Tierquälerei im Landkreis Stade
Drei Fälle sind (noch) nicht zu Ende ermittelt
tk. Stade. Dutzende verletzte Kühe, die mit einer Seilwinde auf einen Lkw gezogen und zum Schlachthof in Düdenbüttel gekarrt wurden, 1.200 Schweine, die erstickten, weil die Lüftung in ihrem Stall in Großenwörden ausfiel, ein Schwein, das zappelnd auf einem Kadaverhaufen verendeter Artgenossen auf einem Hof in Düdenbüttel lag: Das sind drei Fälle von Tierquälerei und mutmaßlichen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, die seit 2019 im Landkreis Stade für Schlagzeilen sorgten - weit über die Kreisgrenzen hinaus.
Was ist der aktuelle Sachstand? Gab es strafrechtliche Konsequenzen und sind die Ermittlungen beendet worden? Die ernüchternde Antwort in diesen drei Fällen: Sie liegen offenbar noch immer bei der Staatsanwaltschaft in Oldenburg, die als Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Niedersachsen dafür zuständig ist.
Landkreis hat Anzeige erstattet
Zu allen drei Fällen sagt Landkreis-Dezernentin Nicole Streitz, die unter anderem für das Veterinäramt verantwortlich ist: "Wir haben Strafanzeigen erstattet." Das heißt: Die Kreisveterinäre gehen von einer Straftat aus. Damit ist die Staatsanwaltschaft zuständig und nicht mehr der Landkreis Stade.
Rückblick: 2019 hatte die "Soko Tierschutz" undercover im Schlachthof Düdenbüttel eklatante Verstöße aufgedeckt. Anhand der Videos wurden bei acht Höfen Gesetzesverstöße nachgewiesen. Auch Verstöße seitens des Schlachtbetriebes wurden im Bild festgehalten. In 29 Fällen wurde die zulässige Zeit zwischen der Betäubung des Tieres mittels Bolzenschuss und dem Ausbluten überschritten. Außerdem lagen nur bei sieben von 14 Rindern, die tot angeliefert wurden, eindeutige Belege vor, dass diese vorher notgeschlachtet wurden.
Im Oktober 2021 waren 1.100 Schweine in Großenwörden verendet. Die Lüftung im Stall fiel aus. Auch in diesem Fall hat der Kreis Strafanzeige erstattet. Ergebnis: noch offen. Allerdings haben die Kreisveterinäre nach Worten von Nicole Streitz den Betrieb weiter im Blick gehabt, um künftiges Tierleid zu verhindern. Die letzten 1.200 Schweine werden den Betrieb in Kürze verlassen, dann sei Schluss. Der Tierbestand von ehemals vier Ställen, die zu diesem Betrieb gehörten, ist dann auf null - von vorher mehr als 5.000 Schweinen.
In Düdenbüttel lag im September 2021 ein noch lebendes Schwein auf einem Kadaverhaufen. Auch in diesem Fall erstattete der Landkreis Strafanzeige. Zudem sei der Hof "engmaschig begleitet worden", sagt die Dezernentin. Im Fall einer Milchkuh, die im Februar 2020 in Fredenbeck mehrere Tage vor einem Stall lag, sei das Verfahren mit einem Bußgeld beendet worden, erklärt Nicole Streitz. Eine Anzeige durch den Landkreis habe es nicht gegeben.
Strafe folgt nicht schnell auf die Tat
Die langandauernden Ermittlungen durch die Oldenburger Staatsanwaltschaft sind das Nadelöhr. Wenn die Ermittlungsbehörde keine Straftat sieht, kann sie einen Fall als Ordnungswidrigkeit an den Landkreis Stade zurückgeben. Der verhängt dann ein Bußgeld. Doch solange aus Oldenburg keine Entscheidung kommt, sind der Stader Behörde die Hände gebunden. "Prophylaktisch dürfen wir kein Bußgeld verhängen", sagt Nicole Streitz. Das heißt: Egal ob Strafbefehl, Verhandlung vor Gericht oder "nur" ein Bußgeld - zwischen mutmaßlicher Tierquälerei und Strafe liegen mitunter Jahre.
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Oldenburg erklärt auf WOCHENBLATT-Nachfrage, dass das Hauptverfahren in Sachen Schlachthof Düdenbüttel noch andauere. Einige abgetrennte kleinere Verfahren gegen Landwirte und Transporteure seien dagegen abgeschlossen worden. In einem weiteren Fall würden die Ermittlungen kurz vor dem Abschluss stehen.
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