Die falsche Post im Kasten - Stader ärgert sich über falsch zugestellte Briefe
jd. Stade. Was ist eigentlich schwierig daran, einen Brief vernünftig in den Postkasten - und zudem noch bei der richtigen Adresse - einzuwerfen? Diese Frage stellt sich Jens S.* aus dem Stader Stadtteil Wiepenkathen. Zunächst hat er sich nur über Sendungen geärgert, die nicht ordnungsgemäß in den Briefschlitz gesteckt wurden und einfach für jedermann zugänglich oben auf dem Briefkasten abgelegt wurden. Noch ärgerlicher findet er es, wenn zum Teil vertrauliche an ihn adressierte Post ganz woanders landet. Richtig auf die Palme bringen S. aber die zuckersüß formulierten, aber nichtssagenden Antworten, die er von der Deutschen Post auf seine schriftlichen Beschwerden erhalten hat.
Nach dem ersten Schreiben des Post-Kundenservice Anfang Juni hat S. noch Hoffnung gehabt, dass alles besser wird: "Selbstverständlich haben wir die betreffenden Postboten eindringlich dazu aufgefordert, dass die uns anvertrauten Sendungen keinesfalls ungesichert zugestellt werden dürfen", heißt es in dem Brief aus der Bonner Konzernzentrale. Das Qualitätsmanagement habe sich eingeschaltet, alle für S.' Zustellbezirk eingeteilten Mitarbeiter seien zu "größtmöglicher Sorgfalt" angehalten worden. "Diese Reaktion klang ganz danach, dass die Post sich kümmert", meint S. Als Zugabe habe er sogar zehn Gratis-Briefmarken bekommen.
Doch zu früh gefreut: Im Briefkasten von S. landete plötzlich fremde Post - mal für seinen Nachbarn bestimmt, mal an einen Empfänger adressiert, der in einer ganz anderen Straße im Ort wohnt. "Schließlich klingelte noch ein freundlicher älterer Herr bei mir, der Briefe für mich abgeben wollte", berichtet S: "Der war so nett, den Job des Zustellers zu erledigen. Er brachte an mich adressierte Post, die bei ihm im Kasten gelandet war."
Nur die Hausnummer sei korrekt gewesen. "Wie der Postbote aber die Straßen verwechseln könne, sei ihm völlig unverständlich." Er wohne in der Straße "Im Acker", die postalischen Irrläufer auf seinem Briefkasten seien aber für die "Alte Dorfstraße" bestimmt gewesen. "Beide Straßennamen haben doch nichts gemeinsam", wundert sich S.
So folgte die nächste Beschwerde. Dass sich die Post in ihrer zweiten Antwort als "professionelles Dienstleistungsunternehmen" bezeichne, sei fast schon Realsatire, so S., der mit ironischem Unterton aus dem Schreiben zitiert: "Es ist uns sehr wichtig, dass Sie sich auf unsere Briefzustellung verlassen können. Dafür werden wir weiterhin unser Bestes geben."
Welchen Wert diese Aussage habe, sei ihm kurz darauf deutlich geworden, so S.: "Der ältere Herr stand kürzlich erneut mit Briefen für mich vor der Tür." Jetzt habe er sich nochmals an die Bundesnetzagentur gewandt. "Mal sehen, was im nächsten Brief steht. Vielleicht schreibt die Post dann ja: 'Wir geben unser Allerbestes'".
Das WOCHENBLATT bat die Post um eine Stellungnahme. Mit deren Antwort befasst sich der untenstehende Kommentar.
* Name der Red. bekannt
Wer ärgert sich über die Post?
Die Post hat es bereits indirekt bestätigt, indem sie von "mehreren Reklamationen" spricht: Jens S. ist kein Einzelfall in Wiepenkathen. Er würde gern mit weiteren Betroffenen aus dem Stader Ortsteil in Kontakt treten: Vielleicht erreiche man gemeinsam mehr. "Und wenn die Post weiterhin bei den falschen Adressaten ankommt, können wir ja einen Briefe-Tauschring" gründen, meint S. humorvoll.
• Wer sich ebenfalls über Schlamperei bei der Post ärgert oder Jens S. kontaktieren möchte, kann sich per E-Mail an das WOCHENBLATT wenden:
joerg.dammann@kreiszeitung.net
Sind die Aushilfen unfähig?
Dass Zusteller nicht in der Lage sind, Briefe an der richtigen Adresse abzuliefern, findet Jens S. völlig unverständlich. In dem ersten Schreiben der Post hieß es, "der Zustellbezirk war durchgehend mit dem erfahrenen Stammzusteller und im Wechsel mit verschiedenen Vertretern besetzt. "Was soll ich aus diesem Satz schließen?", fragt sich S.: "Dass die Aushilfen unfähig sind?"
Erst in der zweiten Antwort zwei Monate später wurde die Post konkreter: Im Zustellteam würden sich Vertretungskräfte befinden, die "noch nicht sehr lange im Unternehmen beschäftigt" seien. Die Rede war sogar "vom Eingang mehrerer Reklamationen" in diesem Zustellbezirk. Das ließ S. aufhorchen: "Die Post weiß um das Problem. Auf die schönen Worte folgen aber keine Taten."
Dabei gebe es eine ganz einfache Lösung, so der genervte Postkunde: "Wir bekommen in Wiepenkathen einfach unseren alten Zusteller zurück. Mit dem hat es nie Schwierigkeiten gegeben."
KOMMENTAR: Die Arroganz des "gelben Riesen"
Wenn es Beschwerden über ein Unternehmen gibt - bei Jens S. ist es die Deutsche Post -, gehört es zu den journalistischen Grundsätzen, auch die Sichtweise des betroffenen Unternehmens darzustellen. Daher hat das WOCHENBLATT die Post um eine Stellungnahme zum Fall S. gebeten und zum konkreten Sachverhalt sechs Fragen gestellt. U.a. wollten wir wissen, inwieweit die Mitarbeiter hinsichtlich der Ortskenntnisse geschult werden. Auf keine der Fragen gab es eine schriftliche Antwort.
Stattdessen meldete sich ein sichtlich genervter Pressesprecher am Telefon und wiegelte die Sache ab. Er sehe kein Problem, so Jens-Uwe Hogardt. Ich zitiere ihn wörtlich: "Hallo, das sind doch nur Briefe." S.' Ärger sei für ihn nicht nachvollziehbar: "Der Herr hat eine sehr, sehr hohe Erwartungshaltung." Mit der Postzustellung in Stade gebe es sonst keine Probleme.
Für Hogardt war die Sache mit dem zweiminütigen Telefonat erledigt. Die Reaktion des Pressesprechers gewährt tiefe Einblicke in die Denkweise der Post: Wer sich beschwert, gilt als lästiger Querulant. Probleme mit einzelnen Briefen scheren den "gelben Riesen" offenbar herzlich wenig. Dass in den Umschlägen vielleicht Bankkarten oder vertrauliche Schreiben stecken könnten - egal.
Dazu kann ich nur sagen: Hallo, Post, wir werden Euch weiter nerven - und wir sind gespannt auf Eure nächste arrogante Reaktion.
Jörg Dammann
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