Stöbern, schmökern und schnacken
Ehrenamtlich betriebene Bücherstube in Stade-Hagen wird zum Dorf-Treffpunkt
jd. Stade-Hagen. Vorbeikommen, ein wenig stöbern und schmökern, vielleicht selbst ein Buch vorbeibringen - auf jeden Fall aber eines mitnehmen: Das ist das Prinzip der Bücherstube in der Stader Ortschaft Hagen. Die rund 20 Frauen und zwei Männer, die sich dort ehrenamtlich engagieren, bezeichnen den kleinen Raum mit den Regalen voller Bücher selbst als "Luxusvariante einer Bücher-Telefonzelle". Denn die Grundidee ist die gleiche.
"Wir wollten aber keine anonyme Telefonzelle, sondern einen Ort der Begegnung", sagt Inge Bardenhagen. Die Hagener Ortsbürgermeisterin ist Initiatorin des Projektes, mit dem das Dorfleben um eine Facette bereichert wird. Bardenhagen fragte bei der Kirchengemeinde nach. Diese stellte einen passenden Raum in der sogenannten Johannisscheune zur Verfügung. Im September 2021 ging es dann los.
Ursprünglich sollte die kleine Tausch-Bücherei nur alle 14 Tage ihre Pforten öffnen. Das Interesse war aber so groß, dass jetzt jeden Freitag von 15 bis 17 Uhr Bücher gebracht und ausgeliehen werden können. Zu denen, die regelmäßig vorbeischauen, gehört Margret Postels. Sie sucht nicht nur nach neuem Lesestoff, sondern freut sich auch auf den kurzen Klönschnack bei eine Tasse Kaffee. Ihr Mann habe sie gefragt, ob sie jetzt in die Bücherstube gehe und da ihren Nachmittagskaffee trinke. "Ja", lautete ihre Antwort, "deinen Kaffee musst du dir heute mal selbst kochen."
Zurückgebracht hat Postels ein Buch des Drochterser Krimiautors Wilfried Eggers. Bevor sie sich dem Heißgetränk zuwendet, schaut sie sich im Bücherregal nach neuer Lektüre um. Am liebsten lese sie regionale Krimis. Doris Arndt vom Bücherstuben-Team kommt hinzu, zieht einzelne Bände aus dem Regal, um Tipps zu geben. "Solch einen Service bietet eine Bücher-Telefonzelle natürlich nicht", meint die Bürgermeisterin augenzwinkernd.
Auch die nächste Besucherin erhält ihre persönlichen Lektüretipps: Elvira Behrens, eine der guten Seelen der Bücherstube, drückt Heidi Bahr einen Schmöker in die Hand: "Den musst du unbedingt lesen." Im Gegensatz zu den Tausch-Telefonzellen sind die rund 800 Bücher sortiert - ähnlich wie in einer Bücherei. An den Regalen kleben kleine Schilder mit den Themenbereichen: Krimis, Reise, Biographien, Frauen und Familie. Eine komplette Regalreihe ist der gefühlsbetonten Literatur gewidmet: "Liebe und Herz" steht auf dem rosafarbenen Aufkleber.
Im Gegensatz zu einer Bücherei gibt es aber keine richtige Ausleihe: "Unsere Besucher können die Bücher einfach mitnehmen", sagt Doris Arndt. "Sie müssen auch nicht zurückgebracht werden. Wenn Titel anschließend an Freunde oder Bekannte weitergegeben werden, ist das doch toll." Die zweite Doris, die an diesem Freitagnachmittag ihren Dienst in der Bücherstube verrichtet, ist Doris Wenk. Sie betont die soziale Funktion der Bücherstube: Diese habe sich in diesen Zeiten der Pandemie, in denen das Vereinsleben nach wie vor stark eingeschränkt ist, Feste und traditionelle Zusammenkünfte weiter abgesagt werden, zu einem Dorf-Treffpunkt entwickelt.
Gerade hat die Runde am großen Tisch in der Mitte Platz genommen zu einem Pläuschchen, da steht auch schon wieder jemand mit einer Handvoll Bücher in der Tür. Die erste Frage aus der Runde: "Möchtest du einen Kaffee?"
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