Friedhofs-Flair am Stadtrand von Stade
Grundstückeigentümer an Einfallstraßen suchen Ruhe hinter hohen Hecken und Zäunen / Stadtverwaltung ohne Handhabe
tp. Stade. Mannshohe Thuja-Hecken und Ziegelmauern, Sichtschutzzäune aus Stahl, ja, sogar Wälle in Schützengraben-Optik: Viele Hauseigentümer am Stadtrand von Stade haben sich hinter Einfriedungen im XXL-Format verschanzt. Besonders an den Einfallsrouten Harburger, Harsefelder und der Bremervörder Straße herrscht vor manchen Grundstücken beinahe die defensive Atmosphäre von Grenzgebieten oder Hochsicherheitszonen - oder sie erinnern an Friedhof.
Während die Stadtväter die historische Altstadt mit ihren von oben bis unten sichtbaren Altstadtfassaden vor Jahrzehnten im Rahmen eines aufwändigen und teuren Sanierungsprogramms fein herausputzen ließen, scheint den Verantwortlichen die Kontrolle über die stark durch Autos und Lastwagen stark frequentierten Stadtränder entglitten zu sein.
Das WOCHENBLATT hakt bei der Verwaltungsspitze und im Bauamt nach: Warum findet die z. B. bei Dorferneuerungen in Norddeutschland von Planern empfohlene Gestaltung der Grundstücke mit niedrigen Laub-Hecken oder Staketenzäunen aus Holz keine Anwendung? Gibt es zumindest Bemühungen bzw. Einflussmöglichkeiten seitens der Stadt, die abweisende und unwirtlich anmutende Optik aufzuwerten?
"Das Verhalten der Anlieger ist angesichts hoher Verkehrszahlen nachvollziehbar", sagt Bürgermeisterin Silvia Nieber. Grundstückseinfriedungen seien niedersächsischer Bauordnung bis zu einer Höhe von zwei Metern genehmigungsfrei. Bebauungspläne mit etwaigen Gestaltungsvorschriften bestehen nur für einen Teil der Grundstücke an den Hauptverkehrsstraßen. Nieber dazu: "Diese stammen aus vielen verschieden Jahrzehnten der Stadtentwicklung und enthalten keine oder sehr unterschiedliche Festsetzungen zu Grundstückseinfriedungen." Die heutige uneinheitliche Optik sei das Abbild der im Wandel der Zeit jeweils vorherrschenden Gestaltungsideen. "Eine Vereinheitlichung ist für eine Stadt von der Größe Stades nicht möglich und auch nicht erstrebenswert", stellt die Bürgermeisterin fest. Die Vielfalt der Gestaltung sei vielmehr ein Faktor der Unverwechselbarkeit der Stadt.
Aus Gründen der Verkehrssicherheit könnten an Einmündungen von Nebenstraßen Sichtdreiecke angeordnet werden, so Nieber. Hierzu bedürfe es jeweils einer Einzelfallprüfung.
• Übrigens: Auf dem Markt hat sich in den vergangenen Jahren ein Trendwechsel vollzogen. Laut Stephan Schomaker, Geschäftsführer der "Gerd Hennig Zaunbau GmbH" Oldendorf, sind Hecken in den Städten aus der Mode gekommen. "Die Leute haben keine Lust mehr, die Hecke zu scheren." Immer beliebter würden die stabilen Sichtschutzzäune in Dunkelgrün und Anthrazit. Nur noch wenige Kunden würden nach traditionellen Staketenzäunen fragen. Ein Grund dafür: Die Holzqualität hat abgenommen. Hersteller verarbeiten schnell wachsende Sorten statt der robusten skandinavischen Lärche, wodurch die Zaunlatten durch Verwitterung rasch Schaden nehmen.
Redakteur:Thorsten Penz aus Stade |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.