Landkreis Stade
Fett und abgehoben: „Die fliegenden Friteusen“
Einzigartiges Experiment der Schrott-Punker aus dem Landkreis Stade: Wie weit kommt man mit nichts? / Fan erkannte Musiker in Südafrika wieder
(tp). „Euch kenn ich!“, jubelt eine hübsche Festivalbesucherin, bittet um einen Aufkleber, der dann für den Rest der Party auf ihrem Dekolletee prangt: „Die fliegenden Friteusen“ haben einen neuen Fan auf Lebenszeit gewonnen, auch wenn das Konzert nur zwischen flatternden Igluzelten und zerknautschten Getränkedosen auf einem Campingplatz stattfand. Die Band mit Mitgliedern aus dem Raum Stade ist Teil eines einzigartiges Experiments: Wie weit kommt man mit fast Nichts?
Mit dem völlig ehrgeizlosen Ziel, „die schlechteste Band eines Festivals“ zu werden, gründeten sich „Die fliegenden Friteusen“ im Jahr 2011 in Bierlaune auf einer Fete. Der Stil: ein Mix aus Elektro und Thrash („Schrott“) mit nihilistischer Punk-Attitüde. „Echt fett und abgehoben“, sind sich die knapp zwei Dutzend Bandmitglieder (Anfang bis Mitte 20 Jahre alt) einig.
„Mitmachen darf prinzipiell jeder“, sagt Hendrik Wichern(23), der aus Harsefeld stammt und als Web-Entwickler in Hamburg lebt. Der werbeerfahrene Computerkenner tobt sich bei den „Fliegenden Friteusen“ als Reklamespezialist aus, entwirft die markanten Sticker mit Slogans wie „Heute schon Lack gesoffen?“ oder markanten Motiven wie einer Portion Fritten in einer Eiswaffel, die auf www.pommesban.de verweisen. Die Homepage läuft allerdings ins Leere.
Nicht der einzige Blindgänger der „Fliegenden Friteusen“: Ankündigungen und Nachberichte von Konzerten mit internatinalen Stars, „unsere neue CD“, eine exklusive „Friteusen“-Biermarke - das Meiste davon ist nur virtuell und steht online auf Facebook und Instagram. Musik der Band ist kaum erhältlich. Immerhin: Fan-Shirts zum Selbstkostenpreis und Gratis-Aufkleber sind echt. Und irgendwann einmal wollen die durchgeknallten Thrash-Punker tatsächlich ein Paar Songs bei „Mit-der-Scheiße-wirst-du-nie -berühmt“-Records, Hamburg, aufgenommen haben.
Nach fünfjähriger Versuchsphase hat sich herausgestellt: Die Fans verzeihen den „Friteusen“ beinahe jede Enttäuschung. Erst recht auf musikalische rEbene. Alex Laporte (25) aus Helmste, der im Einzelhandel tätig ist, füllt mit Leidenschaft die Rolle des „Dritten Schrott-Trommlers“ aus. Neuderdings trägt er ein Band-Tattoo auf dem Knie und freut sich, einfach dabei zu sein.
„Der musikalische Output ist eher Nebensache“, sagt Hendrik Wichern. „Dadurch haben wir den Vorteil, keine Erwartungen erfüllen zu müssen. Und alle haben die Möglichkeit, sich zu verwirklichen wie es ihnen lieb ist. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.“
Hendrik Wichern findet es „echt interessant zu sehen, wie bekannt eine Band werden kann, ohne dass die Musik direkt zugänglich ist“. Neulich erkannte ein Fan ein Bad-Mitglied im Urlaub in Preteroria, der Hauptstadt von Südafrika: „Ey, spielst du nicht bei den ‚Fliegenden Friteusen‘?“
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
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