Wolfsthematik sieht, will er nicht nachlassen und weiter alles versuchen, damit es zu einer Lösung kommt.
Redakteur:Jaana Bollmann aus Stade |
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